Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
untersuchen, die Wunden behandeln, soll Ihnen ein Herzmittel geben, Heilsalben und Tropfen, alles Dinge, die bei Ihnen aus dem Fenster geworfen sind. Ziehen Sie sich aus!«
    »Nein!«
    »Verdammt, doch! Der Leutnant sah aus wie ein rotweißes Zebra. Lauter Striemen. Warum sollen Sie anders aussehen? Sie haben nur gesiegt, weil Sie eben ein Bulle sind! Ausziehen!«
    »Schmeißt ihn raus!« sagte Leo laut. »Eugen, Louis, wenn ihr schon als Künstler versagt habt, gebraucht wenigstens einmal eure Hände zu etwas Nützlichem.«
    Es half nichts. Dr. Senkmann wurde noch gröber und führte an, daß dies hier ein Befehl des Fürsten sei. Dann lag Kochlowsky nackt auf dem Sofa, und Eugen begriff nicht, wie ein Mensch mit so vielen blutigen Striemen noch sitzen und klar sprechen konnte.
    Eine Stunde arbeitete Dr. Senkmann an Leo Kochlowsky. Er reinigte die Wunden, desinfizierte sie, strich Salbe darüber, verband oder verpflasterte sie. Kochlowsky mußte dreimal hintereinander verschiedene Tropfen schlucken, die der Reihe nach – so schrie er – nach Pisse, Schafsmist und Jauche schmeckten. Und dann lag er oben im Schlafzimmer in seinem Bett, sein Gesicht und sein Körper brannten von der Heilsalbe, und Dr. Senkmann sagte zufrieden:
    »Das hätten wir. Jetzt werden Sie Fieber bekommen, weil der Körper sich wehrt, und die Striemen werden brennen. Ich lasse Ihnen Salbe hier. Ihre Leibgarde kann Sie ja damit einschmieren. Ich komme wieder, wenn ich Sie vom Krepieren abhalten muß.«
    »Das werden Sie nicht erleben, Senkfuß!« sagte Kochlowsky mühsam. »Diesen Triumph gönne ich Ihnen nicht!«
    In der Nacht noch ließ Leo Kochlowsky, als die Schmerzen zu sehr brannten und er glaubte, sein Körper stünde in Flammen, Dr. Janusch Portenski holen. Der polnische Knecht ritt wie der Satan zum Rinderhof und brachte Dr. Portenski gleich mit.
    Dr. Portenskis Ruf auf Schloß Pleß war schon Legende. Es gab nichts, was Portenski nicht heilen konnte, vor keiner Krankheit, vor keinem Eingriff scheute er zurück – allerdings gehörten seine Patienten ins Reich der Tiere. Er war ein Tierarzt, auf den die Pleßsche Verwaltung stolz war.
    Auch Portenski kam mit einem Arztkoffer, der aber größer und schwerer war. Wer Bullen behandelt, hat andere Maßstäbe.
    »Was hört man da, mein lieber Leo!« sagte er gemütlich, nachdem er alle Pflaster und Binden wieder entfernt hatte, die Dr. Senkmann so mühsam angebracht hatte. Er wusch auch die Heilsalbe ab und holte aus seinem Koffer eine große runde Blechdose mit einer schwarzbraunen Masse, die wie Schmierfett aussah und penetrant nach Ammoniak stank. »Sie sind unter die Schläger gekommen? Das ist doch gar nicht Ihre Art.« Er betrachtete die Wunden und nickte mehrmals.
    »Bleiben Narben zurück?« fragte Kochlowsky wieder.
    »Was sagt Dr. Senkmann?«
    »Nein! Alles wird glatt.«
    »So sicher soll man nie sein. Aber ich werde Sie jetzt einschmieren und Ihnen zusichern, daß alles doppelt so schnell abheilt wie mit der Salbe aus der Humanmedizin.« Dr. Portenski rührte mit einem Holzspatel in der schwarzbraunen Masse herum. »Was einem Ochsen hilft, nützt auch Ihnen, Leo.«
    »Darum habe ich Sie rufen lassen, Janusch. Mein Gott, stinkt das Zeug. Was ist das? Eingedickte Pferdeseiche?«
    »An Medizin muß man glauben, aber nicht nach Einzelheiten fragen!« Dr. Portenski begann Kochlowsky einzuschmieren. »Am besten hilft sich die Natur durch die Natur. Sie werden sehen …«
    Am nächsten Morgen standen am Verwalterhaus sämtliche Fenster weit offen. Aus allen Öffnungen stank es bestialisch. Eugen und Louis saßen draußen im Schatten vor dem Haus, Leo lag oben im Bett, hilflos in seinen dicken Verbänden, allein gelassen mit diesem widerlichen Gestank. Ab und zu brüllte er nach Eugen, aber der überhörte es und kam nicht ins Haus. Es war ihm unmöglich – der Brechreiz quälte ihn zu sehr.
    Gegen Mittag kam ein Bote vom fürstlichen Hofamt und brachte einen Brief. Der Sekretär des Fürsten hatte ihn nach dem Diktat Seiner Durchlaucht geschrieben, und der Fürst selbst hatte ihn unterzeichnet.
    Der letzte Satz lautete:
    »… und sehen Wir Uns deshalb zu Unserem großen Leidwesen gezwungen, eine sofortige Versetzung auf Unser Gut Lubkowitz bei Ratibor anzuordnen, wo die Stelle des Rentführers unverzüglich anzutreten ist …«
    Ratibor. Das triste Kartoffelgut Lubkowitz, die Einsamkeit, die Verbannung. Das Ende der Macht des ›Feldherrn‹ Kochlowsky.
    Eugen, der Leo den Brief des

Weitere Kostenlose Bücher