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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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wetterzerfressene Couch und ein Fernsehsessel, auf die man sich setzen und die Aussicht genießen kann. Sogar eine Satellitenschüssel prangt auf dem Dach - reine Dekoration? Und zwischen all dem flattert an einem schrägen Metallpfosten eine umgedrehte kanadische Flagge. Eine Fahne verkehrt herum zu hissen, ist normalerweise ein Zeichen für eine echte Notlage. Irgendwie passt das gut zum Zustand dieser Behausung.
    Ich muss aufpassen, wohin ich trete; überall leuchten im Schnee gelbe Flecken vom Hundeurin. Die Tür des Wohnwagens steht weit offen.
    »Hallo?«, rufe ich hinein.
    Das Licht brennt, und ich meine, das dumpfe Gemurmel eines Fernsehers zu hören.

    »Jemand zu Hause?«
    Drei pelzig weiße Gesichter tauchen in der Tür auf, drei Paar eisblaue Augen fixieren mich. Ich sehe den Hunden an, dass sie darüber nachdenken, ob ich Futter bin.
    »Immer noch am Leben?«
    Ich wirbele herum.
    Mason hat sich lautlos an mich rangeschlichen. Er trägt eine zerbrochene Sonnenbrille, die mit Klebeband zusammengeflickt wurde, und sein halb zerschreddertes Budweiser-T-Shirt. Zwei weitere Huskys stehen neben ihm.
    »Ja«, sage ich.
    Er spuckt in eine Schneeverwehung und steigt dann die Stufen zu seinem Wohnwagen hoch. »Aber nicht mehr lange. Du riechst, als wärst du reif.«
    Ich rieche? Der Gestank, der von diesem Typen ausgeht, treibt mir Tränen in die Augen.
    »Kann ich Sie kurz sprechen?«, frage ich.
    Aus dem Wohnwagen dringt metallisches Geklapper nach draußen, dann das Schrappen eines Motors.
    »Wird dir auch nichts helfen«, ruft Mason mir zu.
    Die Hunde werfen mich fast um, als sie hineinstürmen. Vielleicht war das doch keine so gute Idee, hierher zu stapfen. Aber jetzt bin ich schon mal so weit gekommen... »Ich wollte Sie nur fragen...«
    »Was?«, keift er. »Entweder du kommst jetzt rein oder du verpisst dich wieder. Rein oder raus. Ich unterhalte mich nicht durch Wände.«
    Ich betrete den düsteren Wohnwagen, in dem es riecht, als wäre irgendwas am Verrotten.

    »Zeit fürs Mittagessen.« Mason klemmt eine Dose Hundefutter unter den Dosenöffner. Er greift sich eine Radkappe aus dem schwankenden Stapel auf der Küchentheke, klatscht den Inhalt der Dose darauf und setzt das Ding seinen Kötern auf dem Boden vor. Das Ganze wiederholt er ein paarmal, bis alle Hunde glücklich am Schlingen sind. Die fauligen Überreste früherer Mahlzeiten werden achtlos an die Wand geschoben.
    Mason holt zwei Papierteller raus und öffnet zwei weitere Dosen. Glucksend platscht das Hundefutter auf die Teller.
    »Also«, sagt er, »Putenragout oder Leberpaté?«
    Es dauert eine Sekunde, bis mir klar wird, dass die Frage an mich gerichtet ist. »Nein, danke.« Ich versuche, nicht zu würgen. »Ich hab mir auf dem Weg hierher ein paar knochen trockene Brötchen gegönnt.«
    Das sollte witzig sein, aber Mason runzelt nur die Stirn, als wäre ich der Gestörte hier.
    »Dann bleibt eben mehr für mich.« Er schleudert seine Sonnenbrille auf die Theke und greift sich eine Gabel.
    Er sitzt auf vier aufeinandergestapelten Matratzen, die den ganzen hinteren Teil des Wohnwagens einnehmen. Ein Fernseher lehnt am Fußende an der Wand, als würde er sich daran nachts die Füße wärmen. Auf CNN läuft ein Bericht über irgendeinen Krieg.
    »Als wir uns neulich unterhalten haben...«, setze ich an, »... Sie wissen schon, über die einheimische Tierwelt und so. Sie haben gesagt, als Sie noch jung waren, hätte sich etwas Ihren besten Freund gegriffen. Was haben Sie damit gemeint?«
    Er sieht kauend zu, wie sich Truppen durch eine Bombenkraterlandschaft bewegen.

    Hört er mir überhaupt zu?
    Dann legt er die Gabel beiseite und rollt den rechten Ärmel seines T-Shirts hoch. Auf dem angespannten Bizeps prangt eine große, verblichene Tätowierung, ein Kreuz.
    »Siehst du das?«
    »Ja. Hübsches Kreuz.«
    »Es ist ein keltisches Kreuz. Ein Glückszeichen, ein Schutzschild«, sagt er mit durchdringendem Blick. »Ich habe mir Gottes Zeichen eingestochen, damit der Teufel keinen Anspruch auf mich erheben konnte.«
    »Verstehe«, murmele ich. Okay, wir sind also mal eben nach Crazytown abgebogen.
    »Schau genauer hin. Siehst du es?«
    »Klar.« Ich sehe hin und nicke.
    »Nein, du siehst es nicht. Schau auf die Mitte des Kreuzes.«
    Mir wird ganz unheimlich, als wollte er mich hypnotisieren - Schau auf das Kreuz... Du wirst ganz, ganz müde...
    Aber in der Mitte des Kreuzes ist nichts, nur ein Fleckchen faltige, untätowierte Haut. Und ein...
    Ein

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