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Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman

Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman

Titel: Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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guten
Zeiten war sie wohl eine hübsche Frau gewesen. Jetzt war sie wie eine Eisstatue.
    Zwei massige Männer, beide über dreißig, saßen zu beiden Seiten des Tisches. Der ältere trug ein gelbes Golfhemd, eine braune Hose und Segelschuhe. Dazu rötlich blonde Haare mit Seitenscheitel nach Managerart. Glatt rasiert, stiernackig, Schnapsnase.
    Der jüngere war dunkler, ebenso stämmig, aber mit knochigerem Gesicht. Er trug ein verblichenes graues Sweatshirt mit der Aufschrift David Lynch Rules , eine zerknitterte Cargohose und hohe Schnürstiefel. Wellige braune Haare hingen ihm bis auf die Schultern. Sein dreieckiger Unterlippenbart war weißblond, und als er sich zu mir umdrehte, klirrte die Chromkette, die aus seiner Gesäßtasche hing.
    Milo stellte mich vor. »Das sind Selenas Mutter und ihre Brüder, Dr. Delaware.«
    Isabelle Green-Bass streckte eine lange, weiße Hand aus, die sich anfühlte, als käme sie frisch aus dem Eisschrank. Ich umfasste sie kurz, und ihre grauen Augen wurden feucht.
    »Chris Green«, sagte der mit dem Golfhemd.
    »Marc«, murmelte der mit dem Unterlippenbart.
    »Wir sind gerade Selenas Leben in L.A. durchgegangen. Marc hatte hin und wieder Kontakt zu Selena, seitdem sie hierhergezogen ist.«
    »Sie hat mich in Oakland besucht«, sagte Marc. »Hat gesagt, ihr geht’s gut. Das Gleiche hat sie auch Mom gemailt.«
    Isabelle Green-Bass hatte den Blick nicht von mir gewandt. »Ich bin froh, dass ein Psychologe da ist. Was mit ihr geschehen ist, muss irgendwas Grauenvolles sein. In Selenas Leben gab es keinerlei extreme Sachen. Wenigstens lange nicht.«
    » Niemals «, verbesserte Marc Green. »Es war im Grunde genommen nur der übliche Teenagermist.«
    »Wenn du das sagst, Marc.« Ein mattes Lächeln spielte um
ihre Lippen. »Mir kam es jedenfalls nicht so vor, als ich mich damit auseinandersetzen musste.«
    Marcs Schultern hoben und senkten sich. Seine Kette klirrte, worauf er nach hinten griff und sie festhielt. »Ich habe den gleichen Mist gemacht, und Chris ebenfalls. Der einzige Unterschied ist, dass wir ihn besser verheimlichen konnten.«
    Er schaute seinen Bruder um Bestätigung heischend an.
    »Hmm«, bestätigte Chris.
    »Leider hatte Selena den Drang, alles zu beichten «, fuhr Marc fort. »Stimmt’s?«
    Chris lächelte betrübt. »Wie eine waschechte Katholikin. Dabei sind wir gar nicht katholisch.«
    »Zuerst hat sie die Tour bei uns versucht«, erzählte Marc. »›Ich habe einen Joint geraucht.‹ ›Ich hab mir im Kabelfernsehen einen Film angesehen, der nicht jugendfrei war.‹ ›Ich habe Mom angelogen, als sie gefragt hat, wo ich war.‹ Wir wollen es nicht wissen, du Dummkopf. Und erzähl’s auf keinen Fall Mom. Natürlich hat sie’s erst recht gemacht.«
    Isabelle Green-Bass fing an zu weinen.
    »Typisches Teenagerzeug also«, fasste Milo zusammen.
    »Das hier ist reine Zeitverschwendung«, sagte Marc Green.
    »Sie war in dieser Musiksache«, wandte Cris ein.
    »Na und!«
    »Ruhig, Marc. Ich möchte, dass sie alle Fakten …«
    »Fakt ist, dass sie zur falschen Zeit am falschen Ort war und Ted Bundys Reinkarnation über den Weg gelaufen ist.«
    Niemand sagte etwas.
    »Das mag zwar für alle Betroffenen etwas Neues sein, aber nur weil sie in der Musikszene war, war sie noch lange kein Freak«, sagte Marc Green. »Von der Einstellung her war sie ganz normal. Als sie ein paar von den Leuten kennen gelernt hat, mit denen ich mich rumtreibe, hielt sie sie für ziemlich seltsam.«

    »Was für Leute sind das?«, erkundigte sich Milo.
    »Typen von der Arbeit«, sagte Marc.
    »Und wo ist das?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    Ihre Mutter sagte: »Marc, er versucht doch nur, uns zu helfen.«
    »Schön für ihn.« Marc wandte sich an Milo. »Ich arbeite überall, wo man mich bezahlt.«
    »Marc ist Toningenieur«, fügte Isabelle Green-Bass hinzu.
    »Ich mache Aufnahmen und Aussteuerung, hauptsächlich bei Konzerten und Indie-Filmen. Und da wir schon bei der offiziellen Familienbiografie sind - mein großer Bruder Chris arbeitet bei Starbucks. Das ist eine unbekannte Kaffeefirma in Seattle.«
    »Vertrieb und Marketing«, erläuterte Chris.
    »Wann hat Selena Sie besucht, Marc?«, fragte ich.
    »Vor einem Jahr, und etwa sechs Monate danach noch mal. Beim ersten Mal hab ich an einem Film gearbeitet, und sie ist mitgekommen. Seinerzeit hat sie zu mir gesagt, dass die Leute, mit denen ich mich rumgetrieben habe, seltsam wären. Was bei diesem Team auch stimmte, glaube ich. Die

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