König 02 - Königsmacher
könntest.« »Ihr braucht es nur zu sagen«, erwiderte Gar prompt. »Ich werde alles tun.«
»Du kannst für mich eine Reise an die Küste unternehmen.«
Asher zuckte zusammen. An die Küste? Warum die Küste? Und warum jetzt? Dann begriff er. Verdammt. Natürlich. Borne würde Gar zum jährlichen Fest der Meeresernte nach Süden schicken, nach Westjammer. Nun, nun, diese neue Entwicklung würde die Dinge ziemlich heikel machen. Er hatte selbst vorgehabt, zu dem Fest nach Hause zurückzukehren. Tausende von Menschen würden dort sein. Sie konnten ihn vor seinen Brüdern verstecken. Konnten ihm die Möglichkeit geben, Pa zu finden und Dinge zu regeln, ohne dass Zeht und die anderen ihnen Ärger machen konnten.
Verdammt!
Gar runzelte die Stirn. »An die Küste, Herr?« Dann hellte seine Miene sich auf. »Oh, ich verstehe. Das Fest der Meeresernte nähert sich, nicht wahr? Aber bis dahin wäret Ihr doch gewiss…«
Borne schüttelte den Kopf. »Es ist mir noch für eine weitere Woche verboten, auch nur eine Zehe aus dem Bett zu setzen. Und danach stehen mir noch drei volle Wochen bevor, in denen ich nichts tun darf, als vorsichtig ein wenig einherzuschlendern. Irgendjemand muss mich in Westjammer vertreten, Gar. Ich dachte, die Erfahrung würde dir vielleicht Freude machen. Außerdem ist es hohe Zeit, dass die Olken in Lurs Süden dich kennenlernen.«
Asher biss sich auf die Zunge. Den König vertreten?
Gar?
Beim Fest
singen?
'War der König wahnsinnig geworden? Gar konnte keinen reinen Ton singen, selbst wenn es sein Leben gegolten hätte. Das Fieber musste Bornes Gehirn verwirrt haben.
Der Gerechtigkeit halber musste gesagt sein, dass Gar genauso überrascht wirkte wie er. »Ich weiß nicht recht, Herr. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die richtige Person dafür bin. Fane wäre doch gewiss die näherliegende Wahl. Vor allem da…«
Bornes Lippen wurden schmal vor Ärger. »Magie hat nichts damit zu tun, Gar. Die Meeresernte ist keine Zeremonie der Macht. Sie ist ein symbolisches Ereignis zu Ehren des uralten Paktes zwischen den Olken und uns. Es geht darum, die Fülle des Ozeans zu feiern, Barls Lohn für die pflichtschuldige Beachtung dieses Bündnisses. Die Anwesenheit eines Mitglieds der Königsfamilie ist es, was zählt, nicht ob deine Stimme gut genug für eine öffentliche Darbietung ist. Oder ob du der Magie gebietest. Du kannst nichts…« »…verpfuschen?«, beendete Gar mit verzerrter Miene den Satz seines Vaters. »Natürlich nicht. Wenn eine solche Gefahr bestünde, würdet Ihr mich nicht darum bitten. Oder?«
Hektische Röte stieg dem König ins Gesicht.
»Gar!«
»Verzeiht mir«, sagte Gar kühl. »Aber wir wissen beide, dass es wahr ist.«
»Was
wahr
ist«, fuhr der König ihn an, »ist die Tatsache, dass ich dachte, dass du meinen Platz in Westjammer einnehmen könntest. Du bist der Tribun für olkische Angelegenheiten, Gar. Du bist aus eigenem Recht eine wichtige Persönlichkeit. Du solltest dich sehen lassen…«
»Und Fane ist Lurs nächste Wettermacherin.«
»Deine Schwester ist voll und ganz beschäftigt mit ihren Studien«, erwiderte Borne und zupfte ungeduldig an seiner Decke. »Und selbst wenn sie es nicht wäre, würde ich trotzdem dich bitten, es zu tun. Ich verstehe deine Einstellung nicht. Was macht dich so reizbar? Ist etwas geschehen, von dem ich wissen sollte?«
Asher seufzte leise. War etwas geschehen? Nur dass sein Vater scheinbar an der Schwelle des Todes gestanden hatte, dass seine Schwester sich rüstete, zur Wettermacherin erklärt zu werden, und Durm dem einzigen Sohn des Königs den Zutritt zu seinem ernsthaft kranken Vater verwehrte.
Eigentlich nichts von Belang.
Gar erhob sich schwerfällig aus dem Sessel und stand auf, sodass er mit dem Rücken halb zum Bett stand. »Es tut mir leid, wenn ich undankbar wirke. Das war nicht meine Absicht. Ihr müsst wissen, Herr, dies war eine sehr anstrengende Woche.«
In den Zügen des Königs lag all die Qual, die sein Sohn, stolz bis ins Mark, sich niemals freiwillig würde anmerken lassen. »Und mir tut es leid, dass ich dir mit diesem törichten Fieber solche Sorgen bereitet habe. Wahrhaftig, es sieht viel schlimmer aus, als es ist. Ich werde im Nu wieder auf den Beinen sein, das verspreche ich. Gar, bitte. Setz dich. Lass uns wie vernünftige Menschen über diese Angelegenheit sprechen.«
So ausgedrückt, von einem Mann, der aussah, als stünde er mit dem linken Fuß bereits fest im Grab, war eine Weigerung unmöglich.
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