Kodezeichen Großer Bär
verheilt. Seit gestern hatte ich Dolvetis behaarte Brust, da ich über eine solche Zierde nicht verfügt hatte.
Trotzdem fehlten noch einige Charakteristiken, die aber nur jenem Menschen auffallen konnten, an den ich mit wahren Angstgefühlen dachte.
Dieser Mensch konnte nicht einfach für die Dauer meines Einsatzes in Schutzhaft genommen werden. Er wurde unbedingt als Beweis für meine »Echtheit« benötigt.
Andererseits war es mir verboten, ihn einzuweihen und um Verständnis zu bitten. Mehr hätte ich ohnehin nicht tun können.
Es handelte sich um Sherman Dolvetis Ehefrau, die von der verbrecherischen Tätigkeit ihres Mannes keine Ahnung hatte. Es war eine für mich schauderhafte Situation, die zu umgehen jedoch im Bereich des Möglichen lag.
Ich hatte mich mit dem Plan erst dann einverstanden erklärt, als mir Mouser ehrenwörtlich zugesichert hatte, das Problem Loira Dolveti, genannt Lory, aus der Welt zu schaffen. Wahrscheinlich würde ich höchstens einmal gezwungen sein, mit ihr über Visiphon zu sprechen, um mein laufendes Nicht-Erscheinen mit dienstlichen Obliegenheiten zu entschuldigen.
Ich wäre schon rettungslos verraten gewesen, wenn Loira Dolveti nur das Gespräch auf gemeinsame Erlebnisse gebracht hätte. Wir wußten, daß sich die Eheleute schon als Kinder gekannt hatten. Daher gab es zahllose Erinnerungen an winzige Kleinigkeiten, die sogar der sonst so unfehlbaren GWA-Ermittlung unbekannt waren. Schließlich wußten wir genau, wo unsere Grenzen lagen.
Dolvetis Freunde und Bekannte konnte ich fraglos täuschen. Ich hatte einen Berg von Unterlagen durchgearbeitet und mir soviel Daten eingeprägt, daß mein Kopf jetzt noch brummte.
Ich stand neben der Dolveti-Puppe und stellte Vergleiche an. Der Spezialspiegel verursachte keine Verzerrung. Eine komplizierte Lichtstrahlumlenkung verhinderte sogar das typische Spiegelbild, so daß ich mich so sah, wie mich auch ein Betrachter anschauen mußte.
Rein äußerlich gab es keinen Unterschied mehr. Ich hatte jetzt naturkrause Haare wie Dolveti und sein offenes, jungenhaftes Gesicht mit winzigen Falten zwischen Nase und Oberlippe, desgleichen seine Augen, seinen Mund, seine Stimme und seine Zähne.
Ich war fünfunddreißig Jahre alt, Nachkomme früher italienischer Einwanderer und verfügte über ein Wissen, nach dem sich unbekannte Leute alle zehn Finger geleckt hätten.
Zu all dieser bedrückenden Gleichheit kam ein kleiner Mißklang: Ich war genau elf Millimeter größer als Sherman Dolveti! Außerdem war mein Brustumfang etwas stärker als der des Piloten.
Das konnte man mit dem Schnitt einer Spezialuniform ausgleichen, aber mit der Körpergröße hatte ich unserem wissenschaftlichen Maskenstab eine Nuß zu knacken gegeben. Bis vor einigen Stunden hatte ich die Befürchtung gehegt, ein Chirurg könnte auf die Idee kommen, meine Beinknochen um je elf Millimeter zu verkürzen.
Schließlich war aber die orthopädische Abteilung auf den Gedanken gekommen, Sohlen und Absätze meiner Schuhe sozusagen als Tiefbauausführung herzustellen. Die äußerlich dicken Sohlen sollten in Wirklichkeit nur aus hauchdünnen Folien bestehen. Zur Zeit arbeitete ein Team an der Entwicklung von drei Schuhpaaren, darunter an den passenden Stiefeln für den Raumanzug.
Es waren zahllose Dinge, die bei meiner Maskerade zu bedenken waren. Wie gut hatten es doch früher die Detektive mit ihren falschen Bärten gehabt!
Mir wurde unheimlich vor mir selbst. Überall sah ich in Dolvetis Gesicht. Nebenan liefen die Projektoren. Lebensgroße Farbbilder des Piloten wurden
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