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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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Sauerstofftank hinüber, der neben dem Krankenhausbett stand. Die Schwester hatte Del erklärt, dass Randy ans Bett gefesselt worden sei, weil er von den Medikamenten Halluzinationen bekam. Del hoffte nur, dass sein Cousin ein paar von den Pillen beiseitegeschafft hatte.
    »Scheiße, du rauchst doch gar nicht«, erwiderte Del. »Was würde denn Mr. Charles Atlas dazu sagen?«
    »Ach, den alten Charlie hab ich schon lange hinter mir gelassen«, sagte Randy. »Gib mir ’ne Kippe.«
    »Vielleicht wollen die ja nur, dass es dir besser geht«, sagte Del leise.
    »Scheiß drauf, ich bin ein toter Mann. Mein Herz ist so groß wie ein Football, haben die gesagt. Na komm schon, Delbert, gib mir eine verdammte Zigarette.« Del löste die oberen Fesseln und gab Randy seine Schachtel. »Pass auf die Tür auf«, sagte Randy. »Die eine Schwester ist ein echtes Miststück.«
    Del schaute zu, wie Randy abwechselnd an der Sauerstoffmaske und der Zigarette zog. »He«, meinte Del schließlich, »weißt du noch, das Buch, das ich damals die ganze Zeit gelesen habe? Dorcie und Cole und … Scheiße, hab den Namen vergessen.«
    »Holly«, sagte Randy. »Sie hieß Holly. Und war praktisch noch Jungfrau.«
    »Ja, stimmt. Himmel, ich fass es nicht, dass du noch ihren Namen weißt.«
    »Also, diese Dorcie war was Besonderes«, fuhr Randy fort. »Gott, wie sehr ich mir wünsche, ich wäre ihr begegnet, als ich beim Bankdrücken noch sechshundert geschafft habe. Die hätte ich in Stücke gerissen.«
    »Ach, Randy, das war doch nur ein Buch. Ich meine, diese Leute waren nicht echt oder so.«
    »Oh, da täuschst du dich, Mann«, entgegnete Randy. »Die waren echt. Echter als so manch anderer Scheiß zumindest. Ich denke immer noch an sie. Was sagt einem das?«
    »Und was ist mit dem alten Kerl?« flüsterte Del und beugte sich ein wenig zum Bett vor. »Denkst du auch noch an den?«
    »Himmel, Delbert, du tust so, als wenn das das Einzige wäre, was in deinem Leben jemals wirklich passiert ist. Scheiß auf den alten Penner. Er hat gekriegt, was er verdient hat, so seh ich das.«
    Del stand auf und ging im Zimmer hin und her.
    »He, wenn du schon stehst, gib mir doch mal das Magazin da«, sagte Randy. Del sah sich um und entdeckte auf dem Fensterbrett eine alte Ausgabe des
Ohio Bodybuilder
. Auf dem Cover war ein Bild von Randy. Del sah sich seinen Cousin auf dem vergilbten Foto an, das Siegerlächeln, die überall hervorquellenden Adern. Er reichte Randy, der gerade wieder an seiner Zigarette zog und hustete, das Magazin. Es hörte sich an, als würde ihm jemand mit einem Presslufthammer den Brustkorb aufreißen. Randy ließ die Zigarette neben die Sauerstoffmaske auf das Bett fallen. Sofort brach ein kleines Feuer aus. Als Del die Wasserkaraffe ergriff, winkte Randy ab. »Hau ab«, keuchte er. Del eilte zur Tür, drehte sich noch einmal um und sah, wie Randy das Magazin zerriss und die Flammen mit den Bildern seiner glorreichen Tage speiste.
    Del hatte das Gefühl, er könnte ewig so weiterleben. Das war ein tolles Gefühl, vor allem wenn man nicht lange zuvor gesehen hatte, wie sich der eigene Cousin mit einer Marlboro umgebracht hatte. Als das Fischstäbchen-Mädchen mit den Leibesübungen fertig war und atemlos an der Stange nach unten glitt, drückte er es hinter der Klotür auf die Knie. »Tu so, als würdest du es für Geld tun«, sagte er drängend und zog sich den Hosenschlitz auf.
    »Hier?«
    »Warum nicht?« fragte Del zurück. »Die Bude ist doch tot heute Nacht.«
    »Wie viel Geld?« fragte sie und setzte sich auf die Fersen.
    »Keine Ahnung. Genug, um sich einen Hotdog zu kaufen.«
    »Einen Hotdog?«
    »Nicht viel Geld, nur ein paar Münzen«, sagte Del und legte ihr die Hände auf die nassen Haare. Er schloss die Augen und glaubte, statt des leisen Rumpelns des Trockners das Meer vor Floridas Küste zu hören. Er atmete den feuchten Dunst des Waschsalons ein und dachte an Leos schimmligen Teppichboden. Er erinnerte sich an die Lampe in seinen schweißigen Händen, sah die Möwen, die eine weitere Runde um den Lampenschirm drehten. Das Fischstäbchen-Mädchen fuhr immer schneller mit seinem Gesicht gegen seinen Unterleib, und einen Augenblick lang war Del wieder fünfzehn. Er saß im Greyhound-Bus nach Florida und las das Kapitel in
Reds
, in dem Dorcie sich zum ersten Mal Barbiturate reinzieht. Randy saß neben ihm, spannte die Pektoralmuskeln an und forderte ihn auf, zu dem Kapitel vorzuspringen, in dem der schwarze Typ namens

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