Knochenpfade
nicht gut genug. Liz und Walter Bailey behandelten ihn immer noch nicht als Familienmitglied. Was noch schlimmer war: Walter tat so, als wäre Scott nicht gut genug für Trish. Er würde ihm ganz sicher nicht einen seiner verdammten Generatoren anvertrauen.
Scott schaltete die Scheinwerfer aus und parkte seinen Lexus GX am Straßenrand, einen halben Block von Walters Haus entfernt. Von hier aus konnte er jeden sehen, der in die Auffahrt fuhr. Es war schon spät. Wo zum Teufel blieb der Alte denn? Scott trank den Rest seines inzwischen lauwarmen Latte. Er hatte einen Schuss Wodka hinzugefügt – aus den Vorräten des Vorbesitzers –, weil er den zusätzlichen Dampf bestimmt brauchen würde, um Walter zu überzeugen. Aber auch der ließ langsam wieder nach.
Die Chancen standen – nach allem, was Scott wusste – fünfzig zu fünfzig, dass die Seitentür der Garage nicht verschlossen war. Aber nur aus Gewohnheit – Walter hätte nicht einen einzigen Wagen in der Garage unterbringen können. Die war vollgestopft mit Sonderangeboten, Gelegenheitskäufen und den Vorräten für seinen Imbiss.
Scott rieb sich erschöpft das Gesicht. Es war ein höllischer Tag gewesen. Er wollte einfach nur nach Hause und ins Bett fallen. Aber selbst das könnte ein Kampf werden. Trish hatte mehrere wütende Nachrichten auf seiner Mailbox hinterlassen und ihm einige SMS geschickt.
Scott warf einen Blick auf seine Armbanduhr und seufzte frustriert. Ganz sicher würde er heute Nacht nicht noch nach Atlanta fahren. Er drehte den Zündschlüssel, ließ aber die Scheinwerfer ausgestellt. So leise es ging, fuhr er rückwärts Walters Einfahrt hoch. Die Garage war an der Rückseite des Hauses. Selbst wenn die Schiebetür geöffnet war, würde man von der Straße her keinen Einblick in den Schuppen haben. Und wenn die Nachbarn seinen Wagen erkannten, wäre das nur gut so. Niemand würde die Polizei rufen, weil Trishs Ehemann hier parkte.
Die Seitentür war nicht verschlossen. Scott benutzte eine Taschenlampe, um nach den Generatoren zu suchen. So genau wusste er gar nicht, wie die aussahen. Er stellte sich einen großen Motor auf Rädern vor.
Zwei nebeneinander stehende Gefrierschränke summten. Drei Wände waren mit beladenen Regalen vollgestellt. Der einzige gangbare Weg führte labyrinthartig durch ein Sammelsurium von Kisten und Kartons, Werkzeugkästen, Gartengeräten, Ersatzreifen, Beuteln mit Torf, großen roten Benzinbehältern und zwei Rasenmähern. Und das war erst die eine Seite der Doppelgarage.
In der Ecke entdeckte er einen Generator, der mit einer grauen Plane abgedeckt war. Er rüttelte und zerrte so lange, bis er das Gerät aus seiner engen Lücke zwischen zwei Regalen befreit hatte. Dann wollte er das Garagentor öffnen und drückte auf den Knopf dafür. Er zuckte zusammen, als das Tor ächzte und quietschte und zu dem Krach plötzlich die grelle Beleuchtung anging. Mit einem panischen Schlag auf den Lichtschalter stellte er sie wieder ab. Der Lärm war schlimm genug. Er brauchte nicht auch noch Bühnenbeleuchtung für seine Aktion.
Scott schleifte die Metallschienen zum Wagen, die Walter neben den Generator gestellt hatte. Die würde er hinten an die Stoßstange seines Lexus lehnen, sodass er das schwere Ding darüber einfach in den Laderaum rollen konnte. Er hatte den Apparat fast verstaut, als er einen Schatten bemerkte, der hinter dem Haus zwischen den Büschen hervorkam.
“Was zum Teufel machst du denn da, Scott?”
43. KAPITEL
Pensacola
Liz konnte kaum glauben, dass ihr Vater Scott wirklich seinen Generator lieh. Wenn es um seinen Besitz ging, war er ziemlich eigen. Und er mochte Scott offensichtlich auch nicht besonders. Aber was wusste sie schon von ihrem Vater? Als sie ihn vorhin in der Tiki-Bar am Strand gesehen hatte, wie er Gratis-Martinis kippte, war sie auch überrascht gewesen. Sie rief sich in Erinnerung, dass sich nach dem Tod ihrer Mutter einiges verändert hatte. Die meiste Zeit war Liz gar nicht hier gewesen. Wenn ihr Vater inzwischen gelernt hatte, den Tisch zu decken und Martinis auf Ex zu trinken, dann hatte er sich vielleicht auch in anderer Hinsicht geändert.
“Hallo, Liz.” Scott war völlig außer Atem, aber er schien nicht verlegen zu sein und ließ sich bei seiner Aktion nicht stören. “Hast du vielleicht eine Ahnung, wo dein Vater ist?”
“Ich habe ihn und den Imbisswagen gerade nach Hause gebracht. Freigetränke am Strand.”
“Geht es ihm gut?”
“Schläft wie ein Baby.
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