Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt
gegen mich zu beeinflussen?«
»Baron von Sencken … Elena …«
»Diese hysterische Zippe …«
»Aber sie hat Einfluß auf die Fürstin! Und da sind noch ein paar andere am Hofe, die dich zum Teufel wünschen. Die Verwalter der anderen Güter, der Leiblakai – mit dessen Frau hast du ja auch was gehabt! Dann der Oberrentmeister – dem hast du mal ein Aktenstück an den Kopf geworfen, und ein Haufen Beamte der fürstlichen Verwaltung, die du allesamt Arschlöcher genannt hast …«
»Keiner kann mehr die Wahrheit vertragen«, stellte Kochlowsky bitter fest.
»Auf jeden Fall: Es scheint so, als setze sich die Hauptverwaltung durch, und man brächte den König von Bayern auf Gut VI zur Besichtigung und dann in das Waldgebiet. Der Fürst hat einen Bären zum Abschuß freigegeben …«
»Sie wollen mich vernichten!« sagte Kochlowsky schwer. »Diese ganze höfische Brut. Diese arbeitsscheuen Schleimscheißer! Aber sie kennen Kochlowsky noch nicht richtig! Keiner kennt mich richtig! Gegen mich intrigieren wollen sie? Gegen mich?« Er sah Reichert scharf an. »Woher weißt du denn das alles, he?«
»Von Wanda.«
»Die hört die Flöhe husten, was?«
»Genau das! Wanda erfährt in der Küche alles. Wandas Informationen stimmen immer. Was am Hofe passiert, dringt zu ihr. Was man ihr nicht sagt, das holt sie sich selbst irgendwie zusammen.«
»Und erzählt es dir – und nicht Wuttke!«
»Ja.« Reichert schaute verlegen auf den erschütterten Caesar. »Wanda und ich … Na ja, du solltest es nicht wissen, aber als mein Freund …«
»Kochlowsky weiß alles!« sagte Leo laut. »Seit zehn Tagen ist Wandas Bett zu schmal, weil du mit drin liegst!«
»Dem Himmel sei Dank, jetzt ist es heraus!« sagte Reichert befreit. »Aber du siehst nun auch, wie ernst die Sache für dich ist … Die nehmen dir den König von Bayern weg!«
»Noch ist er nicht auf Pleß, und noch habe ich den Kopf oben! Und da bleibt er auch. Von diesen Bogenpissern sieht keiner meinen Nacken!« Leo Kochlowsky schlug mit der Faust auf den Tisch. Es dröhnte laut, aber Caesar sprang nicht wie sonst auf und bellte, sondern hob nur den Kopf und blinzelte träge. Erschüttert sah Kochlowsky diesen Verfall.
»Morgen beginnt die Schlacht!« sagte er laut. »Jakob, du bist ein wahrer Freund. Ohne dich hätten sie mich überrannt.«
»Und ohne Wanda! ›Lauf sofort zu ihm und sag es dem Ekel‹, hat sie gedrängt.«
»Hat sie Ekel gesagt?«
»Aus voller Brust.«
»Die hat sie!« Kochlowsky nahm die Flasche, und zu Reicherts großem Erstaunen goß er sich einen ›Harten‹ ein. Er kippte ihn auch gekonnt hinunter, als tränke er nichts anderes. Aber dann hustete er, rang nach Luft und keuchte: »Ekel! Sie wird fast sympathisch, diese Küchenspritze …«
Am nächsten Morgen zog Leo Kochlowsky seinen schwarzen Gehrock an, ließ von seinem polnischen Knecht die Schuhe so blank putzen, daß er sein Gesicht im Leder sehen konnte, band eine silbergraue Krawatte um und bürstete Haar und Bart so lange, bis sie wie Seide glänzten. Dann spannte er seinen Dogcart an und fuhr zum Schloß.
Leibkutscher Reichert hatte es vermittelt und sofort Nachricht gegeben, als alles klar war: Leo wurde zu einem Privatgespräch bei Seiner Durchlaucht zugelassen.
»Zehn Minuten!« hatte Reichert ausgerichtet.
»Ich brauche neunzehn Sekunden, um ihm zu sagen: ›Um Sie herum sind alles Arschlöcher, Durchlaucht‹«, knurrte Kochlowsky. Natürlich würde er so etwas nie sagen, aber die bloße Vorstellung munterte ihn auf.
Es sind oftmals die Zufälle, die im Leben Schicksal spielen. Man kann ihnen nicht ausweichen, ist ihnen ausgeliefert und kann sie nicht rückgängig machen.
An diesem Morgen, an dem Leo Kochlowsky in feierlichem Schwarz die große Freitreppe in der Halle von Schloß Pleß hinaufstieg, von einigen Dienern mißmutig und mit stummem Protest beobachtet, kam Sophie Rinne aus den Privatgemächern der Fürstin und schritt die Treppe hinab.
Auf dem mittleren Podest trafen sie aufeinander. Es gab kein Ausweichen.
Leo Kochlowsky atmete tief auf. Sophies Anblick war von einer solch engelhaften Schönheit, daß er völlig vergaß, warum er im Treppenhaus des Schlosses stand. Geradezu betroffen von diesem Bild, blieb er stehen, zog seinen Zylinder und verneigte sich.
Auch Sophie Rinne wußte sofort, wen sie vor sich hatte. Sie hatte Leo nur ein paar Augenblicke tobend in der Küche erlebt, dann draußen vor ihrer verriegelten Tür, aber bis zu diesem Tag
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