Kodezeichen Großer Bär
ungefähr drei Minuten vor dem Anruf aus. Es war aber nicht die Kontrollstation, sondern ein fremder Sender.«
»Wortlaut?« fragte ich gespannt.
»Unbekannt. Nur symbolhafte Zahlengruppen. Er besaß einen Kodeschlüssel.«
Ich fuhr auf. Da hatten wir die erste Panne!
»Einen Schlüssel? Mensch, wo ist der? Du hast doch hoffentlich …«
»Da drüben in dem Ablagebord«, unterbrach er mich. »Sein Taschenkalender. Die letzten Seiten enthalten den Schlüssel. Du mußt sie ultraviolett bestrahlen. Er benutzte dazu das Bordgerät.«
Ich wirbelte mit dem Drehsitz herum. In dem Fach entdeckte ich ein kleines Notizbuch mit dem Reklameaufdruck einer Metallwarenfabrik für hitzebeständige Formteile.
»Das hat im TESCO-Werk jeder zweite Monteur in der Tasche«, sagte Hannibal. »Mehr als unauffällig.«
Ich sah mir die anscheinend leeren, weißen Blätter an. Es waren zwanzig Stück mit dem Aufdruck: Persönliche Notizen.
»Und wo ist die von Dolveti empfangene Nachricht? Hat er sie im Kopf behalten?«
Ich wußte, daß das nicht der Fall sein konnte. Kein Mensch behält hundert und mehr Zahlengruppen.
»Pech«, sagte der Kleine gepreßt. »Er verbrannte den Zettel, nachdem er ihn entschlüsselt hatte. Die Mitteilung an sich kann er ja leicht behalten. Wenn du nun unten als Dolveti landest und eventuell auf die Nachricht angesprochen wirst – was dann?«
Ich blickte auf die Uhr. Die dreißig Minuten waren vorbei. Wir jagten noch immer in den freien Raum jenseits der Mondbahn hinaus.
Ehe ich ihm die von Dr. Kanopzki angeordnete Injektion gab, schaltete ich die Feldumlenkung auf Bremswert. Dann brauchte ich mit Vollschub von 50 km/sec² knapp sechzehn Sekunden, um die Fahrt aufzuheben. Diesmal lohte es aus der vorderen Umlenkdüse des Jägers hervor. Die Glut war so grell, daß ich nicht hinausschauen konnte. Sie war heller als die Sonne.
Der Mond war als schmale Sichel gut zu erkennen. Der Elektronenrechner ermittelte die Vorhaltewerte unter Berücksichtigung einer Eigenfahrt von konstant 400 km/sec und der Bahngeschwindigkeit des Trabanten. Ich schaltete die Selbstlenkautomatik ein, nachdem ich wieder mit voller Leistung Fahrt aufgenommen hatte.
Willig ging der Raumjäger auf den neuen Kurs. Ich kümmerte mich nicht mehr um die Kontrollen. Das Triebwerk dröhnte in atemberaubender Lärmentwicklung, die vom Dämpfungsmaterial der Zelle nicht völlig absorbiert werden konnte.
Hannibal hatte bereits verstanden. Sein linker Arm lag auf der Sitzlehne. Ich band ihn mit einer Kunststoffschnur meines Werkzeuggürtels ab und brach den Hals der Ampulle.
In der Bordapotheke fand ich etwas Alkohol zur Desinfizierung. Es war die seltsamste Notinjektion, die ich jemals gemacht hatte. Da ich sehr langsam spritzen mußte, war der Mond schon wieder zu einem riesigen Ball angewachsen, als ich die Kanüle aus der Vene zog.
Ich half dem Kleinen, den Raumanzug wieder anzulegen. Das mußte schnell gehen. Noch ehe wir fertig waren, kam der erwartete Anruf durch.
Ich riß den Kleinen in normale Sitzposition. Niemand durfte Verdacht schöpfen, am wenigsten aber die Leute im TESCO-Werk.
»TESCO-Control-Center an zwo-eins-fünf Dolveti – bitte melden. Sie haben unseren letzten Anruf nicht beantwortet«, hallte es aus dem Lautsprecher.
Die Verbindung war gut. Anscheinend wurde der Sender einer Raumstation als Relaisposten verwendet. Eine Bildverbindung erfolgte nicht. Den auf der Erde wartenden Männern schien der Sprechfunk zu genügen.
Ich griff zum Mikrophon. Hannibal schwenkte die automatische Richtstrahlantenne ein. Dann nickte er. Sein Gesicht war hektisch gerötet. Anscheinend hatte ich die letzten
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