Knochenpfade
sah vollkommen verblüfft aus, als wäre ihm so was noch nie passiert. “Außerdem bin ich nun wirklich nicht arm”, bemerkte er noch und deutete mit dem Kopf in Dannys Richtung.
“Das ist mir klar. Kommen Sie morgen wieder, und kaufen Sie dann einen. Der hier geht auf mich. Im Andenken an Ihren Vater – von einem Veteranen zum anderen. Und nun lassen Sie’s sich schmecken. Sie halten hier den Verkehr auf.”
Norris ging zur Seite und warf einen Blick auf die Schlange hinter sich. Die Zehndollarnote hielt er noch immer in der Hand, als wüsste er nicht, was er damit anfangen sollte.
Walter dachte, er hätte den Mann vielleicht beleidigt. Womöglich blieb er in der Nähe und machte später noch einen Anlauf, ihn zu bezahlen. Er wünschte, ihm würde einfallen, warum der Typ ihm so bekannt vorkam. Aber nicht mal der Name Phillip Norris ließ etwas bei ihm klingeln.
Er hätte ihn vielleicht fragen sollen, wo sein Vater stationiert gewesen war. Aber als er wieder aufblickte, war der Typ verschwunden.
23. KAPITEL
Hilton Hotel
Pensacola Beach
Scott Larsen achtete nicht auf sein klingelndes Handy. Es war entweder eine trauernde Familie, die ihn nervte, oder Trish. Und mit der wollte er auch nicht sprechen. Nach einem kurzen Blick aufs Display setzte er seinen Weg durch die Hotellobby fort. Es war Trish. Sie war sauer gewesen, dass er sich wieder einmal aus dem Staub gemacht hatte, wenn auch aus geschäftlichen Gründen. Sie hatte sich wirklich in diesen verfluchten Hurrikan hineingesteigert. Langsam hatte er genug davon, dass sich alle wegen dieses Sturms so verrückt machten. Es war doch nicht eine Wolke am Himmel zu sehen.
Trish hatte sicher wieder irgendeinen Grund gefunden, um ihm eine Strafpredigt zu halten. Irgendwas nicht Erledigtes, das ihr Daddy dann für sie getan hatte.
“Daddy hat uns Benzin besorgt”, hatte sie vorhin zu Hause noch zu ihm gesagt.
“Wow, das hat ihn bestimmt das Hotdog-Geld der ganzen Woche gekostet.”
“Du musst nicht gleich beleidigend werden. Er hat es nur gut gemeint.”
“Kümmert sich um sein kleines Mädchen.”
“Vielleicht hatte er das Gefühl, er müsste es tun, weil ihr Ehemann nicht gerade eine große Hilfe ist.”
“Ich bin damit beschäftigt, unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Damit die Rechnungen bezahlt werden können.”
“Wenn der Hurrikan hier eintrifft, wird das alles egal sein.”
An dieser Stelle hatte sie sich schon so in Rage geredet, dass ihr vor Wut und Enttäuschung die Tränen kamen. Scott schlüpfte automatisch in seine Rolle als professioneller Tröster. Er legte ihr den Arm um die Schultern, begann mit dem dazugehörigen Tätscheln der Hand und murmelte ihr eine Reihe von beruhigenden Worten und Redewendungen zu.
Als sie dann wieder etwas sagte, war die Anspannung aus ihrer Stimme verschwunden.
“Ich denke, wir müssen einfach darauf hoffen, dass alles durch unsere Versicherung gedeckt ist.”
Das versetzte Scott allerdings einen herben Schlag. Unmöglich konnte er ihr jetzt erzählen, dass es noch gar keine Versicherung gab für das neue Haus. Das Traumhaus, das sein Budget bereits um Längen überschritten hatte und bald fertig würde. Wenn seine Frau aufhörte, ständig etwas zu ändern oder hinzuzufügen.
“Daddy meint, wir sollten während des Hurrikans bei ihm wohnen. In der Bucht können wir jedenfalls nicht bleiben. Bei meinem Daddy im Haus sind wir sicherer.”
Ab dem Punkt hatte Scott dann nicht mehr viel mitbekommen. Nur ein paar Stichworte, die ihn jedes Mal nervten. “Daddy” zum Beispiel. Mädchen aus dem Süden liebten ihre Väter ja wirklich. Scott würde sich an diese kindliche Anbetung nie gewöhnen können. Nicht bei einer erwachsenen Frau. “Daddy” war ein Wort für ein fünfjähriges Mädchen.
Trish hatte noch ein bisschen geschmollt, während er sich umzog, aber kaum noch etwas gesagt, bis er losgegangen war. Seine Arbeitshaltung war die eines Mannes aus dem Mittleren Westen. Das war es, was sie an ihm besonders anziehend fand, nachdem sie eine Reihe von Versagern kennengelernt hatte. Außerdem hatte er ihr versprochen, ihr am Morgen beim Verrammeln der Terrassentüren ihres neuen Hauses zu helfen, wenn sie das bis mittags schaffen würden. Er musste Hals über Kopf eine Trauerfeier auf die Beine stellen. Ursprünglich hatte die Familie für Mittwoch gebucht. Aber jetzt flippten alle wegen dieses Hurrikans aus und wollten Onkel Mel begraben, bevor der Sturm kam.
Das Versprechen schien Trish etwas
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