Koala: Roman (German Edition)
schickte ihn nach Kew, einem ungeheizten Landsitz, weit weg von den neugierigen Blicken in Windsor, man entfernte Messer und Gabeln, band seine Beine an den Bettpfosten fest und spannte einen Gurt über seine Brust. Man wollte ihn brechen wie ein junges Pferd, das war die Kur, die man für ihn ausgesucht hatte. Wenn der König sein Opium verweigerte und nicht essen wollte, fesselte man ihn an einen Stuhl, den findige Ärzte hatten bauen lassen. Er nannte ihn seinen Krönungsthron, und damit der König endlich einmal sein Maul hielt, stopfte man es ihm mit einem Knebel und stellte ihn ruhig, ein Privileg, das dem Sergeanten Clark nicht vergönnt war.
Gott warf seinen Soldaten zum Dienst zurück auf das Deck, wo die Disziplin längst verloren war. Sie kehrte nur an jenen Tagen zurück, an denen die Elenden zu erschöpft waren, um aufzubegehren. Die Weite des Ozeans zermürbte sie, die Weite draußen und die Enge innen. Am schlimmsten war es unter Deck, wo die Verbannten in ihren Löchern lagen. Man ließ sie nur gelegentlich an die frische Luft, und schon ohne diese hundert zusätzlichen Leiber war es eng. Die Mannschaft, die das Schiff in Schwung hielt, die Subalternen, die die Befehle weitergaben, die Offiziere, die den Kurs bestimmten. Dazu kamen der Arzt, die Ingenieure, die Weiber und schließlich die Bälger jener Offiziere, die dafür das Bedürfnis und die Erlaubnis hatten. Man stand sich auf den Füßen, auf einem Schiff, so groß, dass man über seine Breite spucken konnte.
Eines Morgens fand man bei der Mannschaft vier Frauen. Man legte die Weiber in Fesseln, sperrte Hände und Füße in Eisen, und eine, die nicht Ruhe gab, brachte man auf die ›Lady Penrhyn‹, wo man ihr einhundertzwanzig Hiebe verpasste. Clark fand die Behandlung zu milde, er hätte lieber alle vier bluten sehen. Er hatte Zahnschmerzen und seine Alicia geküsst, einhundert Mal, es war schließlich Sonntag. Er taumelte zwischen Hass und Delirium. Er fürchtete den Tag, und er fürchtete die Nacht, es wurde ihm dasselbe. Die Nachtgestalten blieben nicht im Dunkeln, und wenn der Morgen anbrach, verschleierten sie den Blick des Soldaten auf seinem Gang über Deck, strichen wie nasse Tücher über seine Haut, wenn er mit dem Rücken zur Reling stand und sich hastig nach dieser Berührung umdrehte. Die weite Dünung starrte ihm ins Gesicht.
Sie hielten Kurs, aber sie waren nie sicher vor Erscheinungen. In seichtem Gewässer trieb der Brauntang wie verlorenes Haar.
Auf der ›Alexander‹ krepierten fünfzehn am Fieber. Man hörte, das faule Leckwasser sei vergiftet und verpeste das Schiff.
Am achtzehnten beschuldigte Elisabeth Bowkins den Schiffsarzt, sie mit unflätigen Worten bedrängt zu haben, und als der Captain eine Untersuchung einsetzte, fand er keine Hinweise für die Schuld des Arztes und ließ die Frau in Eisen legen. Da begann Elisabeth unerhört zu fluchen, forderte Captain Meredith auf, ihre Fotze zu lecken, weil er nämlich kein Mensch, sondern die dreckigste Kreatur unter dem Himmel sei. Die Frau erhielt einhundertzwanzig Hiebe, und unter den Augen Clarks kettete man sie auf Deck an eine Pumpe, wo man sie für die nächste Zeit liegen ließ.
In Kapstadt, endlich, trieb man die Frauen auf die ›Lady Penrhyn‹ und brachte sechzig Schafe an Bord, Passagiere, denen Clark eindeutig den Vorzug gab.
An einem Freitagmorgen im Januar fanden sie die Bucht, die Captain Cook in seinem Bericht beschrieben hatte, Botany Bay. Sie legten Anker, stiegen in die Boote und setzten an Land über. Auf den ersten Blick machte das Land einen fruchtbaren Eindruck, hohe, lichte Bäume, die bis ans Wasser reichten, dazwischen saftiges Grün. Aber das Gras dort war hart und zäh wie Stroh, kein Futter für ihre Tiere, die Bäume faserig, hohl, zum Bauen ungeeignet und nur als Brennholz zu brauchen. Der Boden bis drei Fuß tief schwarzer Sand, unter der Regentschaft von zehengroßen Ameisen.
Weiter nördlich fanden sie eine Stelle, wo die Erde fetter schien, es gab einen Fluss mit klarem Wasser, dort, so entschied der Gouverneur, wollten sie ihr Glück versuchen. Sie hissten den Union Jack, feuerten einige Salven in den Himmel, tranken auf die Gesundheit des Königs und seiner Familie und nahmen das Land in den Besitz der Krone.
Es heißt, sie hätten an jenem Tag, an dem sie die Verdammten an Land brachten, die Schiffskojen untersucht, doch nur Unrat und kein Diebesgut gefunden, danach, um fünf Uhr morgens, begannen sie mit der Verfrachtung
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