Knochenfinder
Dautenbach.«
»Aber was wollte sie denn da?«, fragte Schmitz und sah Steinhaus an.
»Ach, ich weiß auch nicht so genau. Sie hat mich in einer Kneipe angerufen; und da war es ganz schön laut. Jedenfalls hat sie von einem Déjà-vu erzählt. Es hatte irgendwas mit der Kotze ihrer Katze zu tun.«
»Was hat denn Katzenkotze mit diesem Cacheversteck zu tun? Klärt mich bitte mal auf.« Hanke stand auf und nahm sich eine Serviette und ein Vollkornbrötchen.
»Weiß ich doch nicht«, erwiderte Steinhaus. »Ich hole mal den Kaffee.« Er ging zur Tür hinaus.
»Und bring Zucker mit!«, rief ihm Schmitz hinterher. Er ging zum Mülleimer und nahm das Kaugummi aus dem Mund. »Das mit der Katzenkotze versteh ich zwar nicht, aber vielleicht ist ihr irgendwas eingefallen, das sie unbedingt noch gestern Abend in Erfahrung bringen wollte.«
»Aber das würde sie doch nie alleine machen; das passt gar nicht zu ihr«, wandte Winterberg ein.
Schmitz ließ nicht locker. »Wieso? Wir haben zwar da oben nichts gefunden. Ihr kann jedoch am Abend etwas eingefallen sein, das wir alle nicht gesehen haben! Außerdem wollte sie ja auch nicht alleine fahren, sondern Steinhaus mitnehmen.«
»Mein Gott, dann fragen wir eben unten nach, ob ein Unfall gemeldet wurde. Dann wissen wir mehr.« Winterberg nahm das Telefon und wählte die Nummer des Wach- und Wechseldienstes. Natascha würde schon kommen, beruhigte er sich selbst. Sie war schließlich kein Kleinkind mehr, das man ständig überwachen musste.
Als jemand vom Wachdienst seinen Anruf entgegennahm, schilderte er sein Anliegen. Dann lauschte er der Antwort, bedankte sich und legte wieder auf.
»Hört ihr, es gab gestern keinen Fahrradunfall, der gemeldet wurde«, berichtete Winterberg anschließend den anderen. »Und damit sich die Gemüter wieder beruhigen, schicke ich eine Streife da hoch. Die müssen eh noch mal nachschauen. Wir haben ein strammes Tagesprogramm, also greift zu.« Er wies auf den Tisch mit den Brötchen. »Und dann geht’s weiter. Lorenz, du kannst dann noch einmal zum Gymnasium fahren und dich wegen dieser Videos umhören. Ich denke, dass sich die Geschichte mit Bosch und Bayram schnell rumsprechen wird. Und ich fahre noch einmal zu Renés Eltern.« Winterberg pulte sich ein Mohnkorn aus den Zähnen. »Was ich eigentlich mit Natascha machen wollte. Hanke und Schmitz, ihr seid versorgt, oder braucht ihr noch was zu tun?«
Beide sahen ihn an, als sei er nicht mehr zurechnungsfähig.
Die Tür zum Besprechungsraum ging auf, und Steinhaus kam mit dem Kaffee und vier übereinandergestapelten Tassen zurück. Er stellte die Dreiliterkanne auf den Brötchentisch und die Tassen daneben. »Den Zucker hab ich vergessen.«
»Macht nichts«, entgegnete Schmitz. »Mir ist eh grad der Appetit auf was Süßes vergangen.«
Der Kaffee hatte gutgetan. Er war zwar ein bisschen zu stark gewesen, aber Winterberg wollte sich nicht beschweren. Immerhin hatten sie sich stärken können. Steinhaus, Schmitz und Hanke waren mittlerweile an ihre jeweiligen Arbeitsplätze gegangen, und Lorenz hatte ihm noch einige Ausdrucke zum Lesen hingelegt und war nun wieder mit seinem Laptop beschäftigt.
In fünf Minuten würde Manuel Siebert mit seinem Vater kommen, wahrscheinlich saßen sie bereits im Wartebereich in der Eingangshalle. Winterberg goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein. In der letzten Viertelstunde hatte er sich die Ausdrucke von Lorenz angeschaut, die sich alle mit den Themen Gewaltvideos, Happy Slapping oder Bilder aus Kriegsgebieten beschäftigten. Alles in allem war es scheußlich. Für manche Bilder musste man seine Fantasie stark anstrengen, um überhaupt etwas zu erkennen, beim Anblick anderer konnte einem übel werden.
Den Artikel eines Schulpsychologen zum Thema überflog er nur kurz. Er war momentan nicht in der Verfassung, sich mit den Hintergründen dieses Phänomens zu befassen. Dennoch war ihm bewusst, dass er sich auch damit auseinandersetzen musste. Diese Videos waren eine wichtige Spur, die zu René Staudt führen konnte, und je mehr sie darüber wussten, umso gezielter konnten sie der Spur nachgehen. Es war wieder einmal ein Teufelskreis: Die Zeit lief ihnen davon, und sie hinkten meilenweit hinterher.
Er schloss die Augen und trank den Rest Kaffee in großen Schlucken. Auf in den Kampf!, sagte er sich in Gedanken und stand auf, um Manuel Siebert und seinen Vater in sein Büro zu geleiten.
Kapitel 44
Erinnerungen drängten in sein Bewusstsein, umschlossen
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