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Koala: Roman (German Edition)

Koala: Roman (German Edition)

Titel: Koala: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Bärfuss
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Liebe, das uns zu schenken du so gnädig warst. Beschütze das Kind und nimm dich seiner an auf all seinen Wegen, geliebter Jesus, was würde ich darum geben, an diesem Tag bei ihr zu sein. Himmlische Frau, beste Gattin, die ehrlichste Freundin, zärtlichste Mutter, ohnegleichen. Keine zärtlicher, keine schöner, lieblicher, keiner glücklicher als ich, nie wieder, wenn es dem Allmächtigen gefällt, mich wieder nach Hause zu bringen, will ich je wieder von ihr gehen. Liebste Frau, ich kannte deinen Wert nicht, ich hätte niemals wegfahren dürfen für eine so lange Zeit. O wie sehne ich mich danach, meine Geliebte in die Arme zu schließen und den schönen kleinen Sohn. O süßes Kind, was würde dein Vater für einen Kuss geben von deiner Mutter und von dir. Ich meine ihn schreien zu hören – Papa, Papa –, wenn ich meinen Hut nehme, um nach draußen zu gehen – liebe süße Musik für meine armen Ohren. Mir bleibt nur, Alicias Bild zu küssen, mein einziges Glück, und die Locke unseres Kindes, die sie mir gab. Nicht für eines Kapitäns Posten werde ich sie je wieder verlassen, denn ohne meine Liebsten bin ich der Unglücklichste unter allen Lebenden.
    Clark rettete sich in die Abenddämmerung, die Nacht gönnte ihm etwas Ruhe. Doch als der nächste Morgen graute, stieg ein Wind auf, und Clark wurde weggetragen. Weit draußen rief er mit einem Wimmern den Herrn an. Der Sergeant winselte um Erlösung von der Sehnsucht, er bat um Beistand für die ferne Frau und das Kind, mochten sie gesund und am Leben bleiben, bis er zurückkommen würde von seiner Reise ans andere Ende der Welt.
    Clark war nicht alleine in seinem Delirium, es schien, als habe jeden, der mit dieser Unternehmung verbunden war, der Wahnsinn gepackt, selbst der König, der diese Sache angezettelt hatte, begann an Unwohlsein zu leiden. Er stellte eine wachsende Unruhe fest, und eines Morgens wand er sich in Krämpfen. Man fand seinen Rücken von einem Ausschlag übersät, als hätte man ihn ausgepeitscht. Das Weiß in seinen Augen nahm die Farbe von Zitronen an, der Urin war dunkel, die Füße angeschwollen. Man versuchte, die Unpässlichkeit vor dem Volk zu verbergen, und nachdem für einige Tage Besserung zu vermelden und der König nach Windsor zurückgekehrt war, begann sein Puls zu überdrehen, die Stimme des Königs wurde heiser und überschlug sich. Musik ertrug er nicht. Er sprach ohne Punkt und Komma. Er hatte den Drang, unentwegt zu reden. Er benötigte plötzlich einen Stock, und er wusste, er würde verrückt werden. Im Park begrüßte er die älteste der Eichen als Seine Majestät, den König von Preußen, schüttelte zum Gruß einen herabhängenden Ast und erging sich mit seinem königlichen Gegenüber in der Erörterung politischer Fragen. Dabei sprach er sanft und freundlich, und ein Diener, der dabeistand, war gerührt, als der König noch im Wahnsinn seine Loyalität bewies und die Rechte der protestantischen Kirche verteidigte.
    Die Gattin, Charlotte, fand seine Augen in den Farben schwarzer Johannisbeeren, und er wurde mit jedem Tag ungehaltener. Mitten in der Nacht schreckte er aus dem Schlaf, von großem Zorn und Ärger gepackt, er stand auf, irrte im Gemach umher und hielt den entsetzten Ärzten, Dienern und der Liebsten eine Rede, eine Stunde sprach er, ohne Luft zu holen, bevor er erschöpft verstummte oder weiter in einer Unruhe gefangen blieb, die ihn zu einem Hofgang zwang. Er lobte sich für das Verhältnis, das er mit Lady Pembroke eingegangen sei, einer galanten Großmutter auf der falschen Seite der fünfzig, und Seine Majestät war ferner der Ansicht, die Institution der Ehe werde bald verboten werden.
    Durch sein Teleskop war es ihm möglich, die Stadt Hannover zu sehen, und er sorgte sich um Papiere, die er in London zurückgelassen hatte, das in der Zwischenzeit, so unterrichtete er die Anwesenden, von einer Flut überrascht und überschwemmt worden sei. Trotz allem vergaß er seine Pflichten nicht und erteilte weiter Befehle, auch wenn die Empfänger gelegentlich nur in seinem Kopf existierten. Bis zum neunzehnten November ließ er den Bart stehen, dann erteilte er dem Barbier die Erlaubnis zur Rasur, allerdings nur für die eine Seite. Bis er zusätzliche Freiheitsrechte erhielt, so teilte er mit, müsse seine linke Wange behaart bleiben.
    Es war Dr. Warren, der die Aufgabe übernahm, ihrer Majestät zu erklären, dass sie den Verstand verloren habe und Hilfe brauche, Hilfe in Form einer Zwangsjacke. Man

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