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König 02 - Königsmacher

König 02 - Königsmacher

Titel: König 02 - Königsmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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etwas anderes. Niemand weiß, warum. Irgendetwas Einzigartiges im Blut, das auf die Energien reagiert. Was es auch sein mag, es ist etwas Persönliches. Gewiss erörtert man es nicht außerhalb des Familienkreises, daher möchte ich dir nicht empfehlen, herumzulaufen und jeden, den du triffst, zu fragen, was er riecht, wenn er eine Beschwörung wirkt. Das könnte zu unerfreulichen Situationen führen.«
    Sein Herz hämmerte, dröhnte wie eine Trommel. »Es war ein Traum. Ich habe nur geträumt.«
    »Wirklich?«, flüsterte sein Vater.
    Die Furcht lastete ihm wie ein Amboss auf der Brust, aber er hob einen Arm und streckte die Innenfläche der Hand aus. Rezitierte lautlos die Worte zur Beschwörung von Glimmfeuer, den ersten Zauber, den man einem Kind beibringt. Den, den ihn zu lehren Durm Hunderte von Malen versucht hatte, Tausende von Malen, doch vergeblich. Das Versagen hatte ihm die Silben des Zaubers ins Gedächtnis eingebrannt.
    Er bekam eine Gänsehaut, und seine Fingerspitzen kribbelten. Dann rümpfte er die Nase: verbrannte Orange. Er öffnete die Augen … und da war Glimmfeuer. »Ich habe Euch doch gesagt«, erklärte Durm, »dass der Zauber einfach sei, nicht wahr?« Er hatte unbemerkt in einer dunklen Ecke gestanden. Jetzt trat er vor und stellte sich neben den König vor das Bett. Er legte dem König eine Hand auf die Schulter und lächelte. Es war das Gesicht, mit dem er ihm vor all den Jahren gegenübergetreten war, bevor die Wahrheit sie beide verbittert hatte. Mit einem Fingerschnipsen pflückte er einen toten, trockenen Stock aus der Luft und hielt ihn ihm hin. »Macht mir eine Rose, Eure Hoheit.«
    Der König starrte ihn an. »Durm, seid Ihr wahnsinnig? Vor vier Stunden konnte er nicht einmal Glimmfeuer machen! Er kann nicht…«
    »Kann nicht?«, fragte Durm. »Wer seid Ihr, dass Ihr sagen könnt, was er zu tun vermag und was nicht? Wir haben keine Ahnung, welche Fähigkeiten er möglicherweise besitzt. Nach allem, was wir wissen, Borne,
gibt
es für Gar kein ›kann nicht‹.«
    Während sein Väter und Durm einander musterten, griff Gar nach dem Stock. Er war rau und fühlte sich trocken an. Wahrhaft tot. »Ich weiß nicht, wie…« »Benutzt Eure Fantasie«, meinte Durm. »Schließt die Augen und denkt an eine Rose.«
    Gar zuckte mit den Schultern. Es konnte unmöglich so einfach sein. Die Verwandlung eines Gegenstands in einen anderen war selbst für Fane eine Herausforderung gewesen, und Fane war die begabteste Magierin seit Menschengedenken. Aber er hatte nichts zu verlieren; das Scheitern war ihm schließlich nichts Fremdes. Er schloss die Augen und dachte an eine Rose. Verbrannte Orange. Sein Blut wie kochender Wein. Berauschend. Macht, die ihn in einer unaufhaltsamen Welle erfüllte, die durch ihn hindurch- und über ihn hinwegwogte, die ihn hinunterzog und hoch hinausschleuderte.
    »Au!«, sagte er und schlug die Augen auf. Es war ein Blutstropfen an der Spitze seines Daumens und eine Rose in seiner Hand. Er lachte, ein raues Ausstoßen von Luft. »Ich habe die Dornen vergessen.«
    Durm sagte sehr leise: »Fane hat diese Verwandlung einen Monat lang Tag und Nacht geübt, um es richtig hinzubekommen.«
    Sein stirnrunzelnder Vater streckte die Hand aus und nahm ihm die Rose ab. »Etwas Derartiges ist noch nie vorgekommen.«
    »O doch«, widersprach Durm. »Und andererseits auch wieder nicht. Aus den historischen Dokumenten geht hervor, dass eine späte Aneignung magischer Kräfte nicht unbekannt ist.«
    »Die Dokumente besagen, dass das höchste Alter, in dem ein Dorane sein magisches Erbe antrat, zwölfeinhalb Jahre war!«, gab der König zurück. »Gar ist fast doppelt so alt!«
    Durm zuckte die Achseln. »Nichts desto weniger ist es nicht unbekannt.«
    »Aha«, sagte Gar. Er hätte am liebsten geschrien. Getanzt. Gelacht … oder geweint. Er konnte nichts von alledem tun. Der Geschmack von verbrannten Orangen lag noch auf seiner Zunge, und auf seinen Knochen vibrierte noch immer die Erinnerung an eine Macht, die ebenso großartig wie grimmig war und im Augenblick konnte er nichts anderes tun, als zu atmen. »Ich bin also doch ein wahrer Dorane.«
    Dieser Gedanke löschte alles andere aus. Binnen eines Wimpernschlags war seine Welt erfüllt von Möglichkeiten. Eine Ehefrau … eine Familie… das Recht, Seite an Seite und gleichberechtigt mit dem Rest seiner Rasse zu stehen… Lächelnd und unter Tränen beugte sein Vater sich vor und küsste ihn auf die Wange. »Ja, mein Sohn. Ja. Du

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