Knochensplitter
Kühlschrank. Man hatte ihr eine Art Kissenbezug über den Kopf gezogen und ihr die Hände vor dem Körper zusammengebunden. Sie zitterte.
Alison McGregor erstarrte – und dann explodierte sie. Ihre Beine flogen hin und her, kickten wild in die Luft, während sie zappelte und sich wand und ihre Augen über dem Knebel aus Isolierband fast aus dem Kopf traten.
Dem Typen, der sie hielt, war es irgendwann zu dumm. Er knallte sie gegen den Kühlschrank, legte sie über die Arbeitsplatte und umwickelte ihre Fußgelenke mit dicken schwarzen Kabelbindern. Er zog ihr eine Tüte über den Kopf. Dann kam eine weitere Person ins Bild und versetzte ihr mit einer Art Totschläger einen Schlag auf den Hinterkopf.
Alison sackte zusammen.
Und alles spielte sich in vollkommener Stille ab.
Der Typ, der sie bewusstlos geschlagen hatte, bückte sich und hievte sie mit einem Feuerwehr-Rettungsgriff über die Schulter. Zwei volle Einstellungen lang war sein Namensschild ganz deutlich zu sehen: » DAVID «. Fünfzehn Sekunden später waren sie weg, durch die Küchentür hinaus in den dunklen Garten.
Der Bildschirm wurde schwarz.
Dann die künstliche Stimme:
» SIE WERDEN GELD BESCHAFFEN, UM SICHERZUSTELLEN, DASS ALISON UND JENNY HEIL NACH HAUSE KOMMEN. SIE HABEN VIERZEHN TAGE ZEIT, SONST WERDEN SIE GETÖTET. SIE WERDEN DIE POLIZEI INFORMIEREN, SIE WERDEN DIE FERNSEHANSTALTEN INFORMIEREN. SIE WERDEN DIE ÖFFENTLICHKEIT INFORMIEREN. SONST WERDEN SIE GETÖTET. WENN SIE INNERHALB VON VIERZEHN TAGEN GENUG GELD BESCHAFFEN, WERDEN JENNY UND ALISON AUF FREIEN FUSS GESETZT. WENN NICHT, WERDEN SIE GETÖTET .«
»Immer noch hier?«
Logan drehte sich um. DI Bell stand in der Tür, eine Scheibe Toast in der einen Hand, einen Becher mit irgendetwas drin in der anderen. Ein warmer, würziger Geruch ging davon aus. »Bin gerade auf dem Sprung, Chef.«
Bell trat ein, ging zum Fenster, steckte sich den Toast in den Mund – es sah aus wie ein eckiger Entenschnabel – und spähte durch die Schlitze der Jalousie.
Logan fuhr den Laptop herunter. »Ich dachte, Sie übernehmen für die Spätschicht die Vernehmungen?«
Der Inspector ließ die Jalousie los und nahm den Toast aus dem Mund. Er kaute. »Trisha Browns Mutter hat in der Notrufzentrale angerufen – vollkommen zugedröhnt – und erzählt, jemand wäre mit einem Kricketschläger bei ihr aufgekreuzt und hätte ihre kostbaren Erbstücke zerdeppert.« Er biss noch einmal in seinen Toast. »Das waren nicht zufällig Sie, oder?«
»Sehr witzig, Sir.«
»Wer sagt denn, dass ich Witze mache?«
Logan starrte ihn nur an.
DI Bell zuckte mit den Achseln. »Jedenfalls, als McHardy und Butler dort vorbeigeschaut haben, war die Bude ein noch größerer Schweinestall als sonst. Und sie selber hat auch ziemlich was abgekriegt.«
»Drogen?« Logan klappte den Rechner zu und schob ihn in seine Tragetasche.
»Die arme alte Helen hat wahrscheinlich versucht, sie mit einem Freischuss zu bestechen, aber als vernünftige Menschen mit untadeligem Lebenswandel haben sie es vorgezogen, ihr die Scheiße aus dem Leib zu prügeln. Und die Antwort auf Ihre nächste Frage lautet Nein: Ihre Freundin Trisha war nicht dort.«
Logan schlang die Laptoptasche über die Schulter. »Hat irgendwer inzwischen Shuggie gefunden?«
»Wenn der Kerl einen Funken Verstand hat, ist er inzwischen in Dundee oder in Glasgow untergetaucht. Da wird er sich unter die Fixer aus den Sozialsiedlungen mischen, bis die Aufregung sich ein bisschen gelegt hat.«
Logan stand auf. »Ich bin dann mal weg.«
»Okay … Alles klar.« Bell steckte sich das letzte Stück Toast in den Mund und spülte mit dem Inhalt des Bechers nach. »Ich werde Sie doch nicht noch einmal um drei Uhr morgens aus den Bett klingeln müssen, oder?«
»Das will ich schwer hoffen.«
Logan steckte den Kopf durch die offene Tür der großen Einsatzzentrale. Sie war ein bisschen schicker als die, die er im vierten Stock für sich requiriert hatte – das fing schon damit an, dass bei Finnie keine Teppichfliesen fehlten. Der Raum war mit Whiteboards und Flipcharts gesäumt und verfügte über jede Menge Schreibtische – insgesamt rund dreißig Arbeitsplätze –, einen eigenen Kopierer sowie ein kleines gläsernes Büro in einer Ecke, aus dem der Chief Inspector seine Truppen im Auge behalten konnte.
An der Wand gegenüber der Tür hatten sie eine Leinwand aufgebaut, und ein an der Decke montierter Projektor flackerte in dem abgedunkelten Raum vor sich hin. Es lief das
Weitere Kostenlose Bücher