Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
Vom Netzwerk:
und mein Fluch war das erste neue Geräusch.
    »Scheißverdammt!« Dieses Wort hatte ich von Bruder Elban, und ich fühlte mich verpflichtet, es von Zeit zu Zeit zu verwenden, da es sonst niemand benutzte.
    Es blieb noch immer still, als hätte eine Bande aus Trollen jedem Mann, der in die Höhle gekommen war, den Kopf abgerissen.
    »Weiter hinten gibt es Laternen und Zunder!«, rief ich.
    Es kam zu Bewegung in der Dunkelheit. Feuerstein kratzte über Strahl, und Dutzende von Gestalten zeichneten sich in einem schwachen Glühen ab.
    Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit sah ich auf die Uhr an meinem Handgelenk. Viertel nach zwölf. Der Zeiger für die Sekunden beendete tickend eine weitere Runde.
    »Ich weiß, dass es mein Spaten hierher geschafft hat«, sagte
ich und stand auf, wobei ich darauf achtete, nicht mit dem Kopf gegen die Decke zu stoßen. »Findet noch mehr und grabt uns aus.«
    »Wir sollten einen Appell machen«, sagte Hobbs und kam nach vorn. Weitere Laternen wurden angezündet, und die Wand aus Schnee hinter Hobbs glitzerte.
    »Das könnten wir.« Ich wusste, dass nicht nur bürokratisches Interesse dahintersteckte. Hobbs hatte Freunde verloren, Schützlinge, die Söhne von Freunden, und er wollte wissen, was von der Wache – von seiner Wache – übrig war. »Das könnten wir, aber es ist nicht der Schnee, der bei einer Lawine tötet«, sagte ich. »Keiner der Soldaten da draußen ist tot.«
    Das brachte mir die Aufmerksamkeit aller Männer ein.
    »Sie sind alle damit beschäftigt, in der Umarmung des Schnees zu ersticken. Und genau das, meine Freunde, geschieht auch mit uns. Während ich hier zu euch spreche, verbrauche ich einen Teil der sehr begrenzten Luft in dieser Höhle. Während ihr zuhört, atmet ihr gute Luft ein und schlechte Luft aus. Jede der Laternen, in deren Licht ich euch sehen kann, frisst einen Teil der Luft.« Mein stummer Dank galt Lehrer Lundist und seinem Alchimie-Unterricht. Vielleicht würde ich meinen Hochzeitstag nicht überleben, aber es lag mir nichts daran, dass mein Lebenslicht ausging wie eine Kerze unter einer Glasglocke.
    Die Männer verstanden meine Hinweise. Drei von ihnen, die Spaten gefunden hatten, eilten zum Schnee; andere suchten nach weiteren. Nach kurzer Zeit herrschte im Zugangsbereich der Höhle dichtes Gedränge. Ich hätte sie einfach nur zum Graben auffordern können, aber es war besser, wenn sie den Grund kannten und nicht glaubten, dass ich Hobbs’ Interesse an den Verlusten der Wache nicht teilte.
    Ich sah Hauptmann Keppen an einem Felsen lehnen, die
Hand an seine Seite gedrückt. Makin saß an der Rückwand der Höhle, die Beine angezogen und die Stirn auf den Knien.
    »Sorgt dafür, dass man sich um die Verwundeten kümmert«, wies ich Hobbs an und legte ihm die Hand auf die Schulter. Von Königen erwartet man solche Gesten.
    Ich ging zu Makin. Überall lagen oder saßen Männer auf dem Höhlenboden, weil sie erschöpft waren, oder weil Verletzungen ihnen die Kraft genommen hatten, auf den Beinen zu bleiben. Ich rutschte mit dem Rücken an der eisigen Wand herunter und nahm neben Makin Platz, der nach Nelkenwurz und Schweiß roch. Gemeinsam beobachteten wir, wie die Männer gruben, Schnee schaufelten und versuchten, möglichst flach zu atmen.
    Wie seltsam der Pfad, dem ich gefolgt war. In eine von Schnee umschlossene Höhle hatte er mich gebracht, und hier saß ich nun, am höchsten aller Orte begraben. Von der Hohen Burg zur Straße, von der Straße zu Renars Thron. Ein Jahr lang und länger hatte ich das Reich durchstreift, bis mich schließlich das Hochland zurückrief. Und im Hochland fand ich die Trophäe weniger befriedigend als die Jagd danach. Auf dem Thron einer Kupferkrone wuchs ich zum Mann heran und rang mit Alltäglichem, von Krankheiten bis Hunger, baute eine Wirtschaft so, wie sich ein Schwertkämpfer Muskeln zulegt. All das Rekrutieren und Trainieren … wofür? Damit ein vorherbestimmter Kaiser es auf dem Weg zum Goldenen Tor unter seinen Stiefeln zertrat?
    Ich schloss die Augen und lauschte, während all meine Schmerzen die erste Pause einlegten, seit mich Pater Gomst an diesem Morgen mit Miana verheiratet hatte. Das Gewicht des Tages senkte sich auf mich herab und drückte Worte aus mir heraus.
    »Dort draußen liegen Tote, weil ich zu viel Zeit damit verbrachte, mit Coddin zu reden«, sagte ich. »Männer von Renar und von Ankrath.«
    »Ja.« Makin hob nicht den Kopf.
    »Nun, hier sind wir nun und sterben in einer Höhle,

Weitere Kostenlose Bücher