Koch zum Frühstück (German Edition)
gesehen und…«, versuche ich mich rauszureden. Dabei war er eigentlich laut Internet-Lebenslauf bis auf einen kleinen Abstecher in Paris, ein Jahr in London und zwei im Schwarzwald durchgehend hier. Aber das wird sie wohl kaum so schnell rausfinden. Und darum geht es ja auch nicht.
»Jedenfalls hat deiner Mama zum Beispiel nicht so gut gefallen, dass David keine Frau hat.«
»Wieso hat der David denn keine Frau?«
»Na ja, weil… David lieber Männer mag«, erkläre ich. »Weißt du, die meisten Männer mögen Frauen, aber nicht alle. Manche mögen eben lieber Männer… und manche Frauen mögen dafür lieber Frauen. Ich mag auch lieber Männer. Ich wohne mit meinem Freund zusammen. Er heißt Dirk.«
»Ist der Michael dann dem David sein Freund?«, schlussfolgert sie scharfsinnig.
»Genau«, bestätige ich. »Michael ist Davids Freund.« Jedenfalls war er's bis vor kurzem. Und ich weiß nicht, ob sie was von der Trennung mitbekommen hat.
»Aber der Michael ist gar nicht mehr da. Heute Morgen ist er mit einem anderen Mann weggegangen. Und mit ganz vielen Kisten. Und der David hat noch mit ihm gestritten.«
Okay, sie hat es mitbekommen, hätt' ich mir ja eigentlich denken können.
***
»Flori?«
»Hm?« Mittlerweile sitzen wir nebeneinander auf Barhockern am Küchenblock und sie malt mit einer ganzen Armada an Stiften, die er ihr wohl gekauft hat, ein Bild für ihn. Mit Hingabe malt sie ein Herz aus, damit er nicht mehr so traurig ist, denn ich hab' ihr, der Einfachheit halber, erklärt, dass David traurig ist, weil Michael weg ist. Und wenn er nachher nicht wenigstens so tut, als würde er sich über ihr Kunstwerk freuen, dann trete ich ihm in den Arsch.
»Schläfst du mit deinem Freund in einem Bett?«, will sie wissen.
»Ja«, sage ich ein bisschen überrascht. Ich habe eigentlich gehofft, dieses Thema sei durch.
»Weil, der David hat nämlich auch mit dem Michael in einem Bett geschlafen, bevor ich zu ihm gekommen bin.« Sie verzieht ein bisschen das Gesicht.
»Oh, weißt du, wenn man jemanden sehr gerne hat, dann schläft man meistens zusammen in einem Bett. Weil es schön ist, wenn man unter der Decke liegt und sich aneinander kuscheln kann und…« Ich glaube, ich sollte besser nicht allzu sehr ins Detail gehen.
»Auch Jungs und Jungs?«, fragt sie nach.
»Ja, auch… Jungs und Jungs.«
Für einen Moment scheint sie darüber nachzudenken, ob das in Ordnung geht, bevor sie nach einem anderen Buntstift greift, ein zweites, kleineres Herz neben das große malt und wieder konzentriert damit beginnt, es auszufüllen.
»Glaubst du, wenn er mein Bild bekommt, ist der David nicht mehr so traurig?«
»Bestimmt nicht.«
»Ich bin ja nicht schuld, dass der Michael weg ist, Flori, oder?«
»Gott, nein. Das bist du ganz bestimmt nicht.« Klingt, als habe sie da so einiges mitbekommen.
»Und wenn ich ihm noch sage, dass ich nie wieder das Wort sage, ist er dann gar nicht mehr böse auf mich?«
»Er ist bestimmt sowieso nicht mehr böse auf dich«, versichere ich.
»Und auch nicht mehr traurig, wegen dem Michael?«
»Das weiß ich nicht«, gebe ich zu. »Aber das hat nichts mit dir zu tun, Stella.« Beruhigend streiche ich ihr übers Haar. »Und David findet bestimmt einen neuen Freund. Einen der nett ist und –«
»Kannst du nicht dem David sein neuer Freund sein?«, fragt sie und sieht mich mit großen Augen an.
»Oh, nein, das… dann wäre Dirk ja traurig«, versuche ich zu erklären.
»Ach so«, sagt sie und legt den Stift zurück in die Schachtel.
»Das ist toll geworden«, versuche ich vom Thema abzulenken.
»Schreibst du meinen Namen drauf?«
»Ich kann es dir vorschreiben, dann kannst du es selbst versuchen«, schlage ich vor.
***
Das ‚S‘ ist ein bisschen schief und beim ‚A‘ hat sie den Querstrich vergessen. Aber man kann es natürlich trotzdem lesen. Zu den beiden Herzen hat sie noch zwei große und ein kleines Männchen gemalt. Der eine Kerl ist blond, ich nehme an, es ist David. Und der andere, der ein bisschen dicklich geraten ist, hat so deutliche Locken, dass mir Schlimmes schwant. Michael ist es jedenfalls nicht.
Das kleine Männchen in der Mitte ist ein Mädchen mit rosa Hosen. Und um David herum sind noch mal ganz viele kleine Herzchen. Eigentlich wollte sie aufbleiben und es ihm selbst geben und es hat mich fast genau so viel Zeit gekostet wie das Zähneputzen, ihr zu erklären, dass das keine gute Idee ist. Weil ich ihm vermutlich
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