Koch zum Frühstück (German Edition)
verständnislos gefragt und ein Friséeblatt an den richtigen Platz gelegt.
»Am besten erklärst du ihr das auch gleich für den Weihnachtsmann. Wer braucht schon Illusionen?«
»Gibt es den Weihnachtsmann etwa auch nicht?« Stella klang entsetzt.
»Doch, natürlich«, hat er im Brustton der Überzeugung erklärt. »Natürlich gibt es den Weihnachtsmann. David weiß das nur nicht richtig.«
Ein paar Tage später hat, in Ermangelung des nichtexistenten Osterhasen, der DHL-Mann einen rosafarbenen Albtraum in einem ‚mytoys‘ -Karton gebracht.
»Viel Spaß!«, hab ich gefeixt, als sie mich erst umarmt, zu sich runter gezogen und auf die Wange geküsst hat, bevor sie euphorisch um den offenen Karton gehüpft ist, während er die Stützräder, die beiden Pedale und den Helm, den ich zur Sicherheit mitbestellt hatte, zutage gefördert hat.
Er hat das Teil dann tatsächlich montiert und ziemlich viel mit ihr geübt. Angeblich nur unten vor dem Haus, aber ich könnte schwören, der Kratzer an der Kommode im Eingangsbereich war vorher noch nicht da. Zufall, dass er exakt auf Höhe des Lenkers ist…
Mittlerweile hat er die Stützräder abmontiert und gestern hat sie mich so lange genervt, bis wir fast den ganzen Vormittag geübt haben. Und eigentlich war's cool, als ich dann den Gepäckträger losgelassen hab' und sie alleine gefahren ist.
Es ist komisch, irgendwie war ich stolz auf sie und hab' mich gefragt, ob meine Mutter es noch auf mich war, als ich Radfahren gelernt hab'. Bevor man auf mich nicht mehr stolz sein konnte, weil ich ja die Schwuchtel war. Ich weiß gar nicht mehr, ob sie es war, die es mir beigebracht hat. Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich hoffe, ich hab' die Erinnerung an die schönen Sachen einfach nur vergessen.
Sie ist noch ein bisschen wackelig, aber sie wird es definitiv schaffen, bevor sie in die Schule kommt. Wobei noch nicht sicher ist, ob sie wirklich schon in die Schule gehen wird. Allerdings meinte Frau Schroth, aktuell spräche nichts dagegen, dass sie altersentsprechend eingeschult werden kann.
Der Kindergarten tut ihr gut. Sie ist offener geworden. Und fröhlicher. Insgesamt hat sie Stellas Entwicklung bei unserem Gespräch neulich sehr positiv bewertet. Und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass das Vormundschaftsgericht zu meinen Gunsten entscheidet und ich sie nach Ablauf der Adoptionspflege tatsächlich auch als Einzelperson adoptieren kann.
Wozu ein paar einigermaßen gelungene Moelleux au chocolat doch gut sind.
»Los, komm endlich, du Trödel-David!«, ruft sie mich grade. Sie ist schon einen Treppenabsatz weiter oben. Aber sie trägt ja auch kein dämliches, rosa Fahrrad mit einer ‚Hello-Kitty‘ -Hupe am Lenker. Hat er ihr, zusammen mit einem Paar passender Fahrradhandschuhe geschenkt, wodurch er zu ihrem Lieblings-Flori aufgestiegen ist. Aber das war er auch schon vorher… und meiner auch…
Shit. Ich sollte weniger an ihn denken.
Seit einer Woche ist er wieder zurück bei seinem Kerl. Und mir fällt's auch jetzt noch schwer, an ihrer Wohnungstür vorbeizugehen. Weil ich ihn immer noch vermisse. Und ich die Phase, in der es aufhört, weh zu tun, definitiv noch nicht erreicht hab'.
Ein bisschen kommt es mir jedes Mal so vor, als würde das beschissene, goldene Klingelschild mich auslachen. Und einmal bin ich kurz davor gewesen, auf den Knopf daneben zu drücken. Allerdings konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich mit ihm reden oder ihm lieber eine reinhauen soll.
Also hab' ich's gelassen. Hab‘ mich zusammengerissen und bin mit dem schlafenden Kind auf dem Arm vorbei geschlichen. Sie fragt nach ihm, wenn sie wach ist, und ich erkläre ihr dann, dass er trotzdem noch ihr Freund ist, obwohl er uns nicht mehr besuchen kommt.
Ich bin nicht sicher, ob sie's wirklich versteht. Vielleicht sollte ich Nina fragen, ob sie mal mit ihr zu ihm rüber geht.
»Hallo!« Anscheinend hat Nina ihr oben schon die Tür aufgemacht.
»Hallo!«, höre ich eine Männerstimme und erstarre für einen Moment. Denn es ist nicht Flos und da die Sache mit Ninas Facebook -Kerl schon wieder Geschichte ist, gibt es nicht viele Möglichkeiten, zu wem diese Stimme gehört.
Shit! Einen Augenblick denke ich drüber nach, ob ich einfach stehen bleiben soll, bis er wieder in seiner Wohnung verschwindet, aber vermutlich ist er auf dem Weg nach unten und wird mir sowieso entgegen kommen. Keine Chance also. Und es war abzusehen, dass ich ihm oder Flo irgendwann mal über den Weg laufen würde.
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