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Koala: Roman (German Edition)

Koala: Roman (German Edition)

Titel: Koala: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Bärfuss
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aber er hatte das Gefühl, es könnte etwas mit seinem Fährtensucher zu tun haben. Die Blicke, die man Gogy zuwarf, gefielen ihm nicht, und als das Fleisch verteilt wurde, erhielt jeder sein Stück, nur Gogy ging leer aus. Die Männer aßen stumm, und keiner wagte, ihm etwas abzugeben. Barrallier wandte sich an seinen Fährtensucher und wollte wissen, was hier vor sich ging, aber Gogy schüttelte den Kopf und verlangte nur, auf der Stelle von hier aufzubrechen, sein Leben hänge davon ab. Wenn sie die Nacht hier verbrachten, würde das seine letzte sein. Barrallier redete auf ihn ein, meinte, er habe nichts zu befürchten, aber er sei bereit, das Lager in einiger Entfernung zu errichten und einen anderen Weg zurück zum Depot einzuschlagen, um Goondel auszuweichen. All dies beruhigte Gogy nicht, und als Barrallier auf ihn eindrang und wissen wollte, was er befürchte, erzählte er von einem Verbrechen, das er an seinem Stamm begangen habe. Er sagte nicht, was es gewesen war, aber er habe danach fliehen müssen und schließlich bei diesem Goondel Schutz gefunden. Dort habe er gelebt, mit seinen Leuten gejagt und die Beute geteilt, bis genug Zeit verstrichen war und er es wagen konnte, zu seinen Leuten zurückzukehren. Sie schienen die Sache, was immer es gewesen sein mochte, vergessen zu haben, jedenfalls verlor keiner ein Wort darüber, und man ließ den Heimgekehrten in Ruhe. Als die Männer allerdings eines Tages eine junge Frau aufgriffen, die sich als Goondels Schwester entpuppte, nahmen sie das Mädchen gefangen, banden es an einen Baum und folterten es zu Tode. Die Männer hätten sie aufgegessen, behauptete Gogy, und es sei sicher, dass Goondel sich dafür an ihm rächen wolle. Barrallier hatte keine Ahnung, was an dieser Geschichte wahr sein könnte, aber die Feindseligkeit, die in der Luft lag, bewog ihn, von diesem Ort aufzubrechen. Er entschloss sich, den Weg zurück zum Depot anzutreten, die Vorräte aufzufüllen und danach einen neuen Versuch zu starten. Er war wütend auf Gogy, machte sich über ihn lustig und schalt ihn einen Feigling.
    Bungin wollte bleiben, und wenn Barrallier das Gerede richtig verstanden hatte, mit Goondel eine Frau suchen, die dieser Bungin versprochen hatte. Sie war weggelaufen, hinein in die Wildnis, und der Franzose war froh, wenigstens einen unnützen Esser los zu sein.
    Sie waren noch nicht lange unterwegs, als sie Mootik und einige seiner Männer bemerkten, keine zweihundert Meter hinter ihnen und offensichtlich bewaffnet, die Speere bereits in die Whamharha gelegt. Die Männer wurden unruhig, Barrallier gab den Befehl, den Verfolgern keine Beachtung zu schenken und weiterzuziehen, nur Gogy blieb immer wieder stehen und beobachtete jede ihrer Bewegungen mit größter Aufmerksamkeit. Er starrte in die Finsternis, murmelte wirres Zeug. Der Eingeborene war davon überzeugt, Mootik würde sie alle erschlagen. Die anderen Männer schimpften ihn einen Feigling und meinten, er habe den Verstand verloren, was Barrallier für möglich hielt.
    Sie gingen durch die Dunkelheit, Barrallier hatte keine Ahnung, ob die Richtung stimmte, er folgte einfach seinem Vordermann und hoffte nur, jemand kenne den Weg. Irgendwann schienen die Verfolger sie verloren zu haben, und sie kamen an den Ort, an dem sie die Nacht zuvor verbracht hatten. Dort ruhten sie ein paar Stunden. Am nächsten Morgen fanden sie sich in dichten Nebel gehüllt, und zu allem Unglück hörten sie in der Wildnis die Rufe eines Eingeborenen. Es war Bungin, der aber keine Frau, sondern einen Knaben von vielleicht sechs oder sieben Jahren bei sich hatte. Ohne eine Frage zu stellen, schlossen die beiden sich dem Trupp an, und Barrallier fand ein weiteres Mal den Mut nicht, sie wegzuweisen. Der Junge, so behauptete Bungin, habe weder Vater noch Mutter und würde ohne ihn verhungern, weil Goondel und seine Leute den Knaben verstoßen hatten. Die ganze Nacht hatten sie nach Barrallier und seinem Trupp gesucht, bis sie gegen Morgen schließlich ihr Feuer entdeckten. Der Junge weinte, erschöpft und hungrig, Bungin hatte nichts als ein Opossum, das sie untereinander teilen mussten, und Barrallier, sich für sein Mitgefühl verfluchend, ließ den beiden Reis geben.
    Als sie satt waren, behauptete Bungin, eine Abkürzung zu kennen, und prahlte, wenn er sie führe, würden sie das Depot noch vor Sonnenuntergang erreichen. Die Männer schauten ihren Anführer an, Barrallier zögerte, aber er hatte sich zu tief in die Intrigen und

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