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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kochlowsky denkt an Heirat!« sagte Eugen erschüttert. »Man sollte sofort nachsehen, ob die Oder noch in die Ostsee und nicht ins Mittelmeer mündet … Jetzt ist alles möglich!«
    An diesem Tag sahen sie Sophie Rinne nicht. Um so mehr hörte in der Küche Sophie über Leo Kochlowsky. Wanda Lubkenski verfluchte ihn in alle Höllenkessel und stöhnte zum Schluß:
    »Sophie, Kindchen, ich weiß, er hat dich wieder auf der Treppe getroffen. Im Augenblick deiner größten Ehre. Man müßte dem Schicksal den Hals umdrehen, wenn man das könnte! Das nächstemal, ich flehe dich an – lauf weg! Laß ihn stehen, diesen Satan! Spuck ihn an wie den dreimal Verfluchten! Schrei um Hilfe! Tu alles, nur sprich nicht wieder mit ihm! Jedes Wort von ihm ist Gift! Du bist noch so jung, du begreifst das noch nicht, so unerfahren, wie du bist …« Sie streichelte Sophie über das hellblonde Haar, seufzte tief in Erinnerung an die eigene Jugend und küßte Sophie zum Abschluß auf die Stirn. »Da war doch noch ein Puddingrest«, meinte sie nachdenklich.
    »Ich weiß nicht, Mamsell Wanda …« Sophie hob die schmalen Schultern.
    »Es gab noch Pudding. Ich erinnere mich genau daran! Aber er ist weg! Verdammt, wer von der Küche hat ihn heimlich gefressen? Nicht einen Bissen hab' ich davon probiert. Sophie, du hast keine Ahnung?«
    »Nein, Mamsell Wanda.« Sophie machte einen artigen Knicks und verschwand in einem Nebenraum, wo fünf Mädchen damit beschäftigt waren, aus dem Gemenge von Spinat, Bohnen und Mohrrüben, das Wanda zerstampft hatte, das Beste herauszusuchen.
    Ich habe gelogen, dachte Sophie. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben bewußt gelogen. Ich habe gelogen und gestohlen – wegen Leo Kochlowsky …
    Sie setzte sich in eine Ecke des Raumes, faltete die Hände im Schoß und war über sich selbst erschüttert.
    Man sollte nie so unvorsichtig sein wie Eugen Kochlowsky, vor allem nicht, wenn man bei seinem Bruder in Pleß wohnte. Auf keinen Fall aber sollte man sich fremde Dinge leihen, schon gar nicht, wenn sie Leo Kochlowsky gehörten.
    Aber von dieser Weisheit wußte Eugen nichts, als er beschloß, noch einen erholsamen Abendspaziergang zu machen. Leo war in der Kreisstadt, um seine neuen Anzüge anzuprobieren und beim Friseur nach neuen grauen Haaren suchen zu lassen. Landauer malte, gewissermaßen als Visitenkarte, den Kopf von Leos Lieblingsreitpferd. Es war also niemand da, der Eugen begleiten konnte.
    Der Abend war etwas kühl nach dem vorherigen heißen Tag, es wehte ein Ostwind, und da Eugen nur mit einem Anzug gekommen war, legte er sich Leos Pelerinenmantel um die Schulter, setzte dessen Mütze auf und verließ das Haus.
    Den Kopf gesenkt, auf einen Stock gestützt, ging er leicht hinkend die Allee hinunter und den Feldweg entlang zu dem Wäldchen, an dessen Rand er eine Bank wußte, auf der man sinnieren konnte, umgeben von den Stimmen der Natur, die so beruhigend waren.
    Eugen Kochlowsky ahnte nicht, daß sein Spaziergang beobachtet wurde. Er erreichte die Bank, ließ sich darauf nieder, schlug die Beine übereinander und die Pelerine enger um seinen Körper, und hier, in der frischen Luft, dem kühlenden Wind ausgesetzt, begann er, sich diese Sophie Rinne vorzustellen, so, wie Leo sie geschildert hatte.
    Wenn auch nichts davon stimmte, so war doch eines sicher: Sie war zu schade für ihn! Jedes Mädchen war zu schade für Leo Kochlowsky. Auch wenn Leo schwor, er werde Sophie heiraten – diese Ehe mußte eine Katastrophe werden. Nicht einmal eine Heilige könnte Leo Kochlowsky ein ganzes Leben lang ertragen.
    Eugen seufzte, bedauerte seine ihm noch unbekannte Schwägerin und sah in Gedanken ein gewaltiges Gedicht vor sich, das mit der Zeile begann: »Es bricht der Berg, begrabend Mensch und Tier …«
    In diesem Augenblick der Ergriffenheit, wo er fühlte, daß sich in ihm der Geist der Klassik fortsetzte, wurde ein Sack über seinen Kopf geworfen und über seinen Oberkörper gezogen. Eugen war völlig wehrlos. Die Arme wurden an seinen Leib gepreßt; selbst mit dem Kopf stoßen konnte er nicht, da jemand ihn auf den Boden warf und Eugen so die Orientierung verlor. Dunkelheit, die nach Kartoffeln roch, umgab ihn. Er schrie, noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte: »Ich bin der Falsche!« – aber es war zu spät.
    Stockschläge hagelten auf ihn hernieder, es tat höllisch weh, vor allem, wenn die Hiebe seinen Unterleib trafen. Eugen krümmte sich zusammen und stellte resignierend das Schreien ein. Man

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