Kobra
und teilt mir jetzt die Ergebnisse mit. Ich benötige detaillierte Auskünfte über die Bewegung des Morphins und der Drogen, über entdeckte neue geheime Laboratorien, gefasste Schmuggler. Wichtig sind für mich auch die neuen Kanäle, ein bisschen aus den Lebensläufen bekannter Schmuggler, Fahrpläne von Schiffen und Fliegern im Nahen Osten: Beirut, Damaskus, Istanbul.
In letzter Zeit ist keine geschmuggelte Droge sichergestellt worden, es sieht so aus, als würden auch die Verbindungen nicht funktionieren. Auf dem Flughafen von Damaskus ist eine Maschine der „El Saud“ verunglückt, dreiundzwanzig Tote. Eine Schießerei auf dem Flughafen von Beirut – ein Mann unbekannter Identität erschossen. Ein Streik hat vorgestern den Flughafen von Istanbul für einen Tag lahmgelegt.
Ich notiere mir dies und das von den Angaben und füge es zu meiner Patience.
Als Gegenleistung haben wir dem Agenten im Ausland auch etwas mitzuteilen. Durch Frankreich führen zwei der internationalen Kanäle für Drogenschmuggel. Paris ist so etwas wie ein Schnittpunkt zweier Wege. Der eine führt vom Nahen Osten über Istanbul nach Hamburg und Amsterdam und von dort nach Toronto und New York, der andere über Athen und von Paris aus weiter in die skandinavischen Länder. In Reims haben wir erst vor einem Monat sechzig Kilogramm Drogen entdeckt, in den Türen eines Autos versteckt, das in die Bundesrepublik fuhr. Im doppelten Boden eines Koffers, der bescheiden durch den Zoll auf dem Flughafen von Paris ging, fanden wir drei Kilo von diesem modernen Gift. Wir haben das Ehepaar festgenommen, das Morphin in der großen Puppe seiner kleinen Tochter transportierte. Unsere Grenzbehörden sind sich im Klaren – Drogen werden in der Unterwelt wie Gold geschätzt, weil es sich sofort zu Gold machen lässt.
Ich ordne abermals die Patience und merke, dass in meinem Bewusstsein ein Gedanke entsteht – ein interessanter, doch noch nicht ausgereifter. Die Flughäfen. Warum ist gerade die Fenner von der Amira Air ermordet worden? Es ist klar, dass sie zum Schmuggelkanal für Drogen gehört hat, aber was hat sie mehr gewusst als andere? Wodurch hat sie sich von den anderen unterschieden? Sie war für jemanden eine Bedrohung, und der hat sie schleunigst beseitigt. Eine Bedrohung. Wodurch? Durch eben das, was auch ihren Tod herbeigeführt hat.
Hat die Fenner den toten Delacroix gekannt? Sicher. Die Fenner, Neumann und Delacroix sind Glieder einer Kette. Von ihnen ist nur noch Neumann am Leben! Ich verspüre das unüberwindliche Verlangen, sofort einen Haftbefehl für ihn auszuschreiben und ihn zum Minister zu bringen, bezwinge mich aber. Noch ein, zwei Stunden, bis Sophie die Nachforschungen an den Taxiständen beendet hat. Wenn Neumann für gestern kein Alibi hat. Und inwieweit haben eigentlich die übrigen von der „kleinen Etage“ ein sicheres Alibi?
Frau Nilsson mit ihrem betagten Bekannten.
Es war keine große Mühe, ich weiß schon, wer er ist. Alain Renoso, vierundsechzig Jahre, ehemaliger Kaufmann und Firmenvertreter. Die Jüngeren werden diesen Namen nicht einmal gehört haben, aber ich erinnere mich noch an das Wein-Kontor. Es befand sich an der Stelle, wo jetzt die östliche Ecke des „la Grande Arche de la Defense“ ist. Ein großes Einkaufszentrum. Deutsche Technik wie Videoplayer, Radios von Blaupunkt, schwedische Nähmaschinen Huskvarna, Schweizer Uhren Zenith. Durch diese Passagen ist Geld gegangen, viel Geld!
Der Vater von Frau Nilsson hat tatsächlich eine Zeit lang als Vertreter von Huskvarna hier gearbeitet, und sie hatten Verbindung zu Renoso. Nicht verwunderlich also, dass der alte Kaufmann die Tochter eingeladen hat, die damals ein Mädchen von fünfzehn, sechzehn Jahren war. Kann auch sein, ich täusche mich in ihrem Alter – das ist eine irrationale Größe, doch der Kaufmann Renoso ist eine rationale Größe, wenn auch nur noch eine bescheidene. Einerlei – mit Renoso oder ohne ihn, Frau Nilsson hat ein unerschütterliches Alibi.
Das Ehepaar Poletti ebenfalls. Sie waren zu einem Abendessen und sind, erschöpft von den endlosen Cocktails und dem gedrängt vollen Programm, schlafen gegangen. Sie haben ihr Zimmer danach nicht mehr verlassen, zumindest hat sie niemand herauskommen sehen.
Claude Moliére war bei seiner Frau. Ich muss mich über sie wundern. Warum tun sie sich nicht wieder zusammen? Freilich, ein bisschen merkwürdig ist es schon, eine Frau wieder zu heiraten, nachdem man sich von ihr hat
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