Kochwut
fragte Angermüller spontan seine Kollegen.
»Hast du Geburtstag oder wat?«, wollte Teschner wissen.
»Ich bin nur nett, und außerdem will ich euch motivieren. Andere spendieren ihren Mitarbeitern ein Golfwochenende in Dubai und ich am Wochenende Kaffee und Kuchen.«
Angermüller bestellte Kaffee, etwas von dem lockeren, duftigen Kugelhopf und von dem braungoldenen Apfelkuchen, den er schon gestern in der Vitrine bewundert hatte. Die Tarte, in der sich Butter, Zimt, Vanille und das Apfelaroma unter dem Sahneguss aufs Feinste ergänzten, und auch das Hefegebäck mundeten vorzüglich, und Angermüller beschloss, Lebouton auf jeden Fall nach den Rezepten zu fragen.
»Und was gibt’s Neues von unserem wilden Treckerfahrer?«, wollte Jansen wissen.
Norbert Teschner schluckte das große Stücke Apfeltarte, das er sich in den Mund geschoben hatte, und sagte erst einmal:
»Der schmeckt ja richtig lecker, der Kuchen!«
»Lass das bloß den Kollegen nicht hören«, grinste Jansen und zeigte auf Angermüller.
»Warum das denn? Nix verstehn.«
»Musste auch nich. Wat is nu mit dem ollen Düllkopp?«
»Der war überhaupt nicht erfreut, als wir wieder vor seiner Tür standen, könnt ihr euch ja denken. Also, wir haben fast den ganzen Morgen mit der Überprüfung von Mientaus Alibi zugebracht. Er war Donnerstagabend, so ab 19 Uhr, im Krug im Nachbardorf und ist wohl so bei Mitternacht rum zu Fuß nach Hause gekommen, so genau wusste er das nicht mehr. Aber seine Frau könnte das sicher bezeugen, hat er uns gesagt.«
»Ja, das hat er gesagt«, bestätigte Kriminalobermeisterin Kruse. »Aber die wollte nicht. Hat ganz cool gemeint, sie hat schon geschlafen und nix mitgekriegt. Sie war wohl stinksauer, dass ihr Mann den ganzen Abend in der Kneipe war. Und da gab’s gleich wieder Ärger.«
»Hat sie sonst noch was dazu gesagt?«
»Allerdings«, Anja-Lena nickte. »Plötzlich ist sie auf uns los wie eine Furie: Ob ihr armer Mann denn niemals seine Ruhe haben könnte, das mit dem Totschlag damals, das sei jetzt so lange her, und er hätte schließlich lange genug im Gefängnis gesessen und für seine Tat gebüßt.«
»Jedenfalls haben seine Kumpels aus dem Krug angegeben, dass Mientau kurz nach 23 Uhr gegangen ist. Normalerweise braucht man zu Fuß ungefähr eine Viertelstunde für den Weg, aber der Mientau hatte ziemlich viel getankt, und wer weiß, ob der da wirklich die kürzeste Strecke genommen hat.«
»Oder ob er einen Umweg über das Gut gemacht hat. Das Dorf Güldenbrook liegt ungefähr fünf Minuten von dort. Das wäre also durchaus möglich, dass er da noch einen Abstecher hin gemacht hätte.«
»Sehr bildlich ausgedrückt«, kommentierte Teschner.
Als Anja-Lena ihre Wortwahl bemerkte, hielt sie sich verlegen die Hand vor den Mund. »’Tschuldigung, so hab ich das nicht gemeint.«
»Mit anderen Worten, wann der Mientau nun wirklich nach Hause gekommen ist, weiß keiner«, resümierte Angermüller.
»Ja«, bestätigte Teschner, »offenbar nicht mal er selbst.«
»Sagt mal, wie groß ist der eigentlich?«
Teschner und seine Kollegin sahen sich an, dann meinte Anja-Lena:
»Also ich denke, der ist ungefähr 1,95 Meter, in etwa so groß wie Kollege Angermüller.«
Der wiegte nachdenklich seinen Kopf.
»Der Rechtsmediziner nimmt an, dass der Täter und das Opfer ungefähr gleich groß waren, und Güldenbrook war 1,78 Meter. Von daher würde der Mientau eigentlich ausscheiden.«
»Andererseits ist sein Alibi nicht lückenlos, und Jähzorn und Alkohol sind eine ungute Kombination. Außerdem hatte er einen Brass auf den Güldenbrook. So ganz außer acht lassen sollten wir ihn also nicht«, widersprach Jansen.
»Stimmt«, gab Angermüller zu, »und Steffen lässt sich ohnehin auf die Größenangabe des Täters nicht festnageln. Er ist wahrscheinlich in etwa gleich groß, hat er gesagt, Betonung auf wahrscheinlich.«
»Okay, wir fahren dann zurück nach Lübeck, wenn ihr sonst nichts mehr für uns habt«, schlug Norbert Teschner vor. Angermüller schüttelte den Kopf.
»Haben wir nicht. Wir sehen uns um 17 Uhr in der Possehlstraße.«
»Bis dann und vielen Dank für Kaffee und Kuchen!«
Die Sonne tauchte die Wohnstube im Verwalterhaus in ein helles Licht und schien genau auf den Lehnstuhl am Fenster. Auf dem Schoß von Hinrich Dierksen lag wie gewohnt der Kater und genoss die wohlige Wärme. Möglichst leise war Hilde hereingekommen, um ihren Vater bei seinem Mittagsschlaf nicht zu stören. Welch
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