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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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mumifizierten Schädel auf den Arbeitstisch gestellt, als ich an der Tür ein Klopfen hörte. Ryan lächelte vom Korridor herein.
    Ich zeigte auf den Kopf und winkte ihn weg.
    Er klopfte noch einmal. Ich ignorierte ihn.
    Er klopfte ein drittes Mal, diesmal fester. Als ich den Kopf hob, hielt er seine Marke ans Glas.
    Ich verdrehte die Augen, stand aber auf und ließ ihn ein.
    »Geht’s wieder besser?«
    »Mir geht’s gut.«
    Ryans Blick fiel auf den Tisch.
    »Mein Gott, was ist denn mit dem passiert?«
    Das Ding war wirklich bizarr; es maß ungefähr fünfzehn Zentimeter im Durchmesser und hatte lange dunkle Haare und eine verschrumpelte Haut. Das Gesicht sah aus wie eine Fledermaus, die einen Menschen imitiert. Nadeln ragten aus den Lippen, in einem Loch in der Zunge steckte eine ausgefranste Schnur.
    Ich stellte ein Vergrößerungsglas so hin, dass Ryan hindurchschauen konnte, und bewegte es über Nase, Wangen und Kiefer.
    »Was fällt dir auf?«
    »Winzige Schnitte.«
    »Die Haut wurde abgeschält, damit man die Muskeln entfernen konnte. Die Wangen sind vermutlich mit irgendeinem Gewebe ausgestopft.«
    Ich drehte den Schädel um.
    »Die Basis wurde beschädigt, um das Hirn herauszuholen.«
    »Und was zum Teufel ist das?«
    »Ein peruanischer Trophäen-Schädel.«
    Ryan sah mich an, als hätte ich ihm eben gesagt, ich sei das Kind außerirdischer Raumfahrer.
    »Die meisten wurden an der Südküste zwischen dem ersten und dem sechsten Jahrhundert hergestellt.«
    »Ein Schrumpfkopf?«
    »Ja, Ryan. Ein Schrumpfkopf.«
    »Wie kam er von Peru nach Kanada?«
    »Sammler lieben solche Sachen.«
    »Sind die legal?«
    »In den Staaten sind sie seit siebenundneunzig illegal. Bin mir nicht sicher, wie es in Kanada ist.«
    »Hast du davor schon mal einen gesehen?«
    »Ich habe mir einige Fälschungen angeschaut. Aber noch nie einen echten.«
    »Ist das ein originaler?«
    »Mir scheint er authentisch zu sein. Und die Zahnabschleifungen deuten darauf hin, dass der kleine Kerl ziemlich alt geworden ist.«
    Ich stellte den Schrumpfkopf auf den Tisch.
    »Ob er wirklich echt ist, muss ein Archäologe feststellen. Was willst du eigentlich?«
    Ryan betrachtete weiter den Schädel.
    »Deine Meinung zu dem Torso.«
    Er streckte die Hand aus, strich über die Haare, stupste gegen die geschrumpfte Wange.
    »Werden flussaufwärts irgendwelche Siebzigjährigen vermisst?«
    »Ach so?«
    Er schaute hoch und wischte sich die Hände an den Jeans ab.
    »Ich habe bis jetzt erst eine vorläufige Untersuchung gemacht, aber dieser Kerl hatte schon einige Jährchen auf dem Buckel.«
    »Also wahrscheinlich nicht Clément?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    Ich nahm meinen Greifzirkel zur Hand, aber Ryan machte keine Anstalten zu gehen.
    »Sonst noch was?«
    »Galiano hat mich gebeten, mir die freche Chantale doch mal vorzuknöpfen. Erspart ihm die Reise. Er meinte, du möchtest vielleicht mitlatschen.«
    Mitlatschen? Wut flackerte auf.
    Ryan deutete auf den Schädel.
    »Warum das Loch in der Stirn?«
    »Seil.«
    »Ich hasse es, wenn mir so was passiert.«
    Mein Blick sagte: Lass das.
    »Die Specters sind außen vor, was deinen Faultankfall angeht. Und nach der Verhaftung von Gutiérrez sieht es so aus, als würde sich die ganze Serienmörder-Theorie in Luft auflösen. Aber Galiano meinte, es könne nichts schaden, mal mit der kleinen Prinzessin zu reden.«
    »Galiano hat noch mal angerufen?« Emotionslos.
    »Heute Morgen.«
    »Hat Gutiérrez gestanden?«
    »Noch nicht, aber Galiano ist überzeugt, dass er zusammenbricht.«
    »Freut mich, dass er dich auf dem Laufenden hält.«
    »Ich bin hier, er ist dort. Ich mache die Befragung als kollegiale Gefälligkeit.«
    »Das kannst du gut.«
    »Ja.«
    »Ein Hoch auf Testosteron.«
    »Du bist Wissenschaftlerin, Brennan. Du schaust dir Knochen an. Ich bin Polizist. Ich befrage Leute.«
    Ich wollte etwas erwidern, aber Ryans Piepser meldete sich. Er zog ihn von seinem Hosenbund und las das Display ab.
    »Muss los. Hör mal, du musst nicht mitkommen zu Chantale. Galiano dachte nur, du wärst gern dabei.«
    »Wann ist dieser kleine Ausflug?«
    »Ich sollte so gegen sechs aus Drummondville zurück sein.«
    Ich zuckte die Achseln. »Da schaue ich mir normalerweise den Home-Shopping-Kanal an.«
    »Hast du deine Ta-?«
    »Was?«
    Er hob die Fäuste zu einer Verteidigungshaltung.
    »Ich hole dich um Viertel vor sechs ab.«
    »Ich bin schon ganz aufgeregt.«
    »Und Brennan.« Ryan deutete mit dem Daumen auf den Tisch.

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