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Knochenjagd (German Edition)

Knochenjagd (German Edition)

Titel: Knochenjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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eine Mischung aus Regen und Schnee diagonal übers Land. Und es war saukalt.
    Ein Sergeant Rainwater fuhr uns die kurze Strecke in die Stadt. Ryan und ich saßen im Fond. Aus Fetzen der Unterhaltung vorne erfuhr ich, dass Rainwater bereits einige Ermittlungen für Ollie angestellt hatte, Dinge, die wir auch in Edmonton versucht hatten – das Polizeifoto herumzeigen, nach Ruben fragen. Im Wesentlichen mit demselben Ergebnis.
    Kurz nach Mitternacht kamen wir am Explorer Hotel an. Bei der Hinfahrt fiel mir die Lage auf einem Hügel auf, eine lange, geschwungene Einfahrt und eine fast zwei Meter hohe Steinfigur, ein Inuksuk, die den Hügel bewachte.
    Zum Glück ging das Einchecken schnell. Und ebenfalls zum Glück hatte Ollie kein Interesse, mich aufs Zimmer zu bringen.
    Dieses Zimmer befand sich im vierten Stock. Es hatte ein Doppelbett, eine Minibar, Mikrowelle, einen Flachbildfernseher und Ausblick auf ein Gewässer, dessen Namen ich am nächsten Morgen herausfinden wollte.
    Ich steckte mein iPhone in den Radiowecker und gönnte mir Wellenrauschen. Keine fünf Minuten später war ich eingeschlafen.

17
    Das Baby streckte die Arme aus, die Finger gespreizt, die kleinen Glieder zitternd, es flehte um Hilfe. Um meine Hilfe.
    Ich versuchte zu rennen, aber meine Füße gruben sich tiefer und tiefer in den Sand.
    Eine Nahaufnahme des Babys.
    Es saß im Flachwasser an einem langen, schwarzen Strand. Hinter ihm, über kabbeligen Wellen, verdunkelten violette Sturmwolken einen bedrohlichen Himmel.
    Vor meinen Augen verdichtete sich ein flaumiger Schein um den Kopf des Babys zu einem Schopf aus blonden Locken. Die winzigen Gesichtszüge kristallisierten zu einem vertrauten Muster. Die blauen Augen wurden plötzlich grün.
    Katy!
    Ich versuchte, zu schreien. Immer und immer wieder.
    Aus meiner Kehle kam kein Laut.
    Meine Beine waren Blei.
    Verzweifelt versuchte ich, zu meiner Tochter zu gelangen.
    Das Wasser bedeckte jetzt Katys Bauch.
    Die Flut kam!
    Mit hämmerndem Herzen bewegte ich die Beine noch schneller.
    Der Abstand zwischen uns wurde größer.
    Auf dem Strand materialisierte sich undeutlich eine Gestalt. Das Gesicht war nicht zu erkennen, das Geschlecht unklar.
    Ich versuchte zu rufen.
    Die Gestalt reagierte nicht.
    Ich schickte meine ganze Kraft in die Beine.
    Vergeblich.
    Jetzt reichte Katy das Wasser bis zur Brust.
    Ich schrie noch einmal, Tränen liefen mir über die Wangen.
    Die Szene flirrte wie eine Fata Morgana.
    Das Wasser stieg Katy bis zum Kinn.
    Ich spannte jede Faser meines Körpers an und schrie.
    Die Szene zerplatzte. Verflog wie Nebeltröpfchen.
    Ich blinzelte verwirrt.
    Ich saß stocksteif im Bett, das Herz hämmerte, die Haut war schweißnass. Die Hände hatte ich in die Decke gekrallt.
    Der Wecker zeigte 5 Uhr 42. Frühmorgendliches Grau erhellte die Fenster, deren Vorhänge ich fünf Stunden zuvor offen gelassen hatte.
    Draußen hatte es aufgehört zu schneien, aber das namenlose Oval des Wassers sah dunkel und frostig aus. Die Luft im Zimmer fühlte sich eiskalt an.
    Ich entspannte die Finger, legte mich zurück und zog die Decke bis zum Kinn.
    Nur ein Traum.
    Nur ein Traum.
    Dem Mantra folgend, versuchte ich meine gewohnte Dekonstruktionstechnik nach einem Albtraum. Dazu sind keine ausgeklügelten psychoanalytischen Fähigkeiten nötig. Mein Unterbewusstsein ist nicht so kreativ. Das alte Es spuckt einfach eine krude Mischung jüngster Ereignisse aus.
    Baby in Gefahr. Dazu war Freud nicht nötig.
    Katy. Ich hatte schon eine ganze Woche lang nicht mit meiner Tochter gesprochen.
    Der Strand. Aus meinem iPhone kamen immer noch beruhigende Meeresgeräusche.
    Die verschwommene Gestalt. Das musste ich allerdings erst verdauen.
    Annaliese Ruben, die vielleicht ihre Kinder ermordet hatte? Ronnie Scarborough, der Ruben möglicherweise bedroht hatte? Ryan, der unsere Beziehung abgebrochen hatte?
    Meine Mutter, die mich zu früh aufs Töpfchen gesetzt hatte?
    Was auch immer.
    Ich schlug die Decke zurück, rannte auf Zehenspitzen zu meinem Koffer, zog eine Jeans, ein langärmeliges T-Shirt, mein graues Kapuzenshirt, Socken und Turnschuhe an. Im Juni. Willkommen in der Subarktis. Oder der Tundra. Oder wo zum Teufel wir waren.
    Wasser aufs Gesicht. Schnell die Zähne geputzt. Die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst.
    Die Uhr zeigte sechs. In der vagen Hoffnung, dass das Hotel ein Restaurant hatte und dieses Restaurant bereits offen war, ging ich nach unten.
    Ein Glückstag. Der Trader’s Grill

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