Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knochenjagd (German Edition)

Knochenjagd (German Edition)

Titel: Knochenjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
Vom Netzwerk:
auszulösen, ohne sie zu beschädigen. Und Standard-Röntgenaufnahmen werden wegen der Überlagerung von Knochen und Gewebe wenig nützen. Ich glaube, die beste Vorgehensweise bei den mumifizierten Überresten dürfte eine MSCT sein.«
    Vier verständnislose Blicke.
    »Multislice computed tomography. Oder auch Mehrschicht-Computertomografie. Ich würde vorschlagen, wir wenden sie bei diesem Baby an. Auf diese Weise kann ich das Skelett vermessen und begutachten, obwohl es noch von Bindegewebe zusammengehalten wird. Ein großer Vorteil der MSCT ist, dass sie eine isotopische Darstellung errechnet und die anatomische Realität nicht verzerrt. Ich kann die langen Knochen in 2-D-Rekonstruktionen errechnen und bekomme direkt und ohne Anwendung eines Korrekturfaktors eine anatomische Länge. Zuerst sollten wir uns die Scans ansehen, dann können Sie mit der normalen Autopsie fortfahren.«
    Während ich das sagte, wanderte mein Blick zu dem winzigen Mädchen auf dem Tisch. Sie war abgepinselt, aber noch nicht mit Wasser besprüht worden.
    »Kann nicht schaden.« LaManche schaute zu Pomier. »Das Personal in St. Mary’s hat uns schon öfter ausgeholfen. Rufen Sie in der Radiologie an. Fragen Sie, ob wir ihren Scanner benutzen dürfen.«
    Vor lauter Hast, die Anweisung auszuführen, drehte Pomier sich zu schnell um. Sein Fuß stieß gegen ein Rollrad eines fahrbaren Strahlers, der dicht an ein Ende des Tisches geschoben worden war. Das Gestell wackelte. Ryan griff nach der Querstange, an der die Halogenlampe hing, und stabilisierte das Ding wieder.
    Während das Licht tanzte, registrierten meine Augen etwas, das mein Gehirn nicht verarbeiten konnte.
    Was?
    »Beweg das Licht noch mal«, sagte ich und beugte mich über das Baby.
    Ryan tat es.
    Ja. Da. Genau an der Stelle, wo der Hals des Babys in die Schulter überging. Weniger ein Fleck als ein Fehlen von Leuchtkraft, eine stumpfe Stelle im Vergleich zur umgebenden Haut.
    Ich wagte es kaum, mir Hoffnungen zu machen, während ich zur Arbeitsfläche ging. Ich schnappte mir eine Handlupe und betrachtete dann die Unregelmäßigkeit durch die Linse.
    »Schauen Sie sich das an«, sagte ich.

5
    »Câlisse«, flüsterte LaManche.
    »Was denkst du? Fingerabdruck?« Ryan sprach so tonlos, dass ich mich fragte, ob er Zweifel hatte oder einfach nur objektiv sein wollte.
    »Schwarzlicht?«, fragte Pomier.
    »Bitte«, sagte ich.
    »Ich hole das Pulver«, sagte Tannenbaum.
    Beide Techniker gingen und kamen kurz darauf zurück. Pomier trug Schutzbrillen und eine schwarze Kiste mit einem Griff obendrauf und einer flexiblen Rute, die an einem Ende herausragte.
    »Können wir es für ein paar Minuten dunkel machen?«, rief ich zu Pelletier hinüber.
    »Kein Problem. Madame muss sowieso zum Röntgen.«
    Während ich auf die entsprechende Stelle deutete, stäubte Tannenbaum ein leuchtend orangefarbenes Pulver auf den Halsansatz des Babys.
    Pomier steckte das CrimeScope CS -16-500 ein, eine Lichtquelle, die Wellenlängen von Infrarot bis Ultraviolett liefern kann. Danach verteilte er orange gefärbte Plastikbrillen. LaManche, Ryan, Tannenbaum und ich setzten sie auf.
    »Fertig?«, fragte Pomier.
    LaManche nickte.
    Pomier schaltete die Deckenbeleuchtung aus, setzte seine Brille auf, drehte an ein paar Reglern des CrimeScope und brachte die Rute dann über dem Baby in Stellung.
    Langsam kroch das Licht über die blassen, kleinen Füße. Es erforschte die Hügel und Täler der perfekten Zehen, die Knie, die Lenden, den Bauch. Erhellte die Vertiefung, aus der die verschrumpelte Nabelschnur hing.
    Hier und dort leuchteten Fädchen auf wie stromführende Drähte. Haare? Fasern? Vielleicht aufschlussreich, vielleicht nicht. Ich fasste jedes mit einer Pinzette und steckte es in ein Plastikröhrchen.
    Schließlich traf der Strahl die sanft geschwungene Kurve zwischen Hals und rechter Schulter des Babys. Pomier drehte einen Regler, um zum unteren Ende des grünen Spektrums zurückzukehren, und verstärkte die Wellenlänge dann langsam wieder.
    Und da war es. Ein aus konzentrischen Schleifen und Wirbeln zusammengesetztes Oval.
    Wie beugten uns alle darüber.
    »Bonjour«, sagte Pomier in die Dunkelheit.
    »O Mann.«
    Ryans Stimme an meinem Ohr machte mir Geruchsnoten bewusst, die eindeutig nicht einer Leichenhalle zuzuordnen waren. Bay-Rum-Aftershave, gestärkte Baumwolle, ein Hauch Männerschweiß.
    Da ich mich unbehaglich fühlte, richtete ich mich auf. »Wegen der weichen und fein strukturierten Haut ist

Weitere Kostenlose Bücher