Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
sich wie eine Mauer dazwischen.
    »Sophie …«, sagte Leo mit belegter Stimme. Sein Herz schlug wie rasend. »Sophie, du kommst zu mir …«
    »Nur kurz. Nur um dir gute Besserung zu wünschen!« sagte Reichert.
    »Halt's Maul, alter Esel!« Kochlowsky blickte Sophie strahlend an. »Das kann sie mir auch allein sagen.«
    Sophie sah aus, als sei sie einem Poesiealbum entstiegen, in dem es so schöne, glänzende Bildchen gab, die man einkleben und die Wirkung der sinnvollen Sprüche damit noch verstärken konnte. Überirdische Mädchenköpfe mit einem himmlischen Lächeln waren es, wie sie selbst Leonardo nicht hatte malen können. Sie trug ein großgeblümtes Kleid, das – es war ja Sommer – einen großen runden Ausschnitt hatte. Da es aber wiederum unschicklich war, so viel nacktes Fleisch zu zeigen, lag über der Haut ein dünner hellblauer Schleier. Das hellblonde Haar hatte das Mädchen hochgebunden, was ihr Gesicht noch schmaler erscheinen ließ.
    Sie bot einen Anblick, der das härteste Herz aufreißen mußte.
    »Du siehst schon viel besser aus«, sagte sie. Ihre helle Stimme füllte den Raum – Kochlowsky war es, als klängen silberne Glocken. »Sieh mal, ich habe dir Blumen mitgebracht. Feldblumen … von deinen Feldern. Ich habe sie am Nachmittag selbst gepflückt.«
    »Sie waren immer meine Lieblingsblumen …« Kochlowsky saß ein Kloß im Hals. Er war stets ein Mensch des mächtigen Wortes gewesen, aber jetzt, wo er so viel sagen wollte, wußte er keinen zusammenhängenden Satz mehr zu sprechen. Er kam auch nicht dazu, weil Eugen verzückt beide Arme hob und deklamierte:
    »Ein Mädchen stand am Wiesenrand
    mit bunten Blumen in der Hand …«
    Und Jakob Reichert sagte dazwischen: »Wanda ist wieder weg! Keiner will mir sagen, wo sie sich herumtreibt! Es zerreißt mich!«
    »Raus! Alle raus! Ich will mit Sophie allein sein!« knurrte Kochlowsky.
    »Wo ist Louis Landauer?« fragte Reichert.
    »In Pleß. Er kauft neue Farben«, log Eugen elegant. »Außerdem will er seinen Magen mit gutem Wein ausspülen. Er meint, der Gestank hier habe seine Magenwände angefressen.«
    Dabei blinzelte er Sophie zu. Nur er und sie wußten ja, daß Landauer wieder im Möbelmagazin des Schlosses vor der Staffelei saß und die auf ein Sofa hingegossene nackte Wanda malte.
    Das Bild machte gute Fortschritte. Wanda war schon deutlich zu erkennen – ihre üppigen Formen füllten die Leinwand. Beine, Schenkel und Bauch waren bereits vollendet, die Brüste schon in der Skizze von zwingender Wirkung. Nur der Kopf war noch ein Kreis ohne Gesicht – ihn wollte Landauer zuletzt malen. Auch Sophies Porträt mit dem weiten blauen Himmel als Hintergrund wuchs unter seinen begabten Händen, wenngleich langsamer. Hier malte Landauer mit Herz und Seele und ahnte, daß es sein bestes Bild werden würde. Ein Meisterwerk, dessen Vollkommenheit er nie wieder erreichen würde.
    »Ist es nicht möglich, allein zu sein?« brüllte Kochlowsky auf. »Muß ich mir diesen Scheißdreck anhören?« Er schluckte mehrmals, sah Sophie flehend an und nahm ihr den dicken Feldblumenstrauß aus den Händen. Er war mit einem roten Tüllband umwickelt.
    »Was soll ich tun, Sophie?« fragte Leo krampfhaft leise. »Sie stehlen mir den letzten Nerv. Blödheit ist etwas, das mich auseinandersprengt. Ich muß brüllen, sonst würde ich ersticken. Niemand versteht das!« Er machte eine kreisrunde Handbewegung. »Sieh dir das an! Keiner geht! Stehen herum wie die Hammel! Erst wenn ich tobe, gehen sie …«
    »Auch dann nicht!« sagte Reichert laut. »Ich lasse dich nicht mit Sophie allein.«
    »Im Ehebett wirst du auf keinen Fall zwischen uns liegen!« fauchte Kochlowsky.
    Jakob Reichert starrte Sophie entgeistert und entsetzt zugleich an. Er hatte ja die kurze Abschiedsszene am vergangenen Abend nicht erlebt, er mußte den völlig aus der Form geratenen von Seynck abliefern und dem Adjutanten des Fürsten Pleß einen ersten Bericht erstatten.
    »Mein Gott, du liebst ihn?« fragte er stockend. »Sonst könnte er so was doch nicht behaupten. Du liebst ihn …«
    »Ja.« Sie nickte zur Bekräftigung.
    Reichert mußte sich an der Tischkante abstützen. »Du würdest ihn heiraten?«
    »Ja.«
    »Dieses Scheusal willst du heiraten? Sophie, mein Kind, du hast doch genug von ihm gehört, alle haben dich gewarnt, wir haben immer zu verhindern gewußt …« Sein Kopf flog herum. Leo Kochlowsky stand vor seinem Sofa, hielt die Blumen vor sein zerschlagenes Gesicht und war

Weitere Kostenlose Bücher