Kodezeichen Großer Bär
schwierig ist. Schlafen Sie erst einmal. Mehr als drei Stunden kann ich Ihnen aber nicht bewilligen. Bitte verstehen Sie, was von der Sache abhängt. General Reling muß gefunden werden, ehe er möglicherweise ganz von der Erde verschwindet.«
Ich wankte aus dem Raum. Richy Egan ging neben mir durch die Sperren. Die Posten salutierten.
»Ich bin übrigens seit einem Jahr im TESCO-Werk eingesetzt«, informierte mich der FBI-Beamte. »Ich gelte dort als schrulliger Doktor, der die Testpiloten auf diese und jene Schäden untersucht. Husten Sie nicht – ich habe acht Semester Medizin gepaukt. Ich habe Ihren Blinddarm schneller entfernt, als Sie ›danke sehr‹ sagen können.«
Ich wurde mir darüber klar, daß Richy das Gemüt eines Kannibalen hatte.
Die letzten Sätze, die ich nach dieser Befehlserteilung sprach, lauteten:
»Ich verweigere den Befehl! Den von einer Maschine allemal!«
4.
So also sah der Mann aus, den zu »übernehmen« ich die zweifelhafte Ehre hatte.
Major Sherman Dolveti war ein gut aussehender, dunkelhaariger Mann; einer von jenem Typ, dem man, ohne nach dem Namen zu fragen, eine Zigarette anbietet.
Jeder normaldenkende Mensch, jeder Mediziner, Biologe oder Physiologe hätte bei entsprechender Befragung wahrscheinlich Stein und Bein geschworen, daß es unmöglich sein müßte, eine andere Person maskentechnisch so nachzuahmen, daß sogar die nächsten Angehörigen keinen Unterschied mehr bemerken könnten.
Ein Psychologe hätte wahrscheinlich gefragt, wie es wohl mit den Gesten, Angewohnheiten, der Stimme, dem Gang und zahllosen anderen Kleinigkeiten stünde, die den Eltern oder der Ehefrau doch bestens vertraut seien.
So hatte ich anfänglich auch gedacht, bis die Experten bei mir auftauchten.
Beispielsweise hatte ich noch niemals etwas von einer »Modifizierungstechnik im Bereich der stimmgebenden Kehlkopfsektoren« gehört, womit man allerlei rätselhafte Dinge wie Stimmlippe, Stimmritze, Stellknorpel usw. gemeint hatte. Jedenfalls hatte mir der medizinische Könner unseres Forschungsteams versichert, er könne mich je nach Wunsch zum brüllenden Gorilla, notfalls aber zum schreienden Säugling machen.
Jedenfalls sprach ich seit genau zwei Tagen mit der Stimme eines Mannes, den ich im Leben noch nicht gesehen hatte. Das heißt – die maßstäblich genaue Plastik war längst fertig. Im Spiegel konnte ich mich neben der Dolveti-Puppe bewundern und darüber nachdenken, wo eigentlich noch ein Unterschied bestand.
Die biochemische Einsatzmaske hatte mir ein anderes Gesicht, eine andere Kopfform und außerdem andere Haare geschenkt. Meine von Natur aus grauen Augen leuchteten nun in einem tiefen Schwarz. Mein Gebiß hatte dem des Dolveti glücklicherweise so stark geähnelt, daß nur geringe Korrekturen erforderlich gewesen waren.
Ich war praktisch von einer Narkose in die andere gerutscht. Eine hypnotische, langfristige Ausschaltung meiner schmerzsignalisierenden Nerven war infolge meiner alten Gehirnoperation nicht mehr möglich gewesen. Die Durchtrennung einer winzigen Nervenfaser bedeutete für das hochempfindliche Gehirn eines Menschen anscheinend so viel, daß es für gewöhnliche Reaktionen nicht mehr zugänglich war.
Ich fühlte mich schlapp und elend, doch man ließ mich nicht in Ruhe. Fünf Tage hatte man benötigt, um den Einsatzagenten HC-9 in den Chef-Testpiloten Sherman Dolveti zu verwandeln.
Die Hauttransplantation war zuletzt ausgeführt worden. Unter der Einwirkung unseres neuen Bioplasmas waren die hauchzarten Ultraschallschnitte schon wieder unsichtbar
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