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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Doch um so mehr von ihm gehört, täglich, überall … von Wanda, von Reichert, von Wuttke, von den Lakaien und Zofen.
    Nun also stand er vor ihr, mit gescheiteltem, eng anliegendem, schwarzem Haar, einem imponierenden schwarzen, glatten Bart, stechenden, glänzenden Augen, schlank in einem elegant geschnittenen Gehrock – von einem polnischen Schneider natürlich. Er war kein Hüne, sondern nur etwas größer als sie, aber mit breiten Schultern und breiter Brust.
    Das muß ja so sein, dachte sie sofort. Irgendwoher muß ja diese Stimme kommen, das Brüllen, das die Wände dröhnen läßt.
    Auch Sophie blieb unwillkürlich stehen. Sie kam gar nicht auf den Gedanken, auf der breiten Treppe zwei Schritte zur Seite zu treten und an Leo vorbeizulaufen. Sie standen sich gegenüber, als versperre jeder dem anderen den Weg und es gäbe nun kein Entrinnen mehr.
    »Mamsell Sophie …«, sagte Leo Kochlowsky und drückte seinen Zylinder an die Brust. Etwas Hilfloses lag in dieser Geste, wie ein Schüler wirkte er, der unverhofft auf seine von fern angebetete Lyzeumsliebe trifft. »Nun kann mir nichts mehr passieren …«
    »Was … was soll Ihnen denn passieren?« fragte sie leise. Ihre Stimme war hell und rein. Wie kann es anders sein, dachte Kochlowsky.
    »Da will man in die Hölle gehen, und plötzlich steht am Weg ein Engel … Jetzt habe ich keine Angst mehr.«
    »Sie haben Angst?« Ihre Stimme war ganz klein geworden. Der Satz mit dem Engel versetzte sie in einen Taumel, den sie sich nicht erklären konnte. Etwas Derartiges hatte sie noch nie gefühlt. Es war wie ein Schwindel, dem man nicht entrinnen will.
    »Jeder Mensch hat Angst.« Das Leuchten seiner Augen schien ihr so stark, daß sie den Kopf senkte. »Mamsell Sophie, ich möchte jetzt ausrufen: Das ist ein herrlicher Tag! Ein Moment des Glücks!«
    »Ich … ich weiß nicht, warum«, flüsterte sie fast unhörbar. »Ich muß hinunter in die Küche …«
    »Nur noch ein paar Sekunden, bitte!« Kochlowsky hielt den Atem an. Sein Herz hämmerte so, daß er glaubte, man müsse es wie Trommelschläge hören. »Gleich werde ich in einen einsamen Kampf ziehen …«
    »So? Mit Gehrock und Zylinder?«
    »Ich muß zum Fürsten …« Kochlowsky schluckte. »Man will mich vernichten.«
    »Vernichten?« Ihr Köpfchen schnellte hoch. Blankes Entsetzen lag in den großen, kindlich blauen Augen.
    »Ich habe viele Feinde hier«, erklärte er. »Ich bin zu korrekt, zu streng, zu unbestechlich, zu ehrlich – das schafft Widersacher. Der König von Bayern kommt. Und bisher war es immer so, daß jeder Besucher mein Gut besichtigte. Das beste Gut von Pleß! Das will man jetzt ändern – man will ein anderes Gut vorzeigen. Verstehen Sie, Mamsell, wie es in mir aussieht, wie verzweifelt ich bin? Man gibt mir einen Tritt!«
    »Und was wollen Sie dann hier mit Gehrock und Zylinder?«
    »Ich habe den Fürsten um ein paar Minuten Gehör gebeten. Ich will von ihm selbst hören, daß ich einen königlichen Besuch nicht mehr wert bin.«
    »Und dann?«
    »Das weiß ich noch nicht.« Kochlowsky zuckte mit den Schultern. »Ich weiß noch nicht, wie sich ein vernichteter Mann benimmt. In wenigen Minuten werde ich es wissen.«
    »Sie kennen Ihre Feinde?«
    »Aber ja! Baron von Sencken, die Baronin von Suttkamm – und noch mehr solches Geschmeiß. Pardon.« Kochlowsky machte wieder eine Verbeugung. »Ich bin zu erregt …«
    »Und Sie haben niemanden, der Ihnen hilft?«
    »Keinen!« Kochlowsky zog aus dem Rock seine Uhr, die an einer goldenen Kette hing, und warf einen Blick darauf. »Es wird Zeit. Man schiebt Hinrichtungen ungern auf. Mamsell Sophie, ich danke dem Schicksal, daß ich gerade jetzt Ihnen begegnet bin. Ich wage zu denken, daß es ein gutes Zeichen ist …« Er behielt den Zylinder vor der Brust, trat einen Schritt zur Seite und lächelte sie an. Es war ein Lächeln, das sie bis in die Zehenspitzen spürte. »Ich möchte Sie wiedersehen. Ich möchte Ihnen aus meinem Leben erzählen. Ich glaube, Sie sind ein Mensch, dem man alles sagen kann.«
    »Ich weiß nicht.« Sie meinte, kaum noch sprechen zu können. Ihre Kehle war trocken und heiß. »Überlassen wir es wieder dem Zufall, ja? Ich … ich muß in die Küche. Wanda wartet.«
    Kochlowsky unterdrückte die Bemerkung, Wanda könne von ihm aus warten, bis sie schwarz würde. Er verbeugte sich wortlos, warf noch einen glühenden Blick auf Sophie und stieg dann weiter die riesige Treppe hinauf zu

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