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Knochenhaus (German Edition)

Knochenhaus (German Edition)

Titel: Knochenhaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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sich von freundlichen Schwestern mit Tee und Toast versorgen zu lassen. Sie haben sie zum Ultraschall gebracht, und da schwebte Toby quietschvergnügt inmitten seiner Wolken. Obwohl es ihr ausgesprochen peinlich war, musste Ruth daraufhin ein bisschen in die rosafarbenen Taschentücher schluchzen, die die Krankenschwester ihr reichte. Gott, was waren die Leute hier alle nett. Ein Wunder eigentlich, dass sie nicht durchdrehten.
    Doch im Lauf des Abends und der Nacht wurden ihre Sorgen immer größer: die Sorgen um Flint (Cathbad hat zwar versprochen, ihn zu füttern, aber wird er auch daran denken?), die Sorgen um das Baby (wie in aller Welt soll sie das bloß allein schaffen?) und schließlich auch die Sorgen um sich selbst. Anscheinend versucht da tatsächlich jemand, sie zu Tode zu ängstigen. Ihr Name, mit Blut an die Wand geschrieben – was Max inzwischen bestätigt hat –, und jetzt dieser scheußliche Fund des Plastikbabys. Weiß derjenige, der es dort hinterlassen hat, dass sie schwanger ist, oder sollte das nur eine weitere kranke Anspielung auf das klassische Altertum sein? Wer tut so etwas bloß? Es muss jemand sein, der nah genug wohnt, um in den kurzen Momenten, in denen die Ausgrabungsstätte verlassen ist, die Gegenstände zu platzieren. Aber warum? Diese Frage ist ihr die ganze endlose Nacht hindurch nicht aus dem Kopf gegangen, während ringsum Krankenschwestern hin und her huschten und weiß gekleidete Gestalten zum Klo und wieder zurück humpelten. Die Frau neben ihr schnarchte ebenso ausdauernd wie ungleichmäßig, sodass Ruth den Lärm nicht in ein beruhigendes Hintergrundgeräusch umdeuten konnte. Zu lesen hatte sie auch nichts, und schließlich wurde das Verlangen danach so übermächtig, dass sie die Krankenschwester um irgendetwas bat, ganz egal, solange es nur aus Buchstaben bestand. Die Schwester brachte ihr eine alte Hello! , und Ruth vertrieb sich den Rest der Nacht damit, sich, begleitet von den unrhythmischen Grunzlauten aus dem Bett nebenan, über die Hochzeitsfeiern von Fußballstars und über obskure spanische Adlige zu informieren.
    Der Morgen beginnt um sieben mit einer lauwarmen Tasse Tee, und Ruth fragt als Erstes, wann sie nach Hause darf. Die Schwester erklärt ihr mit ruhiger Stimme, sie müsse erst noch die Visite abwarten. Um acht sitzt Ruth bereits fertig angezogen auf dem Bett. Sie hat nicht daran gedacht, einen ihrer gestrigen Besucher zu bitten, ihr frische Kleidung zu bringen, das wäre ihr auch viel zu peinlich gewesen. Jetzt allerdings findet sie es extrem unangenehm, dieselben Kleider wieder anziehen zu müssen. Sie hat nicht einmal eine Zahnbürste dabei, doch die Schwester bringt ihr Zahnpasta, die Ruth sorgfältig mit dem Finger im Mund verreibt. Die Frau aus dem Bett nebenan, die ganz reizend ist, wenn sie nicht gerade schnarcht, hat ihr ein Deo und ein erschreckend intensives Körperspray geliehen. Nun sitzt Ruth nach Rosen duftend auf ihrem Bett und liest noch einmal nach, wie eine Schauspielerin, deren Namen sie nicht einmal kannte, ihre persönliche Tragödie gemeistert und schließlich einen Sportler geheiratet hat, von dem Ruth ebenfalls noch nie gehört hat.
    Schließlich taucht ein als Arzt verkleideter Halbwüchsiger auf, nimmt ihren Kopf in Augenschein und erklärt ihr dann, sie könne nach Hause. «Kommen Sie aber sofort zurück, falls Sie Schwindel verspüren oder ohnmächtig werden», ermahnt er sie streng. Er trägt Baseballstiefel. Baseballstiefel! Wie soll Ruth da irgendetwas ernst nehmen, was er sagt?
    Zu packen braucht sie nicht, und so bittet sie die Schwester, ihr ein Taxi zu rufen. «Das ist nicht nötig», erwidert diese mit unvermindert süßem Lächeln, obwohl sie, soweit Ruth das überblicken kann, seit mindestens zwölf Stunden im Dienst ist. «Ein Freund von Ihnen hat angerufen und gesagt, dass er Sie abholt. Ist das nicht reizend von ihm?»
    Die Schwester hat nicht gesagt, um welchen Freund es sich handelt, doch als Ruth durch den Haupteingang nach draußen tritt, ist sie nicht weiter erstaunt, auf dem Parkstreifen, der eigentlich den Taxis vorbehalten ist, Nelsons Mercedes warten zu sehen. Sie steigt auf der Beifahrerseite ein, und ein paar Minuten lang sitzen sie schweigend nebeneinander.
    «Warum hast du mir nichts davon erzählt?», fragt Nelson schließlich.
    «Das wollte ich noch.»
    «Na, da bin ich ja beruhigt.»
    «So einfach ist das nicht», verteidigt sich Ruth. «Du bist immerhin verheiratet. Ich wollte nicht alles

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