König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
schnell und heftig um sie herum, die Luft vibrierte vor Hitze, schließlich entzündete sie sich und die beiden standen in Flammen. Nie zuvor hatte Raphael etwas derartiges erlebt, nie zuvor war ihm in den tausenden von Jahren auf der Erde etwas Vergleichbares widerfahren wie bei dieser Umarmung, die ihn an die Zeiten erinnerte, als er noch an Gottes Seite wandelte.
Lilith indessen verging förmlich vor Lust und Wohlgefühl. Sie erinnerte sich an die wenigen Male, bei denen sie im Körper eines Menschen sexuelle Lust erlebt hatte. Doch das hier war besser – viel besser. Es war nicht allein Erregung, es war zugleich ein wunderbares Erlebnis von Trost und Geborgenheit und der Zorn und die Enttäuschungen vieler tausend Jahre fielen in wenigen Sekunden vollständig von ihr ab und hinterließen allein Zufriedenheit und Glück. Sie hätte eine Ewigkeit in diesem einen Augenblick verweilen können und diese Ewigkeit wäre ihr nicht genug erschienen, nicht ansatzweise genug, um befriedigt aufhören zu können.
Es war schließlich Raphael, der sich aus der Umarmung löste. Fast ruckartig stieß er Lilith von sich, sie fiel auf die Knie zurück und sah einen Moment verwirrt und gequält zu ihm empor. Das Feuer um die beiden erstarb und ließ das Dach in Dunkelheit und plötzlicher Kälte zurück.
„Was…? Was hast du…?“, stammelte sie enttäuscht. „Warum hörst du auf…?“
Raphael atmete heftig und blickte sie entsetzt an. „Das ist nicht richtig…“, stieß er hastig hervor. „Ich bin Eleanor verpflichtet … niemandem sonst…“
Lilith begann zu frieren – ein Gefühl, das sie seit der Zeit, als sie noch ein Mensch gewesen war, nicht mehr verspürt hatte. Die plötzliche Leere, die sich in ihr ausbreitete, war eiskalt und finster. Raphael hatte nicht allein ihre Umarmung zurückgestoßen. Zugleich hatte er sie hinab in den tiefen Abgrund fallen lassen, aus dem er sie gerade erst gezogen hatte.
„Tu das nicht…“, hörte Lilith sich selbst wimmern, während sie ihre Hand nach ihm ausstreckte. Noch vor einer Stunde hätte sie es nicht für möglich gehalten, jemanden um etwas anzuflehen. Doch jetzt, in diesem einen Augenblick, hätte sie alles darum gegeben, das zurückzuholen, was eben noch zwischen Raphael und ihr gewesen war. Aber Raphael stand dort vor ihr, blickte sie mit einem bitteren, gequälten Zug um den Mund finster an und schüttelte wortlos den Kopf.
Liliths Blick leerte sich, sie ließ die Hand sinken und starrte zur Seite in die Finsternis der Straßen unter ihnen. Dann verzerrte sich langsam ihr Gesichtsausdruck. Die Schwäche und Enttäuschung machte einem unglaublichen Zorn Platz. Einer Wut, die wie ein Feuer in ihr brandete und tobte, sie zerfraß und nur Groll und Verbitterung zurückließ. Mit einem herzzerreißenden Schrei sprang sie Raphael an und riss ihn vom Dach. Die Kraft hinter ihrem Sprung war so gewaltig, dass die Dachbalken barsten, die Ziegel unter ihr zu trockenem Staub zersprangen und das gesamte Dach mit einem lauten Knall zusammenstürzte. Einen langen Feuerschweif hinter sich herziehend, fegten die beiden über das Firmament. Lilith hatte sich in Raphael festgekrallt und schlug wie wild auf ihn ein. Unablässig versuchte sie ihn mit brutalen Schlägen zu treffen und er hatte alle Mühe, sie während ihres rasenden Flugs halbwegs abzuwehren.
‚Mein Gott, sie will mich töten!‘, durchfuhr es ihn. ‚Sie ist so zornig, dass sie ihr eigenes Leben geben würde, um mich jetzt und hier zu töten!“
Raphael fing einen erneuten Schlag ab, der einen mittleren Berg pulverisiert hätte und schrie sie während de s Fluges an. Doch Lilith gab nur einen schluchzenden Laut von sich, während sie weiter auf ihn einschlug. Sie hatten nun den Zenit ihres Fluges erreicht und begannen sich wieder auf die Erde zuzubewegen. Dort, tief unter ihnen, sah Raphael die Karpaten in der Dunkelheit der Nacht liegen. Irgendwo dort würden sie aufschlagen und bei ihrer jetzigen Geschwindigkeit einen riesigen Krater hinterlassen.
„Lilith!“, schrie er wieder. „Hör mich an!“
Doch Lilith war in ihrer Raserei blind und taub. Nun begann Raphael sich ernsthaft zu wehren. Wieder fing er eine Reihe von ungeheuren Schlägen ab, die auf seinen Kopf zielten, doch jetzt erwiderte er die Attacken. Einige harte Faustschläge gegen Liliths Körper brachten sie genug aus dem Konzept, um sich etwas Luft zu verschaffen. Nun fuhr Raphael blitzschnell um sie herum und packte sie von hinten, krallte
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