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Knochenbrecher (German Edition)

Knochenbrecher (German Edition)

Titel: Knochenbrecher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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und der Krummhörn. Mehr sind ihm namentlich nicht bekannt, auch wenn er viele dem Gesicht nach kennt.«
    »Uns bleibt nichts anderes übrig, als diese einunddreißig zu befragen und so die Liste zu vervollständigen«, entschied Greven, ohne sich große Hoffnungen zu machen. Er misstraute dem Zufall, den sie diesmal so gut gebrauchen konnten. »Peter wird die Namen gerecht unter euch aufteilen. Ich werde mich um die wenigen Verwandten von Hedda kümmern, vor allem um ihren Neffen.«
    »Auf der Liste steht ein Klaus Bogena«, warf Häring ein, ohne den Blick von seinem Klapprechner zu heben.
    »Wenn man vom Teufel spricht«, schmunzelte Greven. »Warum hast du das nicht eher gesagt?«
    »Der Name ist mir erst jetzt aufgefallen«, gestand Häring mit einem Anflug von Rot ein, da seine bisweilen gefürchtete Penibilität für einen Moment ins Wanken geraten war.
    »Bleiben für jeden zehn, wobei wir uns bekannte Personen auch anrufen können«, entschied Greven. »Und auf den Neffen bin ich nun besonders gespannt. Bleibt noch der letzte Punkt, Heddas mutmaßliches Vermögen.«
    »Da muss ich weiterhin passen«, sagte Häring, diesmal ohne rot zu werden. »Du weißt, was ich alles unternommen habe, aber von dem Geld fehlt jede Spur. Die Nachbarn bestätigen lediglich, dass sie sehr sparsam gelebt hat. Wenn sie das Geld nicht verschenkt hat, muss das Vermögen wirklich stattlich sein. Vielleicht haben wir eine Chance, wenn wir ihren Alltag besser kennen. An jedem dritten oder vierten Wochenende ist sie in den Bus nach Emden gestiegen. Wohin sie gefahren ist, konnte mir bislang niemand sagen.«
    »Gut, bleib auf jeden Fall an dem Geld dran. Das hat Vorrang vor Svens Gästeliste«, sagte Greven, dessen Magen sich noch einmal lautstark zu Wort meldete. Er überspielte die Forderung seines Körpers, indem er Häring nach verschiedenen Details fragte, die dessen Rechner bereitwillig ausspuckte. Ohne sein künstliches Gedächtnis konnte er sich den immer adrett gekleideten Krawattenträger gar nicht vorstellen. Wenn jemand mit Excel zaubern konnte, dann war es Peter Häring. Nachdem sie Sven Rogalls Liste durchgegangen waren, löste sich die kleine Gruppe auf. Obwohl er nur ein Wasser erwischt hatte, blieb die Rechnung tatsächlich bei Greven hängen. Sein Magen quittierte sie mit einem weiteren Knurren.
    Erst als Greven in seinen Wagen eingestiegen war, bemerkte er das Stück Papier, das hinter dem rechten Scheibenwischer steckte. Es war die gefaltete Seite einer drei Wochen alten Zeitung. Mit einem schwarzen Filzstift hatte der unbekannte Zusteller einen längeren Artikel umkreist, in dem ein Arzt mit klaren Worten auf Knochenbrecher und Wunderheiler schoss. Das Foto zeigte einen Mann um die vierzig mit markantem Gesicht und entschlossener Miene. Aus dem Artikel ging auch hervor, dass der zitierte Dr. Weygand schon mehrere Beiträge in Fachzeitschriften zum Thema veröffentlicht hatte und ab und zu in Gemeindehäusern Vorträge hielt, die sich mit den Methoden der nicht approbierten Konkurrenz auseinandersetzten.
    Die Zeitung war klamm, als hätte sie schon einige Zeit hinter dem Scheibenwischer verbracht. Eine Handvoll Menschen war auf dem kleinen Parkplatz aktiv, verstaute Einkäufe oder lud Kinderwagen aus. Doch keiner von ihnen erregte in ihm den Verdacht, vor kurzem als Zeitungsbote gearbeitet zu haben. Sein Wagen stammte aus dem Fuhrpark der Polizei und war als Dienstfahrzeug nicht ohne weiteres zu erkennen. Greven musterte ein weiteres Mal den Parkplatz und die wenigen, mit allem Möglichen beschäftigten Menschen. Er konnte sich nicht daran erinnern, den Wagen schon einmal gefahren zu sein. Nach einem kurzen Gedankenspiel sah er auf die Uhr und änderte seine Pläne. Mona war den ganzen Tag in Oldenburg und würde sowieso erst spät zurück sein.

 
     
     
    12
    »Geiht nix over Tung«, sagte der alte Ysker und legte Greven mit einem ebenso stumpfen wie verbogenen Pfannenwender eine zweite Seezunge auf den viel zu kleinen Teller. Die hatte der pensionierte Fischer gerade erst abgezogen und in Butter gebraten. Außer Salz und Pfeffer war ihr nichts zugefügt worden, vor allem keine Zitrone. »Blot ohn Zitroon is lecker in’t Eten. Zitroon is de Dood van’t Smaak«, war die Devise des Fischexperten, der sich Greven ohne Rücksicht auf bekannte Küchentraditionen und gustatorisch scheinbar allwissende Fernsehköche anschloss. Auch mit der einfachen Beilage – Pellkartoffeln und geschmolzene Butter – war er

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