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Knochenhaus (German Edition)

Knochenhaus (German Edition)

Titel: Knochenhaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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genommen, damit er keinen Unsinn macht. Aber auch er wäre nie auf die Idee gekommen, dass sein Vater ein Mörder ist.»
    «Aber schließlich ist es doch ans Licht gekommen», sagt Hennessey halb zu sich selbst. «Das Böse kann eben nicht ewig verborgen bleiben.»
    Sie haben einen tiefer gelegenen Teil des Gartens erreicht, den man vom Haus her nicht einsehen kann. Die Bank, auf die sie sich setzen, ist noch warm von der Sonne. Vor ihnen steht ein Brunnen: Aus dem Maul eines Fisches plätschert ein spärliches Rinnsal in das Becken. Im fleckigen Sonnenlicht erstrahlen die Wassertropfen in allen Regenbogenfarben.
    Pater Hennessey dreht sich zu Nelson um. «Warum wollten Sie mich denn nun sprechen, mein Sohn?»
    Nelson holt tief Luft. «Ich möchte Sie um Rat fragen.»
    Hennessey neigt ein wenig den Kopf, sagt aber nichts. Die Schweigenummer. Nelson erkennt sie sehr wohl, was ihn aber nicht davon abhält, geradewegs in die Falle zu tappen und zu singen wie ein Vögelchen.
    «Ich bin verheiratet, Vater. Ich liebe meine Frau, und ich liebe unsere beiden Töchter.» Er hält kurz inne. Die wenigen, furchtbaren Stunden, als er glaubte, seine Töchter seien in Lebensgefahr, haben ihm noch einmal gezeigt, wie sehr er sie tatsächlich liebt. Er würde alles für sie tun – sogar (natürlich auf Michelles Betreiben) Lauras Freund zum Sonntagsessen einladen.
    «Ich liebe meine Frau», wiederholt er noch einmal. «Aber vor ein paar Monaten habe ich … mit einer anderen Frau geschlafen. Ich will mich gar nicht dafür rechtfertigen. Ich weiß, dass es falsch war, aber es war eine sehr schwierige Zeit … für mich und für die andere Frau. Wir haben es einfach getan, ohne über die Folgen nachzudenken. Und jetzt ist sie schwanger. Sie erwartet ein Kind von mir, ein Mädchen. Und ich weiß nicht, was ich tun soll.»
    Nelson starrt auf den Brunnen, auf das Wasser, das pausenlos in das steinerne Becken sprudelt. Pater Hennessey spricht mit ruhiger Stimme.
    «Sie sagten, Sie lieben Ihre Frau. Aber lieben Sie denn auch die andere Frau?»
    Nelson schweigt einen Augenblick, dann sagt er: «Das weiß ich nicht. Aber sie bedeutet mir viel. Sie und das Baby. Ich will mich um sie kümmern.» Er lacht rau auf. «Meine Frau übrigens auch. Das ist das Allerseltsamste daran. Sie kennt die Frau, um die es geht, und will ihr helfen, mit dem Baby und allem. Meine Frau will die Frau unterstützen, die ein Kind von mir erwartet. So was gibt’s doch nicht mal im Film.»
    «Die Liebe ist immer eine Himmelsmacht», sagt Hennessey sanft. «Ihre Liebe zu Ihrer Frau und Ihren Töchtern und auch Ihre Liebe zu dieser anderen Frau und ihrem ungeborenen Kind. Selbst die Zuneigung, die Ihre Frau ihr entgegenbringt. Das alles ist gut.»
    Mit feuchten Augen wendet Nelson sich ihm zu. «Aber wie kann das denn gut sein? Wenn meine Frau davon erfährt, ist es vorbei mit unserer Ehe.»
    «Sind Sie sich da so sicher?»
    «Finden Sie, ich sollte es ihr sagen?»
    «Ich kann Ihnen keinen Rat geben», sagt Hennessey, «auch wenn mir klar ist, dass Sie genau das möchten. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ein Kind immer ein Segen ist, so wie auch Liebe immer ein Segen ist. Wenn Sie diese Menschen wirklich lieben, werden Sie auch einen Weg finden.»
    Nelson nickt. Er blickt starr vor sich hin, betrachtet das Spiel des Lichts in den Wassertropfen und merkt dabei kaum, wie Pater Hennessey ihm sanft die Hand auf den Kopf legt und einen Segen murmelt. Dann steht der Priester auf und geht zum Haus zurück.

    Es ist Abend, und Max’ Party ist in vollem Gange. Der einsame Hügel, auf dem sich einst die römischen Besatzer vor den kalten Winden Norfolks verschanzten, ist jetzt voller Leben. An einem der Gräben sind Lautsprecher installiert, und Leahs Onkel hat mehrere Fässer Bier und Cider aus dem Pub heraufgebracht. Ted der Ire tanzt mit Trace zwischen den aufgeschütteten Haufen aus Erde und Steinen. Ruth beobachtet, wie Clough, im Manchester-United-Trikot, sich dazwischendrängt, um seinerseits mit Trace zu tanzen, und sich dabei erstaunlich beweglich in den Hüften zeigt. Wenn sogar Clough hier ist, warum ist Nelson dann nicht da?
    Ruth geht ein Stück beiseite. Sie ist müde und würde sich gern irgendwohin setzen. Fünf Monate noch! Immerhin scheint das Baby durch die schreckliche Nacht auf der Lady Annabelle keinen Schaden genommen zu haben. Ruth hat sich gründlich durchchecken und auch noch einen weiteren Ultraschall machen lassen, und dem Baby ging es bestens, es

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