Knochenzeichen
Assistenzarzt in der Ambulanz hier anwesend.«
»Das dauert Stunden. Suchen Sie mir einfach einen Laden, wo ich Steri-Strips kaufen kann, und dann fahren wir weiter.«
Er blieb sitzen, sah sie an und ignorierte ihr verstohlenes Zerren, um ihre Hand freizubekommen. Eigentlich hätte er ihre Verletzung früher registrieren müssen. Doch nach einer Weile hatte er sich nur noch darauf konzentriert, sie nicht anzustarren. Kam ihm irgendwie klüger vor.
Er fasste einen Entschluss und sah in den Rückspiegel, ehe er eine Kehrtwendung machte und wieder in den Ort zurückfuhr. »Im General Store werden sie das nicht haben, was Sie brauchen. Vielleicht können Sie dem Assistenzarzt ja das Nähen ausreden, aber die Ambulanz ist der einzige Ort, wo Sie das bekommen, was Sie brauchen.«
»Ich gehe nicht zum Arzt«, knurrte Caitlin.
Er ignorierte sie, bog an der Ecke ab und fuhr die zwei Blocks in westlicher Richtung bis zu dem kleinen schachtelartigen Gebäude, in dem die Ambulanz des Ortes untergebracht war. Er stieß einen Fluch aus, als er den übervollen Parkplatz davor sah.
»Wie gesagt, ich vergeude damit nicht den Rest des Tages. Vergessen Sie’s.« Sie beugte sich über die Tasche, die sie sich zwischen die Füße geklemmt hatte, und kramte mit der unversehrten Hand darin herum. »Ich kann mir einen Notbehelf zusammenbasteln, bis ich heute Abend wieder nach Eugene komme.«
»Sie müssen die Wunde auswaschen.« Jahrelange Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass es wichtig war, eine Infektion zu vermeiden. Schlagartig kam ihm die naheliegendste Lösung in den Sinn, nur um sogleich wieder verworfen zu werden. Er hatte das, was sie brauchte, zu Hause, doch alles in ihm rebellierte angesichts der Vorstellung, sie dorthin zu bringen. Gäste wurden nur selten eingeladen. Und Caitlin Fleming war weit davon entfernt, zu den möglichen Kandidaten zu zählen.
»Ich habe hier irgendwo ein paar Feuchttücher«, murmelte sie, den Kopf nach wie vor über die Tasche gebeugt. »Fahren Sie einfach rüber nach Terwilliger. Wir haben schon genug Zeit verschwendet.« Sie zog ein kleines Päckchen aus dem Rucksack, riss es auf und zerrte ein paar feuchte Wischtücher heraus. Als sie sie auf ihre Handfläche presste, wurden sie sofort dunkel von Blut.
Mit voller Absicht fuhr er erneut in Richtung Highway. Die Schramme befand sich im fleischigen Teil ihrer Hand. Die Wunde würde heftig weiterbluten, aber sie war gewiss nicht in Gefahr zu verbluten. Wenn es ihr selbst nicht wichtig genug war, um einen Arzt aufzusuchen, warum zum Teufel sollte er sich dann unnötig den Kopf darüber zerbrechen?
Er hörte Papier rascheln und warf einen Blick in ihre Richtung. Sie nahm ihr Sandwich aus der Plastikverpackung und stopfte stattdessen die blutigen Tücher und Servietten hinein.
»Scheiße«, knurrte er. Es war keine bewusste Entscheidung. Spontan bog er an der nächsten Ecke ab und hielt auf die einsame Abzweigung ein paar Meilen die Straße hinab zu, die zu seinem mitten im dichten Wald gelegenen Grundstück führte.
Und versuchte, den Kloß in seinem Magen zu ignorieren, der ihn davor warnte, dass er im Begriff war, einen riesigen Fehler zu machen.
»Das ist Ihr Haus?« Leicht verblüfft machte Cait die Autotür auf, sprang hinaus und starrte auf den weitläufigen Bau aus Zedernholz und Glas. Die Zufahrt zum Haus war mindestens eine Meile lang gewesen und von Anfang bis Ende so dicht von Bäumen gesäumt, dass der ganze Weg unter einem Blätterdach verlief. Nicht weniger als dreimal hatte Zach aussteigen müssen, um eine Kette aufzuschließen, die den Weg versperrte. Es überraschte sie nicht, dass er offenbar keinerlei Wert auf Besuch legte.
Doch das Haus überraschte sie. Es war, so weit das Auge reichte, von Tannen und Wacholderbüschen umstanden. An den Fenstern gab es weder Vorhänge noch Jalousien. Wozu auch? Mitten im Wald war Privatsphäre praktisch garantiert.
»Das Grundstück hat meinem Großvater gehört.« Er sprach mit schroffem Ton und ging schnell auf das Haus zu. Sie begriff, dass er es schon jetzt bereute, sie mitgenommen zu haben. »Früher gab es hier mal ein Hotel, aber das ist in meiner Kindheit abgebrannt. Er hat es mir vererbt, und ich baue es in kleinerem Maßstab wieder auf.«
Erst jetzt registrierte sie die Hinweise auf laufende Bauarbeiten. Die Garage mit ihren vier Stellplätzen hatte keine Türen, und drinnen standen ordentlich aufgereiht Holzbearbeitungs- und Baumaschinen. Als sie ihm die Bretter hinauffolgte,
Weitere Kostenlose Bücher