Knochenkälte
zergehen.
Dann steigt ein tiefes Brummen aus den Tiefen seines Brustkorbs, beinahe ein Schnurren, das meine Trommelfelle erzittern lässt. Und doch ist es mehr als ein Schnurren. Eine Sekunde lang scheint mir, als würde es zu mir sprechen wollen, aber in Tonfrequenzen, die ich nicht hören kann. Und in einer Sprache, die mir so fremd ist.
Flüstertöne zerschellen murmelnd am Rand meines Hörvermögens, Wortfetzen, gerade so außerhalb der Reichweite meines Verständnisses. Mein Körper ist wie festgefroren. Aber mir ist, als habe etwas durch mein Fleisch, meine Knochen, in mich hineingestoßen und von mir Besitz ergriffen.
In sehe mein Gesicht in den Wölbspiegeln der riesigen Augen, es ist verkniffen. Die Sehnen an meinem Hals sind zum Zerreißen gespannt. Obwohl mein Körper starr vor Eis ist, spüre ich, wie ich mich vorwärtsbewege.
Die Bestie zieht an mir. Sie zieht mich raus .
Das Schnurren zerläuft zu vertrauteren Lauten.
Wörter. Es sind Wörter, zu einem akustischen Wirrwarr verknotet. Nein, mehr als Wörter.
Stimmen. Unzählige Stimmen brechen über mich herein.
Dann greift eine Faust aus Eis in mich hinein und zerrt mein Inneres nach außen. Vorübergehend fühlt es sich an, als bliese der Nachtwind direkt durch mich hindurch. Als wäre ich ein Geist, nicht mehr als eine Gestalt aus Dampfschwaden.
Dann reißt etwas und ich sehe mich wieder. Aber nicht als
Spiegelbild in den Augen des Monsters. Ich schaue von außen auf mich herab.
Durch Augen, die nicht die Meinen sind.
Jetzt spüre ich nichts mehr, bin körperlos.
Die Stimmen schreien aus allen Richtungen auf mich ein, versuchen, sich verzweifelt Gehör zu verschaffen.
Hilflos sehe ich zur leeren Gestalt von Danny Quinn hinüber.
Ich sehe meine Augen, weit aufgerissen und blind vor Angst. Und darin wieder ein Spiegelbild, diesmal nicht silbern, sondern im Blau meiner eigenen Augen. Es ist die dräuende Fratze der Bestie in Miniatur, das Maul weit offen, die rasiermesserscharfen Zähne gefletscht.
Ich bin hinter den Augen des Monsters gefangen und kann nicht wegsehen.
Dann stürzt es nach vorn und meine Sicht verzerrt sich.
Als es wieder zurückweicht, kann ich wieder klar sehen. Und ein Schrei, für den ich eigentlich keine Stimme habe, bricht aus mir heraus und gesellt sich zu den anderen Schreien. Ich bin in dieser endlosen Finsternis nicht allein. Nicht der Einzige, der gezwungen ist, sich das Gemetzel mit anzusehen.
Mein Schrei wird von meinem Kissen gedämpft. Ich muss mich auf die Ellbogen aufstützen, um atmen zu können. Als ich mein Zimmer wiedererkenne, schrumpft der Schrei zu einem erstickten Wimmern.
Ich versuche, nicht zu blinzeln, aus Angst, ich könnte wieder in den Albtraum hineingesogen werden, wenn ich die Lider auch nur für den Bruchteil einer Sekunde schließe.
Ich rolle mich aus dem Bett und lehne mich keuchend gegen die Wand. Mit zittrigen Fingern taste ich nach meinem Gesicht, vergewissere mich, dass es noch da ist. Dann halte ich mir die Hände vor die Augen und betrachte sie.
Kein Blut. Alles okay. Ich bin heil.
Immer wieder sage ich mir das vor, versuche, mich wieder in den Griff zu kriegen. Ich höre das tiefe Murmeln des Fernsehers, der im Wohnzimmer läuft. Dad ist wie immer so spät noch auf. Ich werde gleich zu ihm gehen und dann stehen wir die Nacht wie immer gemeinsam durch.
Wenn ich als kleines Kind nachts aufschreckte und schrie, kam Mom immer in mein Zimmer und weckte mich behutsam auf. Dann hörte sie sich meine schlaftrunkenen Erzählungen über meine Albträume an und sagte, jetzt sei alles wieder gut, ich sei in Sicherheit. Und dass sie sich auf meine Bettkante setzen und auf mich aufpassen würde, bis ich wieder in einen schöneren Traum abgetaucht wäre. Es gibt bis heute Nächte, in denen ich aus einem Traum auftauche und Mom vor dem Eintauchen in den nächsten neben mir zu spüren meine. Ich spüre, wo sie mit ihrem Gewicht die Matratze eindrückt, spüre die Wärme, die ihr entströmt.
Sie scheint trotz unserer vielen Umzüge während der letzten Jahre immer in der Lage zu sein, mich zu finden, egal an welchem seltsamen neuen Ort ich bin oder in welchem seltsamen neuen Bett ich schlafe. Schon an sie zu denken, beruhigt mich jetzt. Ich würde alles dafür geben, sie bei mir zu haben. Ich würde alles opfern, alles. Wenn sie nur auf mich aufpassen könnte.
Diese Albträume sind der Spielplatz der Bestie. Folterkammern,
die sie mir zu ihrem Vergnügen in den Kopf einpflanzt.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher