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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schüssel mit ausgestreckten Armen ins Zimmer. Dort saßen Landauer und Leo beim Frühstück und tranken kalten Tee. Ein heißer Sommertag begann. Schon am Morgen war die Sonne ein glühender Fleck am Himmel.
    »Was bringst du denn da?« fragte Leo.
    »Aus der fürstlichen Küche!«
    »Sie hat mir wirklich Pudding geschickt!« jubelte Leo und sprang auf. »Sie liebt mich!«
    »Solch ein Gefühl durch Pudding auszudrücken ist eine sehr wackelige Form, finde ich.« Eugen setzte die Glasschüssel auf den Tisch, nahm das Papier ab, starrte auf das Liebesgeschenk und verzog das Gesicht. »Scheußlich …«
    »Was ist daran scheußlich?« brüllte Leo Kochlowsky sofort. »Der König von Bayern hat Sophie deswegen gelobt.«
    »Sicherlich aus Mitleid. – Sieh dir das an!«
    Von dem herrlichen heraldischen Pudding war nur noch ein Gemenge übriggeblieben: ein Stück Schokoladenspeise, mit Früchten durchsetzt, sichtbar aus den Resten zusammengekratzt, die auf dem riesigen silbernen Tablett in die Küche zurückgekommen waren. Nachdem der König als erster den Löwenkopf seines Wappens gegessen hatte, war es überhaupt verwunderlich, daß noch etwas übriggeblieben war, denn die Tafelgesellschaft hatte sich von diesem Nachtisch besonders reichlich bedient.
    Für einen Ästhetiker wie Eugen war dieser Mischmasch aus Pudding und Früchten allerdings ein Greuel. Auch Landauer blickte sehr kritisch in die Glasschüssel.
    »Ihr Lochbläser!« sagte Leo Kochlowsky wütend. »Das ist der schönste Pudding der Welt!«
    »Vom schönsten Mädchen der Welt …«, warf Eugen mit verdrehten Augen ein.
    »Jawohl! Und ich esse jetzt diesen Pudding, und nicht ein Krümchen bekommt ihr davon ab.«
    »Das ist eines der wenigen Dinge, die wir dir neidlos überlassen!« sagte Eugen und reichte seinem Bruder einen Löffel. »Ich entdecke immer mehr, daß der Schönheitssinn nur auf einen Teil unserer Familie übergegangen ist.«
    Leo Kochlowsky nahm die Schüssel an sich, setzte sich an den Tisch und begann zu essen. Zugegeben – die Reste sahen nicht sehr verlockend aus, eben ein zusammengekratzter Haufen, aber allein die Tatsache, daß Sophie Rinne ihm diese Schüssel geschickt hatte, berechtigte zu der Illusion, etwas noch nie Probiertes zu essen und göttlich zu finden.
    Nach einigen Löffeln war sich Leo allerdings im klaren, daß dieser Schokoladenpudding eben wie Schokoladenpudding schmeckte und nicht anders. Die frischen Früchte mochten ihm eine pikante Note gegeben haben – aber das war gestern gewesen. Jetzt hatte sich der Saft mit den Puddingresten vermengt und bildete einen Brei, die Früchte klebten aneinander, aber da Eugen und Landauer ihn scharf beobachteten, aß Leo tapfer weiter und schnalzte sogar mit der Zunge.
    Es kann sein, dachte er zu seiner eigenen Entschuldigung, daß unsereiner einen ganz ordinären Geschmack hat. Die hohen Herrschaften haben eine andere Zunge, die merken die Feinheiten, die wir einfach hinunterfressen! Das wird es sein! Für uns schmeckt ein ordinäres Huhn genauso wie ein Kapaun! Sophie aber kocht nicht für Plebejer, sie kennt den fürstlichen und königlichen Gaumen …
    »Er überlebt es!« stellte Eugen ergriffen fest und sah zu, wie Leo die Schüssel leerte. »Louis, er fällt nicht um! Mein kleiner Bruder ist schon von sich aus so voller Gift und Galle, daß ihm äußerlich zugeführte Gifte nichts mehr anhaben können!«
    »Ihr elenden Stinker!« Leo Kochlowsky stellte die leere Schüssel zur Seite, zog seinen Reitrock an, griff nach seiner ledernen Reitpeitsche und ließ sie durch die Luft wippen. »Ich hätte große Lust, euch damit an die Arbeit zu treiben!«
    »Das ist das Göttliche an einem Dichter«, sagte Eugen verklärt. »Man kann ihn zu keiner Arbeit prügeln. Die Muse küßt nur den Demütigen …«
    »Mitkommen, ihr faulen Säcke! Wir gehen jetzt zu Sophie …« Leo ließ noch einmal die Peitsche zischen. »Das heißt: Sie darf ja nicht wissen, was ihr vorhabt! Wir gehen zu Fuß, und ich tue so, als zeigte ich euch das Schloß. Wenn wir Glück haben, sehen wir dabei Sophie.«
    »Wäre es nicht einfacher, direkt in die Küche zu gehen?« schlug Eugen vor.
    »Nein!«
    »Warum nicht?«
    »Das hat bestimmte Gründe.« Leo dachte an Reicherts Drohungen; er nahm sie ernst. »Noch ist Zurückhaltung notwendig.«
    »Wenn man schon königliche Puddingreste herüberschickt …«
    »Wenn ich nur dichten könnte!« schrie Kochlowsky. »Mit dem nächsten Zug expedierte ich dich nach Nikolai

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