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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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an.
    »Ist doch egal. Ich kann nicht mehr nach Hause, das ist alles, was ich weiß. Meine Ma würde mich umbringen.«
    »Was, denkst du, zahlen die Leute für so was?« fragte Randy.
    Leo öffnete ihnen in geblümter Badehose und alten Tennisschuhen, die vorne aufgeschnitten waren. Seine geschwollenen Füße sahen aus wie Seeigel. Er hauste in einem traurigen Motelzimmer mit schwarzen Teerabdrücken auf dem dreckigen Teppichboden und Sand in der Wanne. Es handelte sich genau um jene Art Absteige, zu der es Del später immer wieder hinzog und wo immer irgendetwas passierte, was im Nachhinein niemand mehr zugeben wollte.
    »Der da kann draußen warten«, sagte Leo und nickte in Dels Richtung.
    »Auf keinen Fall«, entgegnete Randy. »Ich bleib hier nicht allein.«
    »Was denn? Glaubst du vielleicht, ich beiß dir was ab? Oder knabber dran rum wie an ’nem kleinen Fischstäbchen?« sagte Leo und lachte. »Also gut. Dann soll er wenigstens in der Ecke stehen, damit ich seine Fresse nicht sehen muss, du kleines Angsthäschen, du.« Er gab Randy einen alten zerlesenen
Playboy
zum Durchblättern, während er sich zurechtmachte. Der
Playboy
war offenbar Leos Vorstellung von Vorspiel, aber irgendjemand hatte den nackten Frauen darin schon Spitzbärte gemalt.
    Während Leo im Bad war und mit Mundwasser gurgelte, befahl Randy Del, dem Penner eins über den Schädel zu ziehen, wenn er auch nur einen Blutstropfen sähe. »Du hast doch gehört, was er gesagt hat«, flüsterte Randy. »Scheiße, der könnte auch ein Kannibale sein, was wissen wir denn?« Er wies auf eine Lampe neben dem Bett, auf deren gelbem Schirm blaue Möwen herumflogen. Dann packte er Del bei den Schultern. »Versau’s nicht«, sagte er. Del ging hinüber und zog den Stecker der Lampe aus der Steckdose. Dann stellte er sich in die Ecke und lauschte dem Meer, das nur einen Block entfernt war. Er konnte kleine Kinder in der Strömung kreischen und Urlauber am Strand lachen hören. Die ganze Welt schien lauter zu sein an jenem Tag im Sea Breeze Motel.
    »Was denkst du?« fragte das Fischstäbchen-Mädchen. Sie hatte ihre Übungen beendet und wusch sich in einer der großen Metallwannen mit dem Rest von Dels Waschpulver die Haare. Sie trug einen Mittelscheitel und hatte sich die eine Seite pechschwarz und die andere platinblond gefärbt. Es sah so aus, als hätte sie zwei Köpfe.
    »Nichts«, antwortete Del und starrte hinaus auf das SUDS -Schild, das im Wind sanft hin und her schwang.
    »Was ist das denn für ’ne Antwort?« maulte sie. »Das sagst du immer.«
    »Na, dann frag eben nicht.« Jemand hatte mit zittrigem Finger
Ich arbeite auch für Dope
in den Dreck an der Scheibe geschrieben. Del wendete sich ab und dachte zufrieden, bei ihm würde es niemals so schlimm werden.
    Das Fischstäbchen-Mädchen drehte den Wasserhahn zu und drückte sich das Seifenwasser aus den Haaren. »Sweetie«, rief sie, »ich sag’s dir noch mal. Am besten, du gehst ins Henry J. Hamilton Rehabilitation Center. Ist zwar ’ne Menge Papierkram, aber ich kenne da ein paar Leute.«
    »Wie kommst du denn auf so ’nen Scheiß?« wollte Del wissen. Er kümmerte sich nicht um die überall herumhängenden Rauchverbotsschilder und zündete sich eine Zigarette an.
    »Weil du jemand bist, der sich gut in eine konstruktive Umgebung einfügen kann«, erklärte sie, und es hörte sich so an, als würde sie ein Gedicht vortragen. »Das fiel mir schon beim ersten Mal auf, als ich dich gesehen habe. Du solltest wenigstens den Test machen.«
    Del beschloss, nicht darauf einzugehen. »Ich muss andauernd an die Zeit denken, als Randy und ich nach Florida gefahren sind. Immer war ich hungrig, und es gab keine Arbeit, selbst wenn du Geld dafür hingelegt hättest.«
    »Du hast gearbeitet?« fragte sie ungläubig.
    »Das war eine ganz andere Welt damals.«
    »Ich hab noch ein paar Fischstäbchen«, sagte sie und griff in ihre große Tasche.
    »Tu das verdammte Zeug weg«, sagte Del. »Das ist schon fast dreißig Jahre her.«
    »Im Henry J. Hamilton Center hättest du jedenfalls nie Hunger«, fuhr sie fort. »Die haben Beschäftigungsprogramme, und Wanda kümmert sich um deine Sozialhilfe. Da gibt es sogar eine alte Lady, die die Wäsche macht. Wir könnten es uns da in diesem Augenblick vor der Glotze gemütlich machen. Ich gebe ihr immer ein Fischstäbchen als Trinkgeld.«
    »Hör mal, ich hab dir gesagt, ich will da nicht hin!« brüllte Del.
    »Wie du meinst. Und warum bist du nach Florida

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