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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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den Feldern waren. Vielleicht bin ich doch nicht die Tochter eines Mörders.
    Das Ende der Fünfziger des vergangenen Jahrhunderts markiert auch das Ende der großen Schmuggelzeit …
    Was hat das denn damit zu tun?
    Jedenfalls werden uns die Knochen im Kehricht des baufälligen Schmugglerhauses in der abgelegenen Ortschaft Kehr bestimmt noch eine Weile beschäftigen. – Das war Stephan Pesch aus Eupen.
    Nichts als Unwahrheiten. Mein Haus ist nicht hübsch, aber fern von baufällig. Die Knochen lagen im Takenschrank und nicht im Kehricht. Welch ein altmodisches Wort. Was soll das überhaupt heißen? Etwa, dass es bei mir dreckig ist? Welche Baustelle ist schon sauber? Ich wollte doch nur einen Kamin haben.
    Wütend blicke ich die Herbstblumen an. Ich reiße sie aus dem Weinkühler, verberge ihre unansehnlichen dunklen Stängel in einer weißen Vase und führe ihnen Nahrung in Form von klarem Wasser zu. Mir selbst gönne ich auch einen Schluck. Ich muss den bitteren Geschmack im Mund loswerden. Weil ich wichtige Informationen über den Leichenfund in meinem Haus vom BRF erfahre und nicht von dem Menschen, der mir am nächsten steht. Und der lange vor Stephan Pesch vor Ort war, weil wir ihn in unserer Verzweiflung gerufen haben. Ich greife zum Telefon.
    »Gut, dass du dich endlich meldest«, sagt Marcel.
    »Briefträger!«, fahre ich ihn an.
    »Ja, das ist schon komisch. Vielleicht war es eine Verwechslung. Ich kann mich noch gut erinnern, dass damals die Uniformen der Briefträger fast so aussahen wie die der Zöllner …«
    »Warum erfahre ich das aus dem Radio?«
    »Ich wollte es dir grad sagen, aber dann hast du mich so mir nichts, dir nichts einfach abgehängt. Katja …«
    »Hast du mir etwa noch etwas mitzuteilen?«
    »Ja, wenn du erlaubst.«
    »Und was?«
    »Darf ich morgen bei dich kommen?«
    Ich hole tief und sehr hörbar Luft, schweige aber sogar zu der belgischen Grammatik.
    »Ich würde nicht allein kommen.«
    »Etwa mit einem Briefträger ?«, frage ich bissig.
    »Nein. Mit seinem Bruder.«
    Ich schweige bestürzt. Dass die Knochen im Kehricht eine Familie haben könnten, ist mir bisher noch nicht eingefallen.
    »Katja?«
    »Ja?«
    »Geht das für dich? Ich meine, wenn der Mann morgen in dein Haus kommt und sich die Stelle ansieht, wo sein Bruder gestorben ist? Er möchte da ein Gebet sprechen.«
    Ich kann immer noch nichts sagen.
    »Herr Perings kommt extra aus Brüssel angereist«, sagt Marcel. »Es ist ihm sehr wichtig. Die Familie hat nie Abschied nehmen können, weißt du, die dachte, der Junge hat sich einfach vom Acker gemacht. Mit den Pensionen. Weil er der Jüngere war und den Hof nicht geerbt hat. Der Vater war gerade gestorben. Jetzt fühlt sich der ältere Bruder schuldig.«
    Ich blicke auf die Herbstblumen, die Regine so lieblos in den Weinkühler geknallt hat und die in der weißen Vase sehr würdig aussehen. Chrysanthemen, Astern und zwei rote Rosen. Ich werde mit ihnen dem belgischen Absperrband vor meiner Wohnzimmertür trotzen und sie vor das Loch in meiner Wand stellen.

Kapitel 4
    Kalbsmedaillons
    im Mandelmantel auf Zwiebel-Apfel-Kompott mit Sahnereis
    Am nächsten Tag
    Eine gespenstische Szene. Gudrun fegt mit einem langen Reisigbesen lauter graue Knochen aus dem Kamin. Die fügen sich auf dem Holzboden ganz von selbst zu einem fertigen Skelett. »Das muss weg, wenn der Briefträger kommt!«, schreie ich. Regine nimmt vorsichtig jeden Knochen einzeln auf und reicht Hermann Kerschenbach einen nach dem anderen. Der wirft sie Jupp zu, der an der Tür steht und sie in einem blauen Müllsack versenkt. Hein hüpft in seinen Fellstiefelchen hin und her und versucht, die Knochen mit seinem aufgeklappten Notebook abzufangen. Einige verschwinden im Monitor. Nicolina schnappt sich die anderen. Marcel notiert auf einer altmodischen Schiefertafel den Punktestand, den Konrad Meissner immer wieder durchstreicht. David ist von alledem ungerührt. Entzückt starrt er auf Frieda Kerschenbach, die mit einem angestaubten Rüschenrock als Porzellanpuppe auf dem Kaminsims sitzt, und erklärt: »Schöne Frau. Die nehme ich nach USA mit.«
    Gudrun wirft den Besen weg. Bellen und lautes Klingeln übertönen ihr Klagegeheul. Das muss der Briefträger sein. Warum macht ihm niemand auf? Es schellt immer weiter. Der schrille Ton brennt sich mir schmerzlich in die Ohren. Wo ist mein Kissen? Linus, halt die Klappe und lass mich weiterschlafen!
    Aber jetzt bin ich wirklich wach. Jemand steht vor meiner Haustür

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