Kochwut
nehmen?«
Erstaunt sah der Starkoch die Beamten an. Mit Blick auf die Gäste am anderen Ende des Restaurants senkte er seine Stimme.
»Woher haben Sie das? Das sind Interna, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind«, er atmete tief ein. »Aber ich weiß, die Gerüchteküche ist am Kochen. Es gibt Überlegungen in die Richtung, ja. Alix ist von Anfang an dabei gewesen, und da machen sich gewisse Abnutzungserscheinungen bemerkbar. Aber noch ist nichts konkret.«
»Stimmt es, dass vor allem Herr von Güldenbrook die Ablösung Frau Blombergs vorangetrieben hat?«
»Ja«, sagte er zögernd. »Christian hat schon länger einen Wechsel auf dem Moderatorenposten befürwortet, wie ich auch im Übrigen. Und Sie glauben nicht, was ich dafür geben würde, wenn er noch hier wäre und sich weiterhin um Angelegenheiten wie diese kümmern könnte.«
Er wirkte resigniert. Plötzlich sah er auf seine Uhr und stand auf.
»So, ich wollte hier nur mal kurz bei meinen Jungs nach dem Rechten sehen. Hätte nicht gedacht, dass Sie mich wieder so lange aufhalten.«
»Sind Sie eigentlich Rechts- oder Linkshänder?«
»Ich bin Rechtshänder. Und ich würde jetzt wirklich gern zurück an meine Arbeit gehen.«
»Natürlich, das können Sie ja auch. Sollten wir noch mal auf Sie zukommen müssen, wir wissen ja, wo wir Sie finden«, sagte Angermüller, der sich auch erhoben hatte.
»Hier liegt so ein herrliches Aroma in der Luft, was ist das eigentlich?«, fragte er dann unvermittelt und hielt seine Nase schnuppernd in die Höhe.
»Das ist wohl der Tafelspitz, den die Jungs in der Küche gerade zubereiten«, erklärte Lebouton erstaunt und schaute ihn irritiert an.
»Ah ja, in Pinot Noir!«
Das Erstaunen des Meisterkochs wurde noch größer.
»Sie sind ja ein echter Kenner«, meinte er beeindruckt.
»Ich weiß nicht, ob ich das wirklich allein herausgefunden hätte. Ihr Lehrling Anatol hat das gestern erwähnt«, gestand Angermüller.
»Interessieren Sie sich denn fürs Kochen?«
»Kochen ist meine Leidenschaft.«
»Ein Kriminalkommissar am Herd, na warum nicht«, Lebouton schien die Vorstellung zu amüsieren. »Wenn es Sie interessiert – wollen Sie vielleicht mit in die Küche kommen? Wir haben heute Abend eine Reservierung für eine Geburtstagsfeier mit einem festlichen Menü. Das bereiten die Jungs gerade vor.«
»Gern.«
Angermüller folgte Lebouton in die Hinterräume, während Jansen kopfschüttelnd am Tisch sitzen blieb. In der nicht sehr großen, aber perfekt ausgestatteten Restaurantküche war es ziemlich warm. Außer einem Koch, der für die aktuellen Bestellungen der Gäste zuständig war, standen die drei Lehrlinge an den Arbeitsplatten. Sie waren dabei, Gemüse zu waschen und zu schneiden, eine Mayonnaise herzustellen und Kräuter zu hacken. In einer großen Schüssel reifte ein Hefeteig, und auf dem Herd köchelte ein Soßenfond. Der Meister sah dem blonden Ernie über die Schulter, der sofort rote Ohren kriegte und ins Stottern kam, als er die Gewürze seiner Mayonnaise aufzählen sollte. Lebouton schüttelte ungeduldig den Kopf und kritisierte dann Thorstens schlampige Art, das Gemüse für eine Julienne zu zerkleinern, der darauf wie üblich mit einem schiefen Grinsen reagierte. Anatol ließ den Chef seinen Fond kosten. Lebouton schien damit noch nicht ganz zufrieden und machte ihm einige Verbesserungsvorschläge.
Dann verriet er allen noch ein paar Kniffe und verlangte größere Genauigkeit. Aufmerksam und interessiert hörten die Jungs ihm zu. Keiner von ihnen schien an der Autorität des Chefs zu zweifeln. Die Arroganz, die Angermüller sonst an Lebouton so gestört hatte, war von ihm abgefallen. Er war streng, das stimmte, doch zwischen Lob und Tadel nahm er sich auch Zeit für eine witzige Bemerkung oder ein persönliches Wort, und es sah so aus, als ob seine Zöglinge ihn dafür mochten. Der Kommissar fragte sich, ob sein Bild von dem Mann nicht vielleicht zu revidieren war. Er war wohl doch nicht nur ein eitler Fernsehkoch mit Starallüren. Die Ausbildung der jungen Männer schien ihm ein ernsthaftes Anliegen zu sein, das hatte ja schon Hilde Dierksen gestern berichtet. Wahrscheinlich war es nicht nur angenehm, ständig im Blickpunkt der Öffentlichkeit zu stehen, weshalb er so misstrauisch und empfindlich auf alle Fragen nach seiner Person reagierte. Andererseits war er unangefochten der Chef, der es nicht gewohnt war, dass man ihm widersprach. Und dann schien er ja hin und wieder
Weitere Kostenlose Bücher