Knochenzeichen
Genehmigung für das verdeckte Tragen einer Schusswaffe zu erhalten, ehe er den Auftrag einer Polizeibehörde annahm.
Als Cait schließlich fertig war, entriegelte sie die Tür und zog sie auf. Dann machte sie erschrocken einen Satz nach hinten. Es war schwer zu sagen, wer verblüffter war – sie oder der Mann auf der anderen Seite.
»Sharper. Was machen Sie denn hier?«
Er hatte die Zeit, seit sie sich getrennt hatten, dazu genutzt, sich zu rasieren und frische Sachen anzuziehen. Offenbar verfügte er über einen endlosen Fundus an Jeans und T-Shirts, da sie ihn noch nie in etwas anderem gesehen hatte. Vielleicht, so sinnierte sie kurz, wusste er aber auch, wie gut ihm diese Kombination stand.
»Sie wollen doch heute Abend ins Ketcher’s, oder?« Ohne auf eine Einladung zu warten, marschierte er an ihr vorbei ins Zimmer und ließ es durch seine Präsenz auf der Stelle zusammenschrumpfen. »Ich dachte, wir hätten gestern besprochen, dass Sie da nicht allein hingehen.«
Sie brauchte ein bisschen länger als gewohnt, um sich das Gespräch in Erinnerung zu rufen, das er meinte. Sie wandte sich um, sah ihm dabei zu, wie er durch ihr Zimmer schlenderte, und ließ hinter sich die Tür ins Schloss fallen. »Das ist nicht nötig.«
Er zog eine Braue hoch. »Müssen wir diese Diskussion wirklich noch mal führen?« Er fasste in seine Jeanstasche und zog eine weiße Verpackung heraus. »Außerdem dachte ich mir, dass Sie mal die Steri-Strips wechseln sollten. Am besten gleich.«
Er nutzte ihre momentane Sprachlosigkeit aus, riss die Papierhülle auf und setzte sich auf die Bettkante. »Kommen Sie her.«
Ihn auf ihrem Bett sitzen zu sehen brachte ihr Denkvermögen noch mehr ins Schleudern. Angesichts seiner Stimmung beim Abschied auf dem Parkplatz, nachdem sie ihm die Fingerabdrücke abgenommen hatte, wirkte die ganze Szene ein wenig wie aus »Alice im Wunderland«. »Ich bin durchaus imstande …«
»Ja, ich weiß. Sie haben die ganze Superwoman-Nummer drauf, okay?« In seinen Augen blinkte etwas, was Belustigung hätte sein können. Vielleicht bildete sie es sich aber auch nur ein. Die ganze Situation hatte etwas enorm Unwirkliches an sich. »Aber je eher wir das erledigt haben, desto eher können wir in die Kneipe gehen. Und glauben Sie mir, je früher wir dorthin kommen, desto besser.«
Ihre Füße schienen sie aus eigenem Antrieb zu ihm hinüberzuführen. »Nicht dass ich das Angebot nicht zu schätzen wüsste«, begann sie und zuckte sogleich leicht zusammen, als er ihr die alten Pflaster von der Hand riss. Er war nicht gerade ein Ausbund an Feingefühl. Vielleicht war er ja auch gekommen, um ihr das mit den Fingerabdrücken ein wenig heimzuzahlen?
»Sieht aus, als würde es gut heilen.« Er rieb mit dem Daumen über die Wunde.
Sie senkte den Blick und inspizierte die Verletzung kritisch. »Es wird schon.« Die Verletzung hatte sie nicht sehr behindert, und jetzt war sie doppelt froh, dass sie sich dagegen gewehrt hatte, sie nähen zu lassen. Sie war noch nie ein großer Fan von Nadeln gewesen und bezweifelte, dass die Wunde besser geheilt wäre, wenn sie sich von Sharper in die Ambulanz hätte bringen lassen. Da es unhöflich gewirkt hätte, jetzt noch die Hand wegzuziehen, wartete sie verlegen ab, bis er die neuen Strips aufgeklebt hatte.
»Sie haben ja verborgene Talente«, sagte sie leichthin und musterte sein fertiges Werk. »Wo haben Sie Ihre medizinische Ausbildung gemacht?«
Er lächelte, gedehnt, selbstzufrieden und hinreißend. »Offen gestanden habe ich mein ganzes Können beim Doktorspielen gelernt.«
Etwas an seinem Gesichtsausdruck brachte ihren Herzschlag zum Stolpern. Es gehörte verboten, einem Mann mit seinem Äußeren auch noch ein derart umwerfendes Lächeln als Waffe mitzugeben. Es war umso wirkungsvoller, da es so selten war. Cait hätte gewettet, dass es noch auf neunzig Schritt die Herzen ahnungsloser Frauen brechen konnte.
Und gerade jetzt hätte sie sich wesentlich sicherer gefühlt, wenn der Abstand zwischen ihnen mindestens so groß gewesen wäre. Wenn sie nicht so nahe bei ihm gestanden hätte, um zu erkennen, dass in seinen Augen winzige goldene Funken leuchteten, die flackerten wie brennende Dochte.
Wenn sie nicht nahe genug bei ihm gestanden hätte, um – nur ein ganz klein wenig – in Versuchung zu sein, seine unausgesprochene Einladung anzunehmen und sich von ihm zu unartigen Spielchen hinreißen zu lassen.
Sie holte tief Luft. Und dann noch einmal. Cait fällte
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