Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
spiele nicht«, entgegnet Daniel ernst. »Ich suche den Mörder meiner Mutter.«
Mit den vermutlich sehr unzureichenden Mitteln seiner Generation, denke ich und blicke Marcel genauso gespannt an wie jetzt Daniel. Der Polizeiinspektor braucht allerdings mehrere verstotterte Anläufe, ehe er einen vernünftigen Satz hervorbringen kann.
»Ja«, sagt er schließlich und gibt sich einen Ruck. »Da war eine Kette. Die ist ihr vom Hals gerissen worden.« Er räuspert sich und drückt Daniel kurz an sich. »Nach den Erkenntnissen der Gerichtsmedizin ist es zu einem kurzen Kampf gekommen, wo der Täter Regine entweder …« Über Daniels Kopf blickt er uns verzagt an. »… etwas fest um den Hals gelegt oder ihr etwas vom Hals gerissen hat.«
»Mit fest um den Hals gelegt meinst du, dass der Mörder erst versucht hat, sie zu strangulieren?«, fragt Hein. »Bevor er sie erschlagen hat?«
Ich könnte Hein strangulieren. Daniel ist noch eine Spur blasser geworden.
»Jetzt wissen wir genau, dass ihr eine Kette abgerissen worden ist«, fährt Marcel zögernd fort. »Was uns eventuell ein ganzes Stück weiterbringt. Wer kann mir die Kette beschreiben?«
Wir rufen Gudrun aus der Küche. Und erhalten von ihr die Bestätigung, dass Regine ihre Verlobungskette nie abgelegt hat.
»Sie war aus richtigem Gold und hatte einen Anhänger. In Herzform. Mit einem hübschen Muster drauf.«
»Stimmt«, bestätigt David, der mit einem Messer in der Hand in der Tür steht. »Man konnte es aufklappen. Ungefähr wie eine Taschenuhr. Und da war ein Bild drin.«
»Also eine Art Medaillon?«, hake ich nach.
»Ja, kann sein …« Gudrun blickt David fragend an. »Was genau ist eigentlich ein Medaillon?«
»Ein Pänneck«, übersetzt Marcel, der deutschsprachige Belgier aus der Nachbarschaft.
»Häh?«, macht Gudrun.
»Pänneck?«, fragt Hein ungeduldig. »So ein Quatsch. Brosch heißt das!«
»Unter einer Brosche verstehe ich aber etwas anderes«, wende ich ein. »Eine Anstecknadel.«
»Ist auch eine Brosch«, sagt Hein. »Wie ein Medaillon. Eine Brosch an einer Kette.«
»Ach so …« Gudrun wirkt sichtlich erleichtert, endlich verstanden zu haben. »Ja, ja, Regines Anhänger war eine Brosch.« Sie denkt einen Augenblick nach. »Also hat die Frau Schröder damals auch eine Brosch verloren? Jetzt ist mir das klar. Stimmt schon, Hermann hat Regine eine Brosch geschenkt, mit einem Bild drin.«
Marcel und ich sehen einander an.
»Aber die Brosch, die Frau Schröder dem Herrn Backes schicken wollte, kann doch nicht die Brosch von der Regine sein, oder?«, stellt Jupp die Frage, die uns allen in diesem Augenblick durch den Kopf geht.
Noch so ein seltsamer Zufall. Jahrzehntelang hat man nichts von einem Medaillon gehört, und dann taucht der Begriff innerhalb weniger Tage plötzlich zweimal aus der Versenkung auf. Das ist ja wie mit Radevormwald.
»Wir sollten uns unbedingt noch mal mit dem Internetmann aus Radevormwald unterhalten«, schlage ich vor.
Daniel, der sich schon wieder seinem Smartphone gewidmet hat, blickt plötzlich auf.
»Wieso soll der Robert die Brosch haben?«, fragt Gudrun. Sie sieht mich misstrauisch von der Seite an. »Bist du da gestern Abend etwa hingefahren? Nach Radevormwald? Du kennst doch den Robert gar nicht! Oh Gott, dem müssen wir es ja auch noch sagen …«
Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Daniel und Hein einen Blick wechseln. Irgendwie verschwörerisch.
»Nicht nötig«, meldet sich Marcel. »Da läuft schon eine Anfrage bei der deutschen Polizei. Die muss ja sein Alibi überprüfen.«
»Der war es nicht!«, ruft Gudrun empört. »Das ist ein ganz feiner Mann! Sag doch auch was, David!« Zustimmung erheischend zupft sie ihn heftig am Ärmel.
Ich verstehe ihre Aufregung. Der Gedanke, aus dem ihr einst so suspekten Internet möglicherweise selbst Regines Mörder ins Haus einbestellt zu haben, ist schwer zu ertragen; zumal sie ja auch einen schönen Abend mit ihm verbracht hatte. Also erkläre ich, dass ich mit diesem Robert aus einem ganz anderen Grund unbedingt sprechen möchte, und berichte von meinem Ausflug in der vergangenen Nacht.
Die zweimalige Nennung eines Ortsnamens interessiert meine Zuhörer allerdings weit weniger als die Beschreibung meiner Rückfahrt. Bis auf Daniel, der wie ein Wilder in sein Smartphone tippt. Was ich ihm nicht verdenken kann; all die Ortsnamen sagen ihm nichts; er kennt sich in dieser Gegend ja noch weniger aus als ich.
»Spätestens in Winterspelt hättest du doch
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