Kölner Kreuzigung
entlang, der nach sieben oder acht Metern einen Bogen machte und sich sacht absenkte.
Der Detektiv stellte das Brecheisen hinter dem Tor ab und ging in den Stollen hinein. Linker Hand entdeckte er mehrere Durchgänge, die meisten führten zu vergitterten Türen, hinter denen kleine Kammern lagen, die alle leer waren. Ring hatte ihm den Weg zu der Kammer beschrieben, in der er und Hermann Hochkirchen vor fast 70 Jahren die Bilder versteckt hatten. Demnach musste Marius noch ein Stück weit gehen. Der alte Mann hatte von einer Holztür gesprochen, aber so weit wie Marius bisher in den Stollen vorgedrungen war, gab es nur mit Eisengittern versehene Türen. Marius leuchtete in jede einzelne Kammer, allerdings war nichts zu entdecken.
Er überlegte, ob er eine der Türen aufbrechen sollte. Dafür musste er zum Eingang zurückkehren und das Brecheisen holen. Was er sich davon versprach, wusste er selbst nicht so genau. Laut Ring war die Kammer, in der sie die Bilder versteckt hatten, doppelt so hoch wie der Stollen, aber alle Kammern, die Marius bisher entdeckt hatte, waren in etwa gleich hoch. Schließlich fand er in einem Nebengang, wonach er suchte. Auch hier versperrte eine Gittertür den Weg. Mit der Lampe leuchtete er in das Innere der Kammer, aber die Tür lag so ungünstig, dass Marius nicht viel sehen konnte. Er musste auch diese Tür aufbrechen. Also machte er sich im Dunkeln auf den Rückweg zum Eingangstor des Stollens, um das Brecheisen zu holen. Der Lichtkegel der Taschenlampe beleuchtete den immer gleich aussehenden Stein.
Schließlich bog er um die Ecke und sah den Lichtschimmer des aufgebrochenen Tores, das Marius nur angelehnt hatte. Er leuchtete in die Ecke, in der er das Brecheisen abgestellt hatte, sah es jedoch nicht. Vielleicht hatte er es auf der anderen Seite abgestellt? Doch da war auch nichts von einem Brecheisen zu sehen. Hatte Marius das Eisen vielleicht draußen liegen gelassen? Nein, er war sich sicher, dass er es in der rechten Ecke hinter dem Tor abgestellt hatte. Erneut leuchtete er dorthin, aber da war nichts.
Er drehte sich um, um den Eingangsraum systematisch auszuleuchten, als ihn ein Schlag traf. Der Detektiv hatte Glück. Mit seiner Drehung hatte der Angreifer nicht gerechnet, sodass der Schlag Marius nicht am Körper, sondern am Arm traf. Er ließ die Taschenlampe fallen, die einen Lichtkegel auf den Boden warf, in dem Marius, der halb gekrümmt dastand und sich den schmerzenden Arm hielt, ein paar Füße in schwarzen Arbeitsschuhen sehen konnte. Er blickte auf, konnte aufgrund der Dunkelheit jedoch nichts erkennen, außer das sich am Eisen, welches auf ihn niedersauste, reflektierende Licht der Stablampe. Marius hob den anderen Arm. Tatsächlich gelang es ihm, den Schlag abzuwehren.
Jetzt hätte er nach vorne stürzen und den Angreifer zu Boden werfen müssen. Stattdessen verharrte er starr in seiner Haltung. Er wusste genau, dass das ein Fehler war und er wusste genau, was er hätte tun müssen. Dennoch tat er nichts davon. Körperlich war er dem Angreifer zwar vermutlich überlegen, aber dass er tatsächlich angegriffen wurde, schockierte ihn mehr, als er das jemals erwartet hätte. Er war wie gelähmt, und so traf ihn der nächste Schlag an der Schulter. Marius sackte zusammen. Über Jahre hatte er seinen Körper trainiert und in diesem Moment wusste er ihn nicht einzusetzen. Obwohl ihn der Fremde in der Dunkelheit angegriffen hatte, wehrte sich Marius Sandmann nicht. Ein weiterer Schlag und er sackte ohnmächtig zusammen.
29
Paula Wagner war die Tochter eines fränkischen Waldarbeiters und als solche vielleicht etwas zu bodenständig, um den Mann, der ihr auf der anderen Seite des Schreibtischs gegenübersaß, und seine Ausführungen in der von ihm erwarteten Form zu bewundern. Sie schielte hinüber zu Hannes Bergkamp, der die Hände gefaltet vor der Nasenspitze hielt, und seinen belanglosesten und nichtssagendsten Gesichtsausdruck trug.
Den Mann vor ihr schien das Desinteresse des Hauptkommissars und die kaum verhohlene Skepsis Paula Wagners nicht weiter zu stören, er plauderte einfach weiter. Die Kommissarin überlegte, ob dem Mann ihre Zweifel an seinen Worten und Bergkamps mangelnde Aufmerksamkeit gar nicht auffielen. Was bedeutete, dass er von seinem Fachgebiet möglicherweise genauso wenig verstand, wie es sein Geschwafel vermuten ließ.
Ihre Gedanken schweiften ab zu dem anderen Experten in diesem Fall, zu Volker Brandt. Brandt war ein Arsch, aber ein
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