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Koala: Roman (German Edition)

Koala: Roman (German Edition)

Titel: Koala: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Bärfuss
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brachte, schlug Clark den Namen vor, und nur deshalb lässt sich vermuten, dass noch etwas in ihm an der alten Heimat, am vergangenen Leben hing, das Mädchen sollte nämlich Alicia heißen.
    Vierzehn Jahre also, bevor ein Weißer zum ersten Mal seiner habhaft wurde und die Möglichkeit bekam, das Tier zu studieren und ein anderes Prinzip zu den Möglichkeiten der Existenz hinzuzufügen. Das war jenseits einer Siedlung mit Namen Parramatta, an einem heißen Tag im November, und der Mann, der die beiden Füße erstand und sie in Spiritus legte, hieß Francis Barrallier, ein Franzose, Überlebender der Kanonade von Toulon, danach als Marine-Ingenieur in englischen Diensten, Adjutant des Gouverneurs der neuen Kolonie, pflichtbewusst, von seinen Vorgesetzten für seine Zuverlässigkeit gelobt, ausgesandt, eine Passage zu den Blue Mountains zu finden.
    Am sechsten November nachmittags hatten sie den Nepean überquert, bei einer Siedlung, die von den Eingeborenen Binhény genannt wurde. Sie spannten die Ochsen aus und trugen den Proviant, das Schanzwerkzeug und schließlich den Wagen selbst an das andere Ufer. Zehn Männer, sechs davon in Uniform, drei Verdammte, die man mitgenommen hatte, um die Drecksarbeit zu erledigen, dazu ein Eingeborener, Gogy, ein Mann aus den Bergen, der den Franzosen schon auf der ersten Expedition in diese Gegend begleitet hatte. Er sollte ihnen als Fährtenleser dienen, aber Gogy hatte darauf bestanden, seine Frau und seinen Sohn mitzunehmen. Der Kavalier hatte versucht, es ihm auszureden, ohne Erfolg, und weil er glaubte, nicht auf den Mann verzichten zu können, hatte er schließlich eingewilligt.
    Er hieß die Männer vorsichtig voranzugehen, er hatte vom Treibsand am Grund des Flusses gehört. Wie die meisten Berichte über dieses Gebiet entpuppte sich auch das als leeres Gerede, sie erreichten sicher das andere Ufer, und doch hatte Barrallier das Gefühl, dass mit jedem Schritt der Grund unsicherer wurde, er tiefer in diesem Land versank und sich in seinen Geschichten verstrickte.
    Über ihnen ein bewölkter Himmel, das Thermometer zeigte 26 Grad.
    Gegen Abend erreichten sie einen Sumpf, wo sie fette, armlange Aale fanden. Barrallier fühlte sich matt und erschöpft, doch nachdem sie das Lager für die Nacht errichtet hatten, raffte er sich auf und erkundete das Ufer des Sumpfes. Er fand Muscheln, wie er sie noch nie gesehen hatte.
    Am nächsten Tag schossen sie bei Carabeely ein Känguru. Zwei Verurteilte nahmen das Tier aus und brieten es über einem Feuer, das sie aus losem Reisig errichteten.
    Die Hitze war jetzt unerträglich.
    Barrallier ließ die Männer bis vier Uhr nachmittags rasten und machte sich alleine auf, die Gegend zu erkunden. Er kam nicht weit. In einem Busch saßen zwei Eingeborene, die ihn anstarrten. Einer von ihnen wollte fliehen, der andere redete auf den ersten ein, damit er sich beruhigte.
    Der eine hieß Bungin, so erfuhr Barrallier, der andere, ein Einäugiger, Wogglemai. Gogy, Barralliers Fährtensucher, kannte ihn, er hatte ihn in Parramatta und in Prospect Hill gesehen, er stammte aus dem Süden und war auf der Flucht. Sein Bruder Goonboole, ein berühmter Anführer und Schrecken des Landes, hatte sich bei einem Sturz von einem Baum das Genick gebrochen, Bungin war nun ohne Schutz und fürchtete die Rache jener, die sein Bruder verfolgt und gequält hatte.
    Barrallier überließ ihnen den Schädel des Kängurus, über den sie sich gleich hermachten. Er wusste, dass er sie besser zurückgelassen hätte, aber er wurde seinen Glauben an die Vernunft nicht los, dachte, die beiden könnten, weil niemand ein Land besser kennt als jener, der sich verstecken muss, noch von Nutzen sein.
    Das Land zwischen Binhény und Carabeely öffnete sich gegen Süden hin, die Hügel erstreckten sich in dieselbe Richtung, der eine ging fast unmerklich in den andern über, und Barrallier stand lange da und konnte den Blick nicht lösen.
    Der Boden war schlecht, lehmig, Schwemmland. Ein heißer Wind wehte von Norden.
    Am nächsten Tag stießen sie auf einen Fluss, dessen Ufer beinahe überhängend war. Die Männer fanden eine Furt, sie spannten die Ochsen aus und trugen den Wagen wie tags zuvor auf die andere Seite.
    Bis mittags zogen sie weiter, dann gab Barrallier den Befehl zur Rast. Die Verurteilten kümmerten sich um das Feuer und das Essen; Gogy und Bungin machten sich über die Reissuppe und das gepökelte Schweinefleisch her, nur Wogglemai verschmähte alles und briet sich

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