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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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tief unter den Felsklippen sein, oder womöglich sogar unter dem See.
    Wir anderen drei schieben uns nun auch auf den Knick zu. Bevor wir ihn erreichen, kommt Pikes Ruf: »Alles klar!«
    Als wir um die Ecke sind, sehe ich im ersten Moment nur das blaue Licht. Grell bricht es sich in den Kristallen des Eises, mit dem der Tunnel ausgeschlagen ist.
    Dann sehe ich die Höhle.
    Sie ist in etwa so groß wie ein Basketballfeld, die Decke vielleicht viereinhalb, fünf Meter hoch. Die Wände schimmern blau. Dichter Nebel wabert als dicke Schicht unten am Boden, verschluckt meine Füße.
    »Was ist das hier?«, sage ich und zucke gleich beim Klang des Echos zusammen: isdashier isdashier.
    Die anderen schieben sich forschend durch den Nebel voran. Howie streckt eine Hand aus und berührt die Wand gegenüber, dann mustert er seine Finger, ob der blaue Schein abgefärbt hat.
    »Wieso leuchtet das alles so?«, flüstert Ash im Versuch, das Echo zu verhindern.
    Howie dreht sich zu uns um. Sein Gesicht ist tiefblau verfärbt. »Vielleicht eine Art fluoreszierendes Mineral. Schön, findet ihr nicht?«
    »Am Ende ist das Zeug noch radioaktiv«, sagt Pike und entfernt sich ein Stück. »Nimm lieber keine Probe für deine Sammlung mit.«

    »Gruselig.« Ash tippt mit einem Finger an die Wand. »Und eiskalt. Muss weit unter null sein hier drin.«
    »In dieser Tiefe ist es in diesen Breitengraden immer so kalt«, sagt Howie. »Hierher dringt der Sommer nun mal nie rein.«
    Seine Stimme klingt beinahe verträumt. Kein bisschen zittrig. Kein bisschen panisch. Das gefällt mir nicht.
    »Hey, Leute«, ruft Pike. Das Echo kollert von einer Wand zur anderen, vervielfältigt Pikes Stimme zu einem ganzen Chor. Er winkt uns zu sich rüber, tiefer in die Höhle hinein.
    »Nicht so laut«, zischt Ash ihm zu.
    Pike steht neben einem seltsamen Haufen am Boden. In matten Wirbeln kreist der Nebel um die Erhebung herum.
    »Hast du was gefunden?«, flüstert Howie.
    Pike nickt. Er hält die Schrotflinte in der Armbeuge und hat einen Fuß auf den Haufen gestellt. In dem unwirklichen Schein sieht er ganz fremdartig aus, mit der Nachtbrille, die auf seiner Stirn prangt, und dem Irokesenschnitt, der neonblau schimmert.
    »Sieh’s dir mal genauer an, Bruderherz.« Pike beugt sich über den Haufen und wedelt mit der Hand den Nebel beiseite. Jetzt sehe ich, woraus der Haufen besteht.
    Knochen!
    Ich blinzle verdutzt.
    Es sind so viele! An manchen Stellen dürfte der Haufen über einen Meter hoch sein und er erstreckt sich wie ein Wall bis ganz zur entfernten Höhlenwand.
    Menschenknochen!
    Die kleineren stammen wohl von Fingern und Zehen, die längeren von Armen und Beinen. Rippenbögen, Beckenknochen.
An einigen Stellen ragen skelettierte Hände in die Höhe. Aber dass dies alles tatsächlich mal Menschen waren, erkennt man an den Schädelknochen.
    An manchen fehlen Zähne, an anderen der Unterkiefer. Und in allen klafft oben ein riesiges Loch, als wäre ihnen der Schädel mit einem Hammer eingeschlagen worden. Oder mit riesigen Zähnen aufgebissen.
    Pike klettert auf den Haufen. Sprachlos sehe ich ihm zu.
    »Komm da runter!«, sagt Ash.
    Der Haufen verschiebt sich unter Pikes Füßen, Knochen knacken auf Knochen.
    Pike lässt seinen Blick über den Haufen schweifen. »Da ist so eine Mulde in der Mitte. Wie ein Nest oder so.«
    »Das ist kein Nest«, sagt Howie und schaut wie hypnotisiert zu den Nebelschwaden hin, die über den Knochen wabern. »Ich glaube, es ist sein Schlafplatz«, flüstert er.
    Ein Bett aus Knochen.
    Schließlich finde ich meine Stimme wieder. »Ich hab genug gesehen.«
    »Ja, ich auch«, sagt Ash. »Gehen wir!«
    Pike kommt wieder runter, wobei er ein paar Knochen herunterkullern lässt. »Okay. Zeit für den Rückzug.«
    Howie nickt widerstrebend, als würde er viel lieber noch eine Weile hierbleiben und sich umsehen. Wir wenden uns ab und überlassen die Toten den Nebelschwaden, die sie zudecken. Auf halbem Weg zum Tunneleingang schreit Pike plötzlich: »Vorsicht!«
    Seine Stimme hallt von den Wänden wider. Wir wirbeln herum.

    Am anderen Ende der Höhle kauert eine riesige bleiche Gestalt im Nebel und sieht uns an. Pike hebt seine Schrotflinte.
    »Warte!« Howie legt seinem Bruder eine Hand auf den Arm. »Noch nicht. Irgendwas stimmt da nicht. Schaut doch mal genauer hin.«
    Wozu denn? , würde ich am liebsten kreischen. Schieß! Schieß!
    »Okay, ich seh es«, keift Pike. »Und?«
    »Das ist nicht die Bestie«, sagt Howie.
    Pike

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