KNOI (German Edition)
aufsetzte, den auch Fernsehkommissare in solchen Situationen aufsetzen.
- Sie wussten davon?
- Indirekt.
- Es hat Ihnen nichts ausgemacht?
Jakob verzog das Gesicht.
- Was ist?
- Zahnweh.
Beide sahen Richtung Gang, von wo sich schüchtern barfüßige Schritte näherten. Jakob deutete dem Kommissar, nicht weiter von Lutz zu sprechen.
- Das ist seine Frau, sie weiß nichts davon.
Einen Moment später stand Rita im Vorzimmer. Sie trug einen rosa Slip und eines von Jakobs T-Shirts. Der Kommissar nickte ihr zu und sagte:
- Eifersuchtsdrama.
Jakob fiel auf, dass sich Rita ausgerechnet das hellblaue Shirt genommen hatte. Dann kam noch Branko dazu. Seine Schritte dürften geräuschlos gewesen sein, denn alle drei schreckten hoch.
- Mitbewohner?
Rita sah Jakob an, der Branko ansah, der Rita ansah, nur den Kommissar sah keiner an, was sich auch nach der Scheidung nicht geändert hatte. Jakob nickte und sagte:
- Branko arbeitet sonst in einem Stundenhotel.
Jakob wusste nicht, warum er das gesagt hatte. Schließlich wohnte Branko hier, damit Jakob selbst den Moment bestimmen konnte. Branko würde mit seiner Aussage Lutz sofort überführen. Rita würde das niemals verkraften. Da war auch Max. Sollte er ohne Vater aufwachsen? Schließlich gab es keine Leiche. Andererseits war Rita hierhergekommen und hatte ihn gefickt und geschlagen.
- Lutz ist ausgezogen, sagte Rita, die ebenfalls nicht wusste, warum sie das sagte. Er liebt jetzt Doktor Haselbrunner, sagte sie.
Branko verhielt sich still, um nicht zu riskieren, aus der Wohnung zu fliegen.
- Wegen Ihnen? deutete der Kommissar auf Jakob, der sofort abwinkte und dem Kommissar die Verhältnisse darlegte.
- Freunde also? Und der Kommissar fragte sich, wozu es gut sei, mit seiner Ex-Verlobten befreundet zu sein, schließlich mache man Schluss, um einander nicht mehr ertragen zu müssen. Er selbst könne sich keine Sekunde lang vorstellen, mit seiner Ex-Frau befreundet zu sein, auch wenn es in seinem Fall die Frau gewesen sei, die ihn nicht mehr ertragen habe. Aber befreundet, mit jemandem, von dem man wisse, dass er einen nicht ein Leben lang ertragen wollte, das sei ja völlig widersprüchlich, und warum solle man sich sonst trennen, als um sich aus irgendeiner Unerträglichkeit zu befreien, in die man sich mit einer Freundschaft gleich wieder hineinmanövrieren würde. Schädlicher konnte man kaum leben, dachte der Kommissar, lächelte Rita an und sagte:
- Schön, wenn das geht.
Dann schickte der Kommissar Jakob einen Blick, der ihm verdeutlichte, dass es hier nur zwei Verdächtige gab, ihn und Lutz. Einen solchen Blick sah man bei Fernsehkommissaren nie. Rita bemerkte diesen Blick, nur, ihr erzählte dieser Blick etwas anderes, nämlich dass Jakob und der Kommissar etwas vor ihr geheim hielten. Es hatte mit Jennifer zu tun. Deshalb war der Kommissar hier. Und da ihr Jakob nur dann etwas vorenthielt, wenn er fürchtete, es wäre ihr nicht zumutbar, war davon auszugehen, dass Lutz und Jennifer ein Verhältnis hatten. Jakob wiederum erkannte in Ritas Blick, was sie im Blick des Kommissars gelesen hatte, und sagte:
- Es könnte sein, dass Lutz Jennifer umgebracht hat.
Jakob sagte das zu Rita, die begann, ihre Hände zu umklammern und die Knie aneinander zu reiben.
- Warum sollte er?
- Das weiß ich nicht. Aber es könnte sein.
Dann erzählte Branko von Jennifer und Lutz im Stundenhotel. Nein, es sei zu keinem Wortwechsel mit Jennifer gekommen. Er könne also nicht mit Sicherheit sagen, ob sie zu diesem Zeitpunkt noch gelebt habe. Er habe ohnehin das Gefühl, dass nur er sie mit Fug und Recht für vermisst erklären dürfe. Dann sprach er sehr lange von seiner unerwiderten Liebe zu Jennifer, wobei ihn der Kommissar nicht unterbrach. Er brauchte seine Zeit, um alle Informationen zu ordnen. Manchmal geschahen Dinge, die selbst ihn überraschten. Er hatte sich schon um das Wochenende gebracht gefühlt, versunken in Akten, aber jetzt schien der Fall gelöst. Was ihn wiederum vor die Frage stellte, was er mit dem Wochenende sonst anfangen sollte. Nur eines sei zu bedenken, sagte er, es gebe keine Leiche. Und letztendlich keine Zeugen für einen Mord. So gesehen gebe es eine Lösung, aber keinen Fall.
- Ungewöhnlich, sagte der Kommissar.
SECHZEHN
Als der Kommissar erwachte, hatte er sich in Rita verliebt. Das war insofern erstaunlich, als er bei der gestrigen Begegnung überhaupt nichts empfunden hatte. Außer Misstrauen natürlich. Er wachte gegen neun Uhr auf,
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