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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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hierherführte.
    »Ist er das?«, sagte ich mit überflüssigem Flüstern in der Stimme.
    Ryan zog den Reißverschluss seiner Gürteltasche auf. Gemeinsam sahen wir zu, wie sich der nebelhafte Umriss zu einem schwarzen Mercedes verdichtete.
    Plötzliche Erkenntnis.
    »Unser Auto steht vor dem Haus!«, zischte ich.
    » Tabernac!«
    Zehn Fußballfelder entfernt blieb der Mercedes stehen und wendete hektisch.
    Ryan rannte in den Korridor, zur Tür hinaus und die Zufahrt hinunter. Sekunden später schoss der Impala, Staub aufwirbelnd, davon. Ich sah ihm nach, bis er hinter dem Horizont verschwunden war.
    »Was ist los? Wo ist er hin?«
    Ich schluckte und drehte mich um. Obéline stand in der Tür.
    »Das Mädchen heißt nicht Cecile«, sagte ich. »Sie heißt Claudine. Claudine Cloquet.«
    Sie starrte mich an, und ihre Finger zupften an ihrem Tuch, wie sie es schon vor dem Pavillon in Tracadie getan hatten.
    »Dein Mann hat Claudine ihrer Familie gestohlen. Hat sie wahrscheinlich gezwungen, sich für seine kleinen Schmuddelfilme auszuziehen. Sie war zwölf, Obéline. Zwölf Jahre alt.«

    »So war es nicht.«
    »Ich will das nicht mehr hören«, blaffte ich.
    »Cecile ist glücklich bei uns.«
    »Sie heißt Claudine.«
    »Sie ist hier sicher.«
    »Bei ihrer Familie war sie sicher.«
    »Nein. Das war sie nicht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ihr Vater war ein Monster.«
    »Dein Mann ist ein Monster.«
    »Bitte.« Ihre Stimme zitterte. »Komm und setz dich.«
    »Du willst mir also erzählen, dass alles nicht so ist, wie es aussieht?« Ich war jetzt sehr wütend und bemühte mich nicht länger, freundlich zu sein.
    »Claudines Vater hat seine Tochter für fünftausend Dollar für Kinderpornografie verkauft.«
    Das verschlug mir die Sprache.
    »An wen?«
    »An einen bösen Mann.«
    »Wie heißt er?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie senkte den Blick, schaute mich dann wieder an. Ich vermutete, dass sie log.
    »Wann war das?«
    »Vor fünf Jahren.«
    In dem Jahr, als Claudine aus Saint-Lazare-Sud verschwand. Fünf Jahre nach Kelly Sicard. Fünf Jahre vor Phoebe Jane Quincy.
    Kelly Sicard. Ein plötzlicher Gedanke.
    » Hieß dieser Mann Pierre?«
    »Das habe ich nie erfahren.«
    Ich drehte mich um und schaute zum Fenster hinaus. Die Straße war leer. Der Spaniel pinkelte an einen Pfosten an der Kreuzung.
    Die Zeit schleppte sich dahin. Hinter mir hörte ich, wie
Obéline sich auf einen Stuhl am Tisch setzte.Von irgendwo tief im Haus drangen die gedämpften Stimmen von Homer und Marge Simpson zu uns.
    Schließlich drehte ich mich wieder zu ihr um.
    »Woher kannte dein Mann diesen Kerl, der Claudine ›verkauft‹ hatte?« Ich malte die Anführungszeichen mit den Fingern in die Luft.
    »Er arbeitete für Davids Vater. Vor langer Zeit. Vor unserer Hochzeit.«
    »Stripbars waren also nicht genug. Dein Mann tat sich mit diesem Dreckskerl zusammen, um Kinderpornos zu machen.«
    »Nein.« Mit Nachdruck. »David hasst diesen Mann. Gelegentlich …« Sie hielt inne und schien sich die Formulierung gut zu überlegen. »… brauchen sie einander.«
    »Also hat dieser Bösewicht Claudine an deinen Mann weitergegeben. Warum? War sie schon zu alt für diesen speziellen Markt geworden?«
    Wieder senkte Obéline den Blick und hob ihn wieder. »David hat ihm Geld gegeben.«
    »Natürlich. David Bastarache, der Retter der Jungfrauen.«
    Ich glaubte ihr zwar nicht, aber Kelly Sicards Geschichte ihrer Befreiung aus Pierres Fängen ging mir auch nicht mehr aus dem Kopf.
    Ich schaute auf die Uhr. Ryan war schon fast zwanzig Minuten weg.
    »Von wo aus macht dieser Mann seine Geschäfte?«
    »Ich weiß es nicht.«
    In diesem Augenblick bimmelte mein Handy. Es war Ryan. Bastarache hatte es auf den Highway zwanzig geschafft und fuhr nach Westen. Ryan folgte ihm unauffällig, weil er hoffte, dass Bastarache sich weiter belasten würde. Er würde eine Weile unterwegs sein.
    Klasse. Ich saß ohne Auto für weiß Gott wie lange in der Provinz fest.

    Ich fühlte mich gefangen, rammte frustriert das Handy in meine Handtasche. Noch bevor die Klappe auf der Tasche lag, klingelte es schon wieder. Die Vorwahl überraschte mich. New York. Dann fiel es mir wieder ein. Rob Potter.
    Ohne den Blick von Obéline zu nehmen, schaltete ich ein.
    »Hey, Rob.«
    »Magst du Rock ’n’ Roll?«
    »Tut mir leid, dass ich dich gestern Abend nicht mehr zurückrufen konnte.« Ich war viel zu müde und gereizt, um witzig zu sein.
    »Kein Problem. Hast du ein paar Minuten?

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