Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt
Wanda Lubkenski, die selbstverständlich keinen Schritt zurückwich. Bis zu den Waden stand sie im Gemüse, als Leo den Karren mit einem Tritt zur Seite beförderte.
»Da hast du dein Pleßsches Allerlei, Mamsell!« schrie er und fegte mit der Reitpeitsche noch einmal durch das Gemüse. »Das war die Lieferung für heute. Wenn's nicht behagt, kann man Nudeln kochen. Vielleicht rutschen sie dir angenehmer durch die Finger, du perverser Küchendragoner!«
Ohne noch einen Blick auf Wanda zu werfen, ging er weiter. Erstaunt sahen Landauer und Eugen, wie Wanda in stummer Wut, an der sie fast erstickte, auf dem Gemüse herumstampfte und wie sich Spinat, Bohnen und Mohrrüben unter ihren Stiefeln zu einem Brei vereinigten.
»Heute kochen wir uns selbst das Essen!« sagte Eugen, als er Leo eingeholt hatte. »Das Spezialrezept deines Engels sagt mir nicht zu …«
»Meines – was?« Kochlowsky blieb abrupt stehen. »Diese Satansbrut nennst du einen Engel?«
»Ich? Diese märchenhafte Charakterisierung stammt von dir!«
»Das stimmt!« Landauer nickte. »Sie haben immer behauptet, sie sei wie eine Elfe …«
»Sophie? Aber ja! Eine Madonna ist sie …«
»Leo, du mußt sofort ins Bett«, sagte Eugen besorgt. »Du brauchst absolute Ruhe.«
»Seid ihr beide verrückt?!«
Eugen zeigte mit dem Daumen über seine Schulter. »Wenn das eine Madonna ist …«
»Sophie, du Hornochse!«
»Das sage ich ja …«
»Das dort ist Wanda!« Plötzlich begriff Leo Kochlowsky. Er starrte seinen Bruder so wild an, daß Eugen sich duckte und schützend die Arme hob. Auch Landauer erbleichte bei der Erkenntnis, daß man Leo fälschlicherweise zugetraut hatte, sich für Wanda Lubkenski zu interessieren.
»Ein böser Irrtum«, stotterte er verlegen. »Ein ganz böser … Verzeihen Sie, Herr Verwalter.«
»Haltet ihr mich für solch einen Idioten, daß ich mit …«
»Ich habe mich bei meinem Bruder nie ganz ausgekannt!« Eugen schüttelte den Kopf. »Aber nun bin ich beruhigt, Leo. Das dichterische Fegefeuer ist vorüber, geläutert durchschreite ich das Paradeis …«
»Paradies!«
»So sagt der Plebs. Ein Dichter lebt im Paradeis … Also, wo ist nun die richtige Sophie?«
»Da müssen wir Glück haben.«
»Noch mehr Komplikationen?« stöhnte Eugen. »Wie soll man da Verse aus dem Himmel holen?«
»Ich will ehrlich zu euch sein: Sophie wird bewacht, damit sie mir nicht allein begegnet.«
»Es gibt doch noch kluge Leute in Pleß!« rief Eugen fröhlich. »Und nun scharrst du herum wie ein krähender Hahn, aber die Henne kommt nicht …«
»Aber sie schickt Pudding!« sagte Landauer. »Das beweist zumindest Interesse.«
»Mir ist unbegreiflich, Landauer, wie ein so kluger Mensch wie Sie mit einem solchen Holzkopf wie Eugen zusammenleben kann!« Leo Kochlowsky ging weiter, die beiden anderen folgten ihm rechts und links. »Sie haben um Sophie eine Festung gebaut. Das stärkste Geschütz ist diese Wanda Lubkenski. Dreimal hat Sophie bisher das Schloß verlassen und ist nach Pleß gefahren worden. Jawohl, gefahren worden – von Leibkutscher Reichert. Es ist an sie einfach nicht heranzukommen! Zweimal, durch Zufall, habe ich sie gesprochen. Im Schloß, auf der Treppe. Das war alles, aber es waren himmlische Minuten!«
»Und du weißt ganz sicher, daß auch sie dich mag?«
»Ich habe winzige Beweise dafür.«
»Denk an den Pudding …«, sagte Landauer. »Er bekommt für mich jetzt ein ganz anderes Ansehen. Es war wirklich ein königlicher Pudding …«
»Ich habe auch zwei Billets von ihr …« Leo winkte ab. »Eugen, du mußt Gedichte machen, die sie nachts im Bett unter ihr Kissen legt.«
»Damit siehst du sie aber auch nicht öfter.«
»Sie muß von sich aus diese Festung sprengen … Sie ist scheu, zart, furchtsam … Deine Verse müssen sie zur Heldin machen!«
»Eine zweite Jungfrau von Orleans! Ha!« Eugen klatschte in die Hände. »Mein Hirn brodelt! ›Wohlauf, mein Mädchen, aufs Pferd, aufs Pferd …!‹«
»Klau nicht bei Schiller!« sagte Kochlowsky grob. »Das hätte ich allein gekonnt. Und Sie, Landauer – Ihr Gemälde muß alles enthalten, was ich ihr nicht sagen kann. Das muß sie spüren und ihr Mut geben auszubrechen.«
»Für dieses Unternehmen gibt es keine Garantie!« sagte Eugen ernst. »Aber nehmen wir an, das arme Mädchen verfällt deinen teuflischen Versuchungen. Was dann?«
»Dann heirate ich sie!«
»Du willst heiraten? Du?!«
»Betone das Du nicht so blöd!« schrie Leo.
»Ein Leo
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