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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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plötzlich ein, dass dieser Mann tatsächlich schon mal Leute umgebracht hat. Ash hat mir erzählt, dass er in Afghanistan ein paar Taliban erschossen hat. Sie sagt, das hätte ihm mächtig zu schaffen gemacht, deswegen ist er nach seinem letzten Einsatz auch aus der aktiven Truppe zum Stützpunkt Borden versetzt worden. Wo man außer Zeit nichts totzuschlagen hat.
    Ich bin also ziemlich gespannt, was er mir da zeigen will. Und frage mich, warum Ash nicht mitkommen sollte.
    Am Schuppen angelangt, klappt Nick einen hölzernen Riegel auf. »Pass auf deine Füße auf. Der Boden ist ziemlich uneben.«
    Er bedeutet mir, als Erster reinzugehen, und leuchtet mit seiner Lampe ins Innere des Schuppens. Mehrere Bänke ragen aus den Wänden ringsum heraus.
    »Setz dich.« Nick quetscht sich hinter mir rein und setzt sich mir gegenüber. Es ist so eng hier drin, dass wir mit den Knien aneinanderstoßen. Es riecht kräftig nach Kiefernholz, unterlegt mit einer scharfen Rauchnote.
    »Und, was meinst du?« Nick lässt das Licht nach allen Seiten tanzen.
    »Ich... ich weiß nicht. Was ist das?«
    »Eine Schwitzhütte. In Miniatur, ich geb’s zu, aber streng nach Ojibwa-Regeln gebaut.«
    Ganz hinten ist eine Kuhle mit großen flachen Steinen drum herum. Und daneben steht ein großer, leerer Kessel.
    »Ash kommt gern hierher, wenn sie Gewicht verlieren oder
Verspannungen lösen will. Ich benutze die Hütte eher, um... um den Kopf frei zu kriegen.«
    Er schaltet die Taschenlampe aus, lässt die Tür aber offen. Jetzt kann ich nur noch seine massige Gestalt erkennen, aber nicht mehr sein Gesicht.
    »Und?«, sagt er nach einer kurzen Pause. »Was läuft da zwischen dir und Ash?«
    »Ich... weiß nicht«, murmele ich. Einerseits würde ich gern sein Gesicht sehen, andererseits bin ich ganz froh, dass er meins nicht erkennen kann.
    »Ich hab doch gesehen, wie du sie anschaust. Empfindet sie dasselbe für dich?«
    »Ich denke schon. Vielleicht.«
    Seine Knie stoßen gegen meine, als er auf seiner Bank hin und her rückt. Ich zucke zusammen. Nennt er den Schuppen Schwitzhütte, weil er Leute hierherbringt, damit sie ins Schwitzen kommen?
    »Was hier drin gesprochen wird, bleibt auch hier drin«, sagt er. »Klar?«
    Ich nicke, dann wird mir klar, dass er das im Dunkeln gar nicht sehen kann. »Klar.«
    Nick schweigt lange, ich schwitze immer mehr.
    »Ich wollte schon immer einen Jungen haben«, sagt er schließlich. »Laura wollte ein Mädchen. Aber dann bekamen wir Ash. Ich hab sie zum Jagen mitgenommen, zu Boxkämpfen. Hab ihr vor dem Schlafengehen Geschichten von Kriegen erzählt. Laura hat den Kürzeren gezogen - Ash ist kein Mädchen, das mit der Mutter shoppen geht, sich aufbrezelt... du weißt schon, so Frauenkram halt.«

    Es ist so eng hier. Bloß gut, dass man sich nicht sehen kann. Wie im Beichtstuhl.
    »Irgendwann hab ich ein schlechtes Gewissen gekriegt«, fährt Nick fort. »Ich dachte, ich hätte sie verkorkst. Sie kein richtiges Mädchen sein lassen. Aber jetzt bist du aufgekreuzt. Sie hat vorher noch nie einen Kerl mit nach Hause gebracht.« Er klopft auf die Taschenlampe, die neben ihm auf der Bank liegt, dann kichert er. »Hab gehört, bei eurer ersten Begegnung hätte sie dich auf die Matte geschickt.«
    »Sie hat mich fertiggemacht. Mein Gehirn hat tagelang nicht richtig funktioniert.«
    »Ja.« Ich kann das Lächeln in seiner Stimme hören. »Sehr gut. Dann weißt du wenigstens gleich, wer das Sagen hat.«
    »Das würde sie mich auch keine Sekunde vergessen lassen.«
    Nick steht schnaubend auf. Die Taschenlampe erwacht zu neuem Leben. Nick schüttelt grinsend den Kopf.
    »Die wird dich noch bei lebendigem Leibe auffressen.« Er klopft mir lachend auf die Schulter. »Hey, du bist ja eiskalt. Na los, ab ins Haus, du musst dich aufwärmen.«
    »Ja.«
    Als wir in den Schnee hinausstapfen, weht uns ein scharfer Winterwind entgegen. Ich bin sicher, dass er eisig ist, aber für mich fühlt er sich an wie eine milde Sommerbrise.
    Ich bin zwar ein Sturschädel, aber ich weiß nicht, wie lange ich mir noch was vormachen kann. Mit mir stimmt definitiv was nicht. Howie hat gefragt, ob ich mich verändert fühle. Anders, verwandelt - aber in was?
    Was hat uns diese Bestie angetan? Und warum?

    Spielt sie bloß mit ihrem Futter, wie Pike meint?
    Ich folge Nicks Stiefelspuren durch den Schnee. Als ich aufblicke, sehe ich Ash und ihre Mutter, die sich im warmen Licht der Küche hin und her bewegen.
    Wenn ich schon bei lebendigem Leibe

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