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KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schalko
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wenn das Display aufleuchtete. Ganz sicher nichts. Er konnte sich das Klingeln sparen. Wenn Frau Kerbler noch immer in ihrem Haus war, dann hatte sie bestimmt nicht die Tür abgesperrt. Und der Täter? Es gab keinen Täter. Hätte der Täter den Schlüssel mitgenommen? Oder ihn einfach in den Garten geschmissen? Zur Tür gehen und die Klinke drücken. Fingerabdrücke und fünf registrierte Anrufe.
Aus der Sache kommen Sie nicht mehr heraus, Schober
. Die Tür stand offen. Die Schuhe waren tatsächlich ungeputzt. Der Spannteppich roch wie die Kerbler. Wann fing man an, so zu riechen? Die selbstgefertigten Stickbilder. Die angelehnte Mahagonitür. Das Glas Rotwein am Wohnzimmertisch. Der Gummibaum gehörte gegossen. Die beige Textiltapete. Der grüne Fauteuil. Der schlammfarbene Vorhang. Der Geruch der Kerbler hing im ganzen Haus. War es möglich, daraus eine Tatzeit zu errechnen? Es konnte keine Stunde her sein. Im Abstellraum nicht beschriftete Schachteln. Hier roch es nach alter Wäsche. Im Schlafzimmer waren die Jalousien heruntergelassen. Die violette Überdecke lag faltenfrei über dem unberührten Bett. Schlief sie links oder rechts? Im Schlafzimmer roch sie anders als im Wohnzimmer. Jakob setzte sich auf das Sofa. Spätestens wenn es hell wurde, musste sie zurück in ihre abgedunkelte Höhle. Er schloss die Augen. Die Müdigkeit zog ihn ins Dunkel. Bilder! Die Kerbler am Rohrbacher Marktplatz. Die Sonne drückte auf die Rohrbacher Menschenmasse. In Rohrbach war es so langweilig, dass der Rohrbacher für jedes Spektakel dankbar war. Man hatte über die Kerbler ein schwarzes Tuch geworfen, das erst weggezogen werden sollte, wenn die Sonne ihren Höchststand erreicht haben würde. Die Rohrbacher starrten abwechselnd auf die Kirchenuhr und die eingehüllte Kerbler. Würde sie schreiend zerschmelzen? Noch eine Minute. Der Geruch von Jakob vermengte sich mit dem der Kerbler. Bis zum Morgen hätte er ihn verdrängt.
Im ganzen Haus roch es nach Ihnen, Schober
. Jetzt wird es eng. Die Luft wurde von der Spurensicherung in kleine Plastiktüten abgepackt. Der Prozess musste schnell stattfinden, bevor sich das Beweismittel verflüchtigte. Ein seltsamer Fall. Mindestens so seltsam wie damals – Sie erinnern sich? –, als die zwei Rollstühle in nur dreihundert Metern Entfernung am Flussufer standen. Keine Leiche. Aber zwei idente Rollstühle. Wenn das nicht nach Fall roch. Nur, ohne Leiche kein Fall. Da konnte einem der richtige Riecher auch nicht weiterhelfen.
Aber jetzt haben wir die Luft. Und die wird Sie überführen, Schober. Da können Sie sich schlafend stellen, wie Sie wollen
.
    Nein, kein Zweifel, der Atem war flach. Er schlief wirklich. Seit zwei Tagen schlief er durch. Rita hätte längst den Arzt gerufen, wenn Hilde sie nicht daran gehindert hätte. Die Nerven, hatte sie gesagt, und Rita fragte sich, wann sie zum letzten Mal jemanden
Die Nerven
sagen gehört hatte. Ihre Mutter hatte den Vater einmal als nervenkrank bezeichnet. Dabei war er einfach nur unglücklich gewesen. Später hatte er sich scheiden lassen, um völlig hysterisch glücklich zu werden. Ritas Mutter hatte auch dieses Glück als Nervenkrankheit bezeichnet. Dass er ständig betonen musste, glücklich zu sein, diese gekünstelte Verliebtheit (Greta, 24), diese aufgekratzte Laune, aus allem immer noch das Positive herausschaben zu müssen, das alles seien eben Anzeichen einer Nervenkrankheit. Wenn sich das Glück so zu erkennen gebe, dachte Rita als Kind, müsse man sich ernsthaft überlegen, ob man ein solches überhaupt annehmen wolle. Lutz hingegen hatte nie Probleme mit den Nerven. Er war weder glücklich noch unglücklich, schien überhaupt keiner Witterung ausgesetzt, dieser ständige Wechsel der Gemütszustände, wenn einen jede kleinste Windböe ins Schwanken brachte, widerte ihn an, und so war es noch erstaunlicher, nein, überraschender, vielleicht sogar verblüffender, als vorgestern ein anderer Lutz, ein aufgelöster, zerriebener, fahriger, nervöser, gereizter Lutz, durch die Tür stürzte und sofort schlafen ging. Mitten in der Nacht stand er auf und wusch sich über eine Stunde lang. Dann wieder schlafen. Wieder waschen. Schlafen. Waschen. Schlafen. Waschen. Er schreckte auf, als es am nächsten Tag an der Tür läutete und Mutter, Vater, Kind vor ihm standen und sagten, sie brächten nach drei Monaten jetzt doch den Hund zurück. Welchen Hund, fragte Lutz, der schaute, als hätte man sein Gesicht die ganze Nacht mit einer

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