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KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schalko
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angenommen hätte, fragte sich Jakob, der allmählich zu begreifen begann, dass sie tatsächlich verschwunden war und dass man dies nicht tatenlos hinnehmen durfte, vor allem, weil die Aktenübergabe an die Mutter nicht funktioniert hatte und das Verschwinden der einen mit dem Verschwinden der anderen tatsächlich in Zusammenhang stehen konnte. Was denn seine Eltern gesagt hätten, fragte Rita, die in einem solchen Fall niemals ihre Mutter angerufen hätte, weil es kaum jemals half, als nervenkrank bezeichnet zu werden. Jakobs Eltern hingegen hatten ihre Köpfe geschüttelt, dabei fiel fünf Mal das Wort
Schauspielerin
, sieben Mal
Lektion
und je drei Mal
Rita, Person
und
Unfall
, wobei einmal die Beziehung insgesamt als Unfall bezeichnet wurde. Nicht nachtrauern. Nicht zusammengepasst. Nicht das Richtige. Nicht überbewerten. Nichts vormachen. Nicht überreagieren. Nicht die Polizei rufen. Jennifer war von Beginn an eine Negation. Konrad war nicht erreichbar. Und Rita hatte ihn dorthin gesetzt, wo normalerweise Lutz saß, der jetzt am Ende des Tisches saß. Jakob, der Lutz’ flächige Brustwarzen anstarrte und dabei an eine Düne in der Sahara dachte und darauf wartete, dass ihm jemand klar sagte, was jetzt zu tun sei, und nicht, was nicht zu tun sei, kein Kopfschütteln, kein Stirnrunzeln, sondern einen entschlossenen Griff an seine Schulter, spielte nervös mit seinen Fingern, was Rita schon immer enervierend gefunden hatte, und Lutz, der merkte, dass Jakob seine Brustwarzen anstarrte, aber nicht wusste, wie er sie verdecken sollte, sagte, dass es wohl das Gescheiteste sei, ein paar Tage zu warten, weil in solchen Fällen immer noch etwas passiere. Woher er das so genau wisse, fragte Rita, ob er in solchen Dingen besonders bewandert sei, und Lutz, der jetzt keine zweite Doktorhaselbrunnerdiskussion anzetteln wollte, versuchte sie zu beruhigen, was Rita noch mehr in Rage brachte, denn Lutz hatte in seinem beruhigenden Ton etwas Aufreibendes, Provozierendes, Überhebliches, Belehrendes, Durchschaubares, während Jakob noch immer mit seinen Fingern auf die Tischplatte trommelte, und Rita, die ihre Lippen zusammenpresste, weil sie dieses behämmerte Fingerwüten und diese Brustwarzen und dieser Blick und diese Stimme, die klang wie ein Tierwärter, der versuchte, einen Esel zu beruhigen, aus der Haut fahren ließen, diese Rita sagte seelenruhig, wenn er nichts Vernünftiges zur Lage beizutragen habe, sei es vermutlich besser, er würde sich wieder ins Bett legen, und Lutz, der die Fassung zwar schon vorgestern verloren hatte, also jetzt sozusagen ins Leere griff, schrie im Flüsterton, dass Rita wie immer wohl ganz genau Bescheid wisse, was jetzt das Richtige sei, das sei ja bekanntlich ihr Metier, das Richtige, aber natürlich solle man in jedem Fall die Polizei rufen, die habe ja sonst nichts zu tun, ob ihr eigentlich bewusst sei, wie viele Mordfälle im Jahr zu den Akten gelegt werden würden, nur weil die Polizei mit Nicht-Fällen ihre Arbeitszeit verschwende. Und da stand es plötzlich im Raum, das Wort, und es war ausgerechnet Lutz, der es dort hingestellt hatte.
Mord
. Jakob, Lutz und Rita. Knoi, Waks und Faha. Wer sagte es als Erstes?
    - Wenn sie verschwunden ist, dann müssen wir das melden.
    Rita sah beide Männer an. Diese flächigen Brustwarzen hatten einfach kein Ufer. Sie versuchte sich an Jakobs Brustwarzen zu erinnern. Sie waren klein, spitz, leicht erregbar und rundum behaart.
    - Du meinst, wenn sie ermordet wurde.
    Lutz’ Brustwarzen waren flach und ohne Struktur. Wie die Landschaft von Rohrbach, die eigentlich keine Fragen aufwarf. Rohrbach hatte keinen Anfang und kein Ende. Kein Geheimnis konnte sich in dieser Landschaft verbergen. Die Rohrbacher Umgebung war transparent. Eigentlich war es falsch, von einer Landschaft zu sprechen.
    - Warum sollte sie jemand ermorden?
    Lutz zuckte die Achseln. Niemand würde auf die Idee kommen, ihn zu verdächtigen. Schließlich hatte er das Thema auf den Tisch gebracht. Mord. Kein Täter kehrte je an den Tatort zurück. Ohne Leiche kein Mord. Hatte er tief genug gegraben? Was, wenn ein Hund die Leiche aufspürte? Gut, dass sie nicht sprechen konnten, diese Viecher.
    - Wo ist eigentlich Luise?
    Rita schüttelte den Kopf.
    - Wie kommst du jetzt auf Luise?
    - Wer ist Luise?
    - Unser fiktiver Hund, sagte Rita.
    Jakob vergrub seinen Kopf in den Händen.
    - Also, ich bin Zahnarzt und kein Kommissar, sagte Lutz.
    - Eben, fauchte Rita.
    - Aber es spricht doch Einiges

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