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Knochenhaus (German Edition)

Knochenhaus (German Edition)

Titel: Knochenhaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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Bewusstsein, dass das eine recht intime Frage ist.
    Doch Max antwortet ganz freimütig. «Eine Zeitlang habe ich mit meiner damaligen Freundin zusammengelebt, aber dann haben wir uns getrennt, einigermaßen freundschaftlich sogar. Inzwischen würde es mir wahrscheinlich schwerfallen, wieder mit jemandem zusammenzuleben. Man gewöhnt sich doch sehr daran, seinen eigenen Raum zu haben. Wie ist es denn mit dir?»
    «Ich habe auch ein paar Jahre mit meinem Exfreund zusammengelebt. Aber ich weiß noch, wie erleichtert ich war, das Haus für mich allein zu haben, nachdem wir uns getrennt hatten. Ich glaube, ich bin einfach nicht dafür gemacht, mit jemandem zusammenzuleben.»
    «Hast du denn im Augenblick einen Freund?»
    «Nein.» Ruth weiß, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, Max zu sagen, dass sie zwar keinen Freund hat, dafür aber eine andere, deutlich dauerhaftere Verpflichtung. Sie zögert, sucht nach den richtigen Worten.
    «Ruth.» Max greift nach ihrer Hand.
    Und Ruth platzt heraus: «Ich bin schwanger.»
    «Was?» Max prallt zurück. Es ist inzwischen dunkel geworden, und Ruth kann sein Gesicht nicht erkennen. Sie holt tief Luft.
    «Ich bin schwanger. Aber ich bin mit dem Vater des Kindes nicht zusammen. Es ist etwas kompliziert.»
    «Puh … Ruth …» Max wirkt völlig vor den Kopf gestoßen. Ruth macht sich über das letzte Stück Hähnchen her und schämt sich gleichzeitig dafür, dass sie nach einem so wichtigen Geständnis ans Essen denkt. Aber es schmeckt einfach so gut.
    «Ich weiß nicht, was ich sagen soll», meint Max schließlich.
    «Schon gut», sagt Ruth zwischen zwei Hähnchenbissen. «Du brauchst nichts zu sagen. Ich fand einfach nur, du solltest das wissen.»
    «Wann kommt das Baby denn?»
    «Im November.»
    «Ich habe Käse zum Nachtisch besorgt», sagt Max unvermittelt. «Rohmilchkäse. Den solltest du dann lieber nicht essen. Das ist doch nicht gut, wenn man schwanger ist, oder?»
    Ruth muss lachen, weil es sie rührt, dass er sich um ihr Wohlergehen sorgt, und weil sie so erleichtert ist, es ihm endlich gesagt zu haben. «Ich bin ohnehin pappsatt.»
    «Aber ich habe auch Brownies gebacken.»
    «Für Brownies dürfte ich wohl noch Platz haben.»
    Während sie die Brownies essen, erzählt Max, dass er sich unter anderem deswegen von seiner Freundin getrennt hat, weil er Kinder wollte und sie nicht.
    «Ich wollte auch nie Kinder», sagt Ruth. «Zumindest dachte ich das. Ich war ganz glücklich mit meinen Katzen. Aber als ich dann plötzlich schwanger war, war ich selbst ganz überrascht, wie sehr ich mich freue. Plötzlich will ich nichts so sehr wie dieses Kind.»
    «Das muss ein irrsinniges Gefühl sein.» Max lacht verlegen. «Das hört sich jetzt bestimmt komisch an, aber ich habe Frauen immer darum beneidet, dass sie schwanger werden können. Es muss unglaublich sein, wenn so etwas im eigenen Körper vorgeht.»
    «Stimmt. Außerdem kann man essen, so viel man will, ohne sich Sorgen um die Figur machen zu müssen.»
    «Noch einen Brownie?»
    «Ja, gerne.»
    Nach kurzem Schweigen setzt Ruth hinzu: «Aber irgendwie macht es mir auch Angst. Ich weiß kaum etwas über Babys und das alles. Mit meiner Mutter … Wir stehen uns nicht besonders nahe. Und meine Freundinnen haben alle keine Kinder.»
    Das stimmt nicht ganz. Einige von Ruths Freundinnen aus der Schulzeit und dem Studium haben durchaus Kinder bekommen, die fast alle bereits zur Schule gehen oder sogar schon im Teenageralter sind. Doch kaum waren die Kinder da, hat sich eine unsichtbare Wand zwischen den Eltern und ihren kinderlosen Freunden aufgerichtet. Ruth konnte mit Blumen und beschrifteten Ballons («Hurra, ein Mädchen!») ins Krankenhaus kommen und Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke schicken, so viel sie wollte, sie blieb doch auf ewig aus dem zauberischen Zirkel der Mutterschaft ausgeschlossen. Und so waren diese Freundschaften nach und nach verblasst, bis sie schließlich erstarben.
    «Und der Vater …?»
    «Er weiß nichts davon.»
    «Oh.» Ruth hört die Missbilligung in diesem einen Laut. Max wünscht sich ja selber Kinder. Natürlich identifiziert er sich da mit dem unbekannten Kindsvater und wird ihr gleich Verstoß gegen die Vaterschaftsrechte und alle möglichen anderen neumodischen Vergehen vorwerfen. Wahrscheinlich bereitet er sich gerade innerlich darauf vor, im Superman-Kostüm das Schiffsdach zu erklimmen.
    «Ich werde es ihm natürlich noch erzählen», sagt sie. «Aber … er ist verheiratet.»
    «Oh.»

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